"Wir werden uns in Würde verabschieden"

Seit gestern steht fest, wie das defizitäre Bistum Trier seinen Haushalt künftig in Ordnung bringen will: Es muss an fast allen Ecken und Enden gespart werden, einigen Einrichtungen droht sogar die Schließung.

 Starre Blicke: Generalvikar Georg Holkenbrink (Mitte) stellt das Sparpaket des Bistums vor. Neben ihm Finanzchefin Kirsten Straus und Kommunikationsdirektor Stephan Wahl. TV-Foto: Hans Krämer

Starre Blicke: Generalvikar Georg Holkenbrink (Mitte) stellt das Sparpaket des Bistums vor. Neben ihm Finanzchefin Kirsten Straus und Kommunikationsdirektor Stephan Wahl. TV-Foto: Hans Krämer

Trier. "Wir sind schockiert." Jürgen Doetsch macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. Doetsch ist Leiter der Katholischen Akademie in Trier, einer jahrzehntealten Einrichtung, die nun von der Schließung bedroht ist. So steht's jedenfalls im "verbindlichen Entwurf zur Kostensenkung im Bistum Trier 2010", der gestern von den Bistumsverantwortlichen vorgelegt wurde. 40 Millionen Euro jährlich wollen die Direktoren um den Trierer Bischof Stephan Ackermann auf diese Weise künftig einsparen, das ist jeder neunte Euro. Die Katholische Akademie ist nicht die einzige Einrichtung, die geschlossen werden soll. Auch die sechs Fachstellen für Katholische Erwachsenenbildung, die Hochschulgemeinden in Trier, Koblenz und Saarbrücken und ein offenes Jugendhaus in Saarbrücken sollen dichtgemacht werden.

"Dass es uns treffen würde", sagt Jürgen Doetsch, "damit haben wir nicht gerechnet." Dabei hat die Katholische Akademie (jährlich rund 130 Veranstaltungen und Seminare mit mehr als 6000 Teilnehmern) Erfahrung in Sachen Sparpaket. Denn schon unter Reinhard Marx, dem Vorgänger des jetzigen Bischofs Stephan Ackermann, wurde der Gürtel enger gezogen. Einen sechsstelligen Betrag sollte die Akademie einsparen, was nur erreicht werden konnte, indem die Zweigstelle in Saarbrücken geschlossen wurde. Dieses Mal aber trifft es auch die Zentrale. " Wir haben zwölf Mitarbeiter", sagt Doetsch, der darauf baut, dass die Bistumsverantwortlichen ihre Zusage einhalten und niemanden entlassen.

Insgesamt 100 Jobs, das haben die Chef-Rechner des Bistums errechnet, werden durch das jüngste Sparpaket in den kommenden vier Jahren wegfallen. Weil gleichzeitig rund 200 Mitarbeiter in Altersteilzeit oder Rente gehen, ist auch Personalchef Hermann-Josef Groß optimistisch, auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten zu können. Nur: Was macht man etwa mit einem promovierten Akademiedozenten, dessen Job demnächst wegfällt?

Doetsch verspricht, dass seine Mitarbeiter trotz der bevorstehenden Schließung die Flinte nicht ins Korn werfen wollen. "Wir werden uns in Würde verabschieden", verspricht er. Um seine eigene Zukunft muss sich der Akademieleiter keine Sorgen machen. Jürgen Doetsch ist Priester. Und an denen mangelt's der katholischen Kirche bekanntlich.

Aber Jürgen Doetsch ist auch Abteilungsleiter Gesellschaft und Bildung im Generalvikariat und in dieser Funktion noch einmal vom 40-Millionen-Euro-Sparpaket betroffen. Denn auch die sechs Fachstellen für Erwachsenenbildung stehen ja auf der Streichliste. "Ein verheerendes politisches Signal", sagt Doetsch, "ich weiß nicht, wie das weitergehen soll."

Vor einer ungewissen Zukunft steht auch die sogenannte Jugendpastoral. 800 000 Euro, rund 14 Prozent, sollen in diesem Bereich eingespart werden. Was das konkret bedeutet, wird erst klar, wenn man sich die Details anschaut. So bekommt etwa das Trierer Jugendzentrum Mergener Hof ab übernächstem Jahr 50 000 Euro weniger Zuschuss, den katholischen Jugendverbänden wird sogar fast jeder dritte Euro gekappt (insgesamt 415 000 Euro). "Dass in diesem Bereich so heftig gestrichen wird, könnte in einigen Fällen eine Schließung durch die Hintertür bedeuten", glaubt ein Betroffener, der lieber anonym bleiben möchte.

Die meisten Bistumsbeschäftigten erfuhren erst gestern die Details des Sparpakets; auch Johannes Kölling, der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung im Generalvikariat, wurde erst kurz vor seinen Kollegen informiert. "Es ist ein heftiger Schlag für uns", kommentierte Kölling hinterher, vor allem der Bildungsbereich werde durch die Sparmaßnahmen hart getroffen.

Noch allerdings ist das von den Bistumsdirektoren ausgebrütete 28-Seiten-Papier mit der etwas irreführenden Überschrift "Finanzieren und Investieren" nur ein Entwurf, an dem noch Änderungen möglich sind. Am Einsparvolumen dagegen hält Generalvikar Georg Holkenbrink fest. Nur so könne das Bistum seine Handlungsfähigkeit auf Dauer sichern, sagt der Verwaltungschef des Bischofs.

Weil die Kirchensteuereinnahmen zurückgehen (geschätzt 250 Millionen Euro in diesem Jahr), kann das Bistum seinen Haushalt in diesem Jahr nur durch einen millionenschweren Griff in die Rücklage (26,5 Millionen Euro) ausgleichen. "In drei bis vier Jahren sind unsere Finanzen aufgebraucht", sagt Finanzchefin Kirsten Straus.

Bis dahin spätestens soll das Sparpaket greifen. Bischof Stephan Ackermann will es im Herbst in Kraft setzen.

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