Wirtschaftsministerium drosselt Rüstungsexporte

Berlin · Die Bundesregierung hat 2014 deutlich weniger Genehmigungen für Waffenexporte erteilt als in den Jahren zuvor. Die Regierung lieferte Waffen im Wert von 3,97 Milliarden Euro. 2013 waren es noch 5,85 Milliarden Euro.

Berlin. Deutschland zählt zu den größten Waffenexporteuren in der Welt. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will weg von diesem zweifelhaften Image und kann dabei einen ersten Erfolg verbuchen: 2014 erteilte die Bundesregierung deutlich weniger Ausfuhrgenehmigungen als in den Jahren zuvor.
Nach einer vorläufigen Datenübersicht des Wirtschaftsressorts wurden im vergangenen Jahr vom Bundessicherheitsrat, einem geheim tagenden Regierungs-Gremium, sogenannte Einzelausfuhrgenehmigungen im Umfang von 3,97 Milliarden Euro erteilt. 2013 betrug der Wert noch 5,85 Milliarden Euro. In den fünf Jahren davor lagen die Exportgenehmigungen jeweils zwischen 4,7 und 5,9 Milliarden Euro.Strenge Regeln für Ausfuhr



Nimmt man noch die sogenannten Sammelausfuhrgenehmigungen hinzu, die nur für politisch unproblematische Exporte erteilt werden, dann ist der Gesamtwert der Exportgenehmigungen für 2014 mit 6,52 Milliarden Euro ebenfalls deutlich gesunken, und zwar um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nach den bereits unter Rot-Grün beschlossenen Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung darf die Ausfuhr von Kriegswaffen nicht genehmigt werden, "wenn hinreichender Verdacht besteht, dass diese zur internen Repression (...) oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschrechtsverletzungen missbraucht werden". Dafür spiele "die Menschenrechtssituation im Empfängerland eine wichtige Rolle".Viele Waffen an Drittländer


Schon kurz nach seinem Antrittsantritt als Wirtschaftsminister hatte Gabriel angekündigt, diese Festlegungen fortan genauer zu beachten. Obendrein sollte mehr Transparenz bei den Exportgenehmigungen einziehen. So hat Gabriel inzwischen mit der Praxis der Vorgängerregierungen gebrochen, nur einen Rüstungsexportbericht für jedes Jahr zu erstellen, der jeweils erst am Ende des Folgejahres veröffentlicht wurde. Im Oktober 2014 legte sein Ressort erstmals einen Zwischenbericht vor, der die Ausfuhrgenehmigungen für das erste Halbjahr 2014 nachzeichnete.
Nach Einschätzung des grünen Verteidigungsexperten Omid Nouripur werden die Rüstungsexportrichtlinien allerdings auch von der schwarz-roten Bundesregierung weiter verletzt. "Daran hat sich - wenn auch auf niedrigerem Niveau - nichts geändert", sagte Nouripur unserer Zeitung. Der Grünen-Politiker verwies dabei auf die sogenannten Drittstaaten, also Länder außerhalb von Nato und EU, deren Anteil von mehr als 60 Prozent an den Rüstungsexportgenehmigungen auch 2014 nahezu identisch im Vergleich zum Vorjahr war. Auch der Verteidigungspolitiker der Linken, Jan van Aken, kritisierte diesen Zustand: Unter den Topzehn der Empfängerländer seien acht Drittländer. Dabei sollten Exporte in Drittstaaten nach den geltenden Richtlinien nur die Ausnahme sein, so van Aken.
Auf Platz sechs der Empfängerländer rangierte im letzten Jahr Saudi-Arabien. Das Königreich im Nahen Osten steht regelmäßig im Brennpunkt von Menschenrechtsverletzungen und sorgte zuletzt mit der Verurteilung eines islamkritischen Bloggers zu 1000 Stockschlägen für Empörung. 2013 hatte die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von 361 Millionen Euro an Saudi-Arabien genehmigt. Auf der Liste standen zum Beispiel Hubschrauber, Panzerhaubitzen und gepanzerte Fahrzeuge. 2014 ging der Wert der Genehmigungen immerhin auf knapp 209 Millionen Euro zurück.
Auch eine andere Zahl ist wenig schmeichelhaft für die aktuelle politische Bilanz: Die tatsächlichen Ausfuhren von Kriegswaffen haben sich 2014 mit 1,8 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr glatt verdoppelt.
Dafür verantwortlich ist allerdings in erster Linie die schwarz-gelbe Vorgängerregierung. Denn zwischen Genehmigung und Lieferung können mehrere Jahre vergehen.

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