Wo Flüchtlinge mehr als willkommen sind: Gastgewerbe und Kreis Trier-Saarburg bieten Asylsuchenden Sprachkurse, Ausbildung und Unterkunft

Trier · Fakten schaffen: Dieses Ziel haben der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Rheinland-Pfalz sowie der Kreis Trier-Saarburg. Denn beide wollen junge Flüchtlinge so schnell wie möglich fit machen für eine Ausbildung im Gastgewerbe - und damit gleich mehrere Probleme auf einmal bewältigen.

Trier. Es wird d a s Thema des noch frischen Jahres 2015 werden. Davon ist Trier-Saarburgs Sozialdezernent Joachim Christmann überzeugt: Wie sollen die Kommunen mit der steigenden Zahl an Flüchtlingen umgehen? Wie sie unterbringen, versorgen beschäftigen? Christmann weiß: Bei allem guten Willen lösen sich diese Fragen nicht von allein.
"Wir arbeiten mit Hochdruck an einem Gesamtkonzept mit mehreren sozialen Trägern, um die Lage in den Griff zu bekommen", sagt er. Seien es die praktische Sozialarbeit in Dörfern und Städten, eine psychologische Traumabetreuung oder regelmäßige Sprachkurse: Alles soll aus einem Guss geregelt werden.
Da kommt es Christmann ganz recht, dass der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Rheinland-Pfalz im ganzen Land 300 Ausbildungsplätze für Flüchtlinge im Gastgewerbe zur Verfügung stellen will. "Die Gastgeber leisten gerne einen konkreten praktischen Beitrag zur Integration", sagt Dehoga-Präsident Gereon Haumann. Voraussetzung sei, dass die Flüchtlinge in der deutschen Sprache fit gemacht würden, finanziert durch die jeweiligen Kommunen. Auch Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsgenehmigung müssten für eine spätere Ausbildung geklärt werden. Hotels, Gaststätten und Pensionen ihrerseits stellen Praktikaplätze zur Verfügung, die dann zum 1. August in eine Ausbildungsstelle münden sollen.
"Wir haben bereits gute Erfahrungen mit dem bundesweiten Projekt MobiPro-EU mit spanischen Azubis gemacht", sagt Haumann. Über dieses Projekt werden seit 2013 arbeitslosen Jugendlichen aus ganz Europa in Deutschland Ausbildungsstellen vermittelt.
Zuletzt waren es fürs Gastgewerbe im Kreis Bernkastel-Wittlich 34 junge Leute. Folglich sei seine Branche offen für Fachkräfte von außen, sagt Haumann: "Wenn wir keinen Nachwuchs im Inland für die duale Ausbildung rekrutieren können, müssen wir uns international umschauen." Und da wolle man sowohl bei der Auswahl der Flüchtlinge als auch bei der Auswahl der Ausbildungsbetriebe genau hinsehen, damit die Integration funktioniere. Auch wenn er weiß, dass Bürokratie den sozialen und wirtschaftlichen Ehrgeiz bremsen könnte, ist der Dehoga-Präsident überzeugt: "Wenn wir die Flüchtlinge integrieren und so auch das Image der Branche besser wird, warum sollten wir das nicht schon sehr früh angehen?"
Eine Motivation, die der Kreis Trier-Saarburg teilt. Weshalb er sich neben der Stadt Ludwigshafen als Pilotregion in Rheinland-Pfalz angemeldet hat. Rund ein Dutzend Betriebe wollen laut Dehoga je bis zu drei Flüchtlinge aufnehmen, gut 30 Ausbildungsstellen könnten so besetzt werden: "Die Idee ist ein interessanter Ansatz für uns, der die Flüchtlinge, die ja da sind und Fähigkeiten mitbringen, einbindet", sagt Sozialdezernent Christmann. "Wenn wir schlau sind, integrieren wir sie schnell - über die Sprache und über Arbeit." Somit sei die Vermittlung in Ausbildung Teil des Flüchtlingskonzepts im Kreis Trier-Saarburg. Allein für Sprachkurse sollen demnach über die Kreisstiftung 20 000 Euro ausgegeben werden.
Auch auf Kammerseite wird das Engagement von Dehoga und Kreis als "Chance für die Branche wie für die Flüchtlinge" gesehen, sagt Marcus Kleefisch, Ausbildungsgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier. Auch wenn der Aufwand zur Integration, was Sprache und Ausbildung angehe, groß sein werde, so "ist das lohnenswert". Der Vorteil: Die Flüchtlinge seien bereits im Land und könnten gleich mit dem Spracherwerb beginnen. "Über unsere Ausbilderakademie werden wir Kurse zur Vermittlung sozialer und interkultureller Kompetenzen geben", verspricht Kleefisch.
Extra

Die Hotel- und Gaststättenbranche im Bund, im Land Rheinland-Pfalz und in der Region kämpft seit Jahren um Nachwuchs- und Fachkräfte. In der aktuellen Saisonumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier bescheinigen die Betriebe der Region zwar ein weiterhin positives konjunkturelles Klima: Die Gastronomie freut sich über zwölf Prozent mehr Umsatz, bei den Übernachtungen nahm die Auslastung um gut 15 Prozent zu. Allerdings können gut 40 Prozent der rund 2800 Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes der Region Trier ihre offenen Stellen nicht besetzen. Der Grund: Die passenden Arbeitskräfte fehlen. Vor allem in der Ausbildung. Rund 82 Prozent der Betriebe in den Beherbergungsbetrieben und Gaststätten der Region suchen derzeit neue Azubis, 32 Prozent der Hotels und Pensionen sowie 41 Prozent der Gastronomiebetriebe halten nach zusätzlichen Fachkräften Ausschau. sasExtra

Vertreter des Landes Rheinland-Pfalz stellen heute Abend ab 19 Uhr im Rahmen einer Einwohnerversammlung in der Hermeskeiler Hochwaldhalle die Pläne für die geplante Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) in der Ex-Kaserne vor. Wie im TV mehrfach berichtet, sollen bis zu 750 Flüchtlinge in den früheren Unterkunftsgebäuden der Soldaten untergebracht werden. Neben Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) werden hochrangige Behördenvertreter - unter anderem der Trierer Polizeipräsident - bei der Veranstaltung erwartet. Zunächst werden das Vorhaben und die Funktion einer Afa vorgestellt und erklärt. Im Anschluss haben die Bürger der Stadt Hermeskeil die Möglichkeit, Fragen zur geplanten Einrichtung des Asylbewerberheims zu stellen und dazu Anregungen zu geben. ax

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