Zeit zu Gehen

Politikverdrossen ist die Jugend angeblich, konsumgeil und verantwortungslos. Die Liste der Vorwürfe ließe sich fortsetzen, neu aber ist sie beileibe nicht - und berechtigt auch nicht. Das sollte die ältere Generation eigentlich aus eigener Erfahrung wissen.

Aber, wer gibt schon gern ein Stück von seinen Privilegien ab? Ein Sitz in Stadtrat oder Kreistag wird nicht auf Lebenszeit vergeben - das weiß jeder, der sich zur Wahl stellt. Wer nicht merkt, wann es Zeit ist zu gehen, der sollte gar nicht kandidieren. Junge Leute sind bereit, Verantwortung zu übernehmen - das zeigen Initiativen in Bereichen, die die Eltern nicht mit Beschlag belegt haben. Der nachwachsenden Generation wirklich Verantwortung zu überlassen, das ist den Alten aber noch nie leicht gefallen. Und dennoch: Es ist nötig. Mit der Zeit muss die Jugend die Geschäfte übernehmen - und die Welt nach ihren Vorstellungen gestalten. Dass diese nicht immer den Wünschen der Eltern entsprechen, ist normal - und ebenfalls nichts Neues. Tolerieren müssen das die Alten - sie haben es zu ihrer Zeit auch nicht anders gemacht. Die Jugend ans Ruder zu lassen - das sollte auch im Sinne der Elterngeneration sein. Schließlich ist nur eine kontinuierliche Arbeit möglich, wenn ständig neue Leute nachrücken. Verstanden haben das offenbar nicht viele. Wie sonst lässt sich erklären, dass viele Mandatsträger geradezu an ihren Plätzen kleben - und das Kommunalparlament allmählich zur Seniorenrunde wird. Noch ein paar Jahre in dem Stil, dann können sich die greisen Amtsträger beruhigt zurücklehnen. Dann wird die Jugend wirklich den Elan verloren haben - politikverdrossen, konsumgeil und verantwortungslos. w.lenders@volksfreund.de

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