Zerreißprobe

Mit dem Ablauf des UN-Ultimatums an den Iran, seine Uran-Anreicherung zu stoppen, stehen die Vereinten Nationen vor einer heiklen Situation. Wie zwischen zwei Mühlsteinen muss sich EU-Chefdiplomat Javier Solana fühlen.

Auf der einen Seite hat er es mit dem unnachgiebigen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zu tun, der den Konflikt nutzt, um von innenpolitischen Schwächen und Gegnern abzulenken. In dem islamischen Staat ist Ahmadinedschad keineswegs so unangetastet, wie es im Westen vielfach zu scheinen mag. Doch der Demagoge spielt gekonnt die Klaviatur einer Nation, die nur ihre Rechte und Eigenständigkeit gegen den übermächtigen Erzfeind USA verteidigt. Der Konflikt mit der Supermacht eint den Iran in seinem vermeintlichen "Freiheitskampf" gegen den westlichen "Aggressor". Die Opposition ist abgetaucht. Was Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad schon lange vor Ablauf des Ultimatums wusste, muss nun auch die Uno schmerzlich erkennen: Die abgelaufene "Deadline" macht den iranischen Präsidenten zum Helden in der ganzen islamischen Welt und stärkt seine Position. Auf der anderen Seite fordert George W. Bush vehement Sanktionen, und Donald Rumsfeld droht gar, sein Land wäre auch zu einem weiteren Krieg fähig. Doch die Drohkulisse, die der Uno zur Verfügung steht, ist angesichts der unterschiedlichen Interessenlage der Mitgliedsstaaten zu vernachlässigen. Während der Iran und die USA also martialisch mit den Säbeln rasseln, ist es für die europäischen Staaten und UN-Chefdiplomat Solana von größter Bedeutung, den Konflikt auf diplomatischem Wege auszuräumen. Die einzigen anderen Alternativen - der Iran kann Atomwaffen entwickeln, oder aber die USA greifen den islamischen Staat an - würden das Pulverfass "Nahost" wohl endgültig explodieren lassen. h.waschbuesch@volksfreund.de

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