Ziemlich gläsern unter der Kuppel

Die neuen Internet-Seiten des Bundestages wirken schick, modern und staatstragend. Bei wichtigen Themen wie den Nebenverdiensten der Abgeordneten, Parteispenden oder Abstimmungsverhalten sind sie aber nicht transparenter geworden.

Berlin. Demokratie beginnt mit Information, und da muss sich das deutsche Parlament im internationalen Vergleich nicht verstecken. Die Internetseite des Bundestages enthielt schon bisher ein sehr ausführliches Angebot, das pro Monat etwa 350 000 Mal aufgerufen wird. Seit der Runderneuerung, die gestern vormittag gestartet und gleichzeitig auf einer Pressekonferenz erläutert wurde, ist www.bundestag.de noch nutzerfreundlicher und optisch moderner geworden. Alle Bundestagsdebatten können dort live als Videostream verfolgt werden, alle wichtigen Dokumente sind leicht zu finden.

Beim Neustart hat man vor allem den Bereich des Web-Fernsehens neu positioniert. Wenn Sitzungen stattfinden, öffnet die Seite sogar mit dem Fernsehbild, das dann nur noch angeklickt werden muss, um es ans Laufen zu bringen. Außerhalb von Sitzungswochen füllt das Parlamentsfernsehen mit Wiederholungen wichtiger Debatten, historischen Beiträgen oder Talk-Runden die Lücken. Trotzdem wird der Bundestag nicht zum vollkommen gläsernen Parlament. Denn ausgerechnet dort, wo die eigentliche Arbeit der Abgeordneten stattfindet, in den Ausschüssen, bleiben die Türen auch für die Internet-Kameraleute der eigenen Verwaltung oftmals zu.

Nach der Geschäftsordnung entscheiden die Ausschüsse nämlich selbst, ob sie öffentlich tagen wollen oder nicht. Einige machen das gerne und immer, wie etwa der Sportausschuss, die meisten aber selten oder nie.

Ausschüsse weiter unzugänglich



Vor allem Untersuchungsausschüsse, aber auch der wichtige Haushaltsausschuss und der Innenausschuss, sind unzugänglich. Das parlamentarische Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste ist sogar von Gesetzes wegen tabu, ebenso der Verteidigungsausschuss. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) will bei der jetzigen Regelung bleiben. Wenn generell das Prinzip der Öffentlichkeit auch in den Ausschüssen gelte, wachse die Gefahr, dass dort nur noch "virtuelle Debatten" stattfänden, meinte Lammert gestern. Man solle von Fall zu Fall entscheiden.

Bei der 300 000 Euro teuren Runderneuerung der Website wurde auf werblichen Klamauk weitgehend verzichtet, wenn man einmal vom virtuellen Bundesadler absieht, dem man Fragen aller Art stellen kann. 20 000 Leute machen das jeden Tag. Bundestag.de solle kein Unterhaltungs-, sondern ein Informationsangebot sein, wo Interessierte das, was sie suchen, "schnell, leicht und zuverlässig" fänden, meinte Lammert. Das ist gelungen.

Gleich auf der Startseite findet man zum Beispiel eine Übersicht über die letzten Bürgerpetitionen, Kurzmitteilungen über kleine und große Anfragen der Abgeordneten an die Bundesregierung und die Tagesordnungen der Sitzungen, jeweils mit einem Link zu den Antragsdokumenten, um die es geht. Die Navigation führt zu den Lebensläufen aller Abgeordneten und deren Websites, zum Parteispendenbericht oder zur Geschäftsordnung des Bundestages. Auch die wechselvolle Geschichte des Reichstages wird in Bild und Text präsentiert.

Vor allem die Suche nach Dokumenten und Drucksachen wird leicht gemacht. Dazu gehören auch die Wort-Protokolle der Sitzungen, die oft schon wenige Stunden nach Beendigung der Reden im Netz stehen. Politisch Interessierte können also die Debatten der Volksvertretung jederzeit nachvollziehen. Ob sie auch alles interessant finden, was dort gesagt wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.

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