Zockende Zombies

Was gut gemeint ist, muss längst nicht immer zu guten Ergebnissen führen. So ist es mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Sportwetten. Die Richter wollten ein Zeichen gegen Spielsucht setzen, die Zeche zahlen nun die Vereine im Land.

Das Gericht hat so getan, als gebe es tatsächlich eine nationale Entscheidungshoheit in Sachen Wettspiele. Dann wäre es ohne Frage ein gangbarer Weg, staatliche Wettmonopole zu unterhalten und ihnen gleichzeitig die Werbung zu untersagen - ähnlich wie bei Spielbanken. Leider hat diese Idee mit der Realität nichts mehr zu tun. Wer in Deutschland zocken will, kann es längst nach eigenem Gusto tun, via Internet oder in den Wettbüros, die aus dem Boden sprießen. Die Profiteure sitzen irgendwo im weltweiten Dorf. Verbietet man den Monopol-Anbietern, zu werben, nimmt man ihnen die Konkurrenzfähigkeit und ruiniert damit das durchaus intelligente Konzept, den sportlichen "Mittelstand" über die Wetteinnahmen mitfinanzieren zu lassen. Von "Betandwin" aus Gibraltar fließt da kein müder Cent. Die Alternative wird wohl sein, das Monopol zu kippen und alle Anbieter legal zuzulassen. Dann darf Oddset wieder werben, die anderen freilich auch. Ein Signal gegen Spielsucht wäre das sicher nicht mehr. Die Frage ist allerdings, ob der Staat überhaupt erwachsene Bürger gegen alle Gefahren dieser Welt schützen muss. In England, wo man an jeder Straßenecke auf alles wetten kann, was sich bewegt, besteht die Bevölkerung auch nicht aus zockenden Zombies mit ruinierten Finanzen. Und wenn die Spielsucht schon bekämpft werden muss, wie wär's denn mit den Glücksspielern an der Börse? Die ruinieren schließlich nicht nur sich selbst. d.lintz@volksfreund.de

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