Zu Besuch bei Freunden

Paris · Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Hollande verbindet spätestens seit ihrer Verhandlungsnacht im Ukraine-Konflikt eine neue Nähe. Die war auch zu spüren, als Merkel am Freitag in Paris war.

Paris. Es war ein seltenes Zeichen der Zuneigung, das François Hollande da am Ende der gemeinsamen Pressekonferenz mit Angela Merkel setzte. "Ich will Angela Merkel meine ganze Dankbarkeit ausdrücken", sagte der französische Präsident in dem Moment, als eigentlich schon das Zeichen zum Aufbruch gegeben wurde. Denn die Bundeskanzlerin sei die Erste gewesen, die ihre Teilnahme am Gedenkmarsch für die Opfer der Pariser Terroranschläge am 11. Januar zugesagt habe.
Ukraine-Prozess bleibt schwierig


Der 11. Januar war wohl auch der Beginn einer neuen Freundschaft zwischen Merkel und Hollande. Der Tag, an dem die Kanzlerin in einer Geste der Solidarität ihren Kopf auf die Schulter des Präsidenten legte - vor dem Élysée und den Fotografen. Der Tag, an dem sie untergehakt neben Hollande an der Trauerkundgebung teilnahm. Nach dem 11. Januar schien plötzlich einiges möglich zwischen den beiden, was vorher nicht denkbar gewesen wäre.
Und auch das nennt Hollande in seiner kurzen Dankesrede: "Ich konnte in Minsk die Hartnäckigkeit von Angela Merkel erleben." In Minsk, wo die Bundeskanzlerin zusammen mit dem französischen Präsidenten eine ganze Nacht lang mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko verhandelte. 17 Stunden im Palast der Unabhängigkeit, die das deutsch-französische Paar zusammenschweißten. "Es gab nicht einen Moment der Spannung", berichtete ein Vertrauter Hollandes hinterher.
Der Präsident weiß, dass er in der Ukraine-Krise weiter auf seine deutsche Verhandlungspartnerin setzen kann. "Angela Merkel nutzt all ihre Energie, damit wir vorankommen." Zu tun ist noch viel, das wissen sowohl Merkel als auch Hollande. "Der Prozess bleibt ein schwieriger. Darüber habe ich keine falschen Vorstellungen", sagte Merkel, die zur Vorbereitung des G-7-Gipfels im Juni in Elmau nach Paris gekommen war. Doch Sanktionen sind für das deutsch-französische Paar noch nicht das Mittel, zu dem gegriffen werden soll. "Wir sind nicht nach Minsk gefahren, um Sanktionen zu verhängen."
Die Erfahrungen von Minsk könnten die deutsch-französische Zusammenarbeit auch in anderen Fragen leichter machen. Zum Beispiel in den schwierigen Finanzthemen, in denen Berlin auf die Einhaltung des EU-Stabilitätspaktes pocht. Frankreich ist mit seinem ausufernden Haushaltsdefizit von über vier Prozent weit von den Brüsseler Vorgaben entfernt. Die Reformen, die das Land eingeleitet hat, gehen nicht nur der EU-Kommission, sondern auch manchem in Berlin zu langsam. Doch Merkel zeigte Hollande ungewöhnlich deutlich ihre Unterstützung für das Wachstumspaket: "Ich freue mich, dass die Anstrengung gelungen ist. Ich weiß aus Deutschland, wie schwierig es ist, Veränderungen durchzusetzen."
Im Gegenzug hielt sich Hollande in der Griechenland-Krise zurück, wo er sich ganz offensichtlich nicht auf die Seite von Ministerpräsident Alexis Tsipras schlagen will. Kein Wort von ihm zum griechischen Antrag, das Hilfsprogramm zu verlängern. Der Hausherr im Élysée scheint seinen Platz an der Seite Merkels gefunden zu haben. In französischen Medien fällt wieder das Wort, das zuletzt in Vergessenheit geraten war: "Merkollande".Extra

Überschattet vom Krieg im Osten hat die Ukraine der Opfer blutiger Massenproteste in Kiew vor einem Jahr gedacht. "Der Kampf für das Recht, in einem echten europäischen Land zu leben, begann auf dem Maidan und hält bis heute im Donbass an", sagte Präsident Petro Poroschenko gestern in der Hauptstadt. Bei Gewaltexzessen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten starben damals auf dem Maidan (Unabhängigkeitsplatz) rund 100 Menschen. Prowestliche Kräfte machen dafür den damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch verantwortlich. Die Konfliktparteien im Donbass warfen sich erneut gegenseitige Angriffe vor. dpa

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