Zu Mond, Mars und neuem Wir-Gefühl

WASHINGTON. Möglichst jede Woche ein politischer Paukenschlag: So will US-Präsident George W. Bush im Wahljahr punkten. Für die nächsten Tage steht die Verkündung neuer Weltraum-Missionen auf dem Programm.

Hollywood hat seit langem eine Vorliebe für den Mars. Bereits 1953 fesselte und schockte der real anmutende Science Fiction-Streifen "Krieg der Welten" die Amerikaner. Und seit der Mars-Rover "Spirit" am vergangenen Samstag auf dem Planeten landete, dominiert jede Bewegung des derzeit noch von Luftkissen behinderten Forschungsroboters die Abendnachrichten in den USA. Selbst im Internet beherrscht der Mars das Geschehen - die Betreiber der Suchmaschine "Google" gaben jetzt bekannt, das der Begriff "Nasa" zuletzt sogar den kurzfristig verheirateten Popstar Britney Spears im Popularitäts-Rennen geschlagen habe.Raumfahrt-Pläne mit Familientradition

Das ist das Klima, in dem US-Präsident George W. Bush in der kommenden Woche ein neues Weltraum-Abenteuer bekannt geben will, das ihn in puncto Kühnheit auf eine Stufe mit John F. Kennedy stellen würde. Hatte Kennedy im Jahr 1961 die Bürger mit der Ankündigung überrascht, man werde bis spätestens 1970 einen Amerikaner auf den Mond schicken, so plant Bush - wie enge Mitarbeiter jetzt in Washington Medienvertretern steckten - den Quantensprung: den Bau einer permanenten Mondbasis mit dem Ziel, die erste bemannte Mars-Mission zu unternehmen - ein Raumflug, der im Gegensatz zum dreitägigen Trip zum Mond gut sechs Monate dauern würde. Bush folgt damit einem von seinen Beratern ausgearbeiteten festen Fahrplan für das Präsidenschafts-Wahljahr, der auf der Leitlinie basiert: möglichst jede Woche einen politischen Paukenschlag. Nachdem der Präsident in dieser Woche bereits eine spektakuläre Änderung der Aufenthaltsbestimmungen für illegale Einwanderer vorschlug und sich davon einen Popularitätsschub bei den Wählern lateinamerikanischer Herkunft verspricht, hat die nun bevorstehende Ankündigung der Mond- und Mars-Missionen sogar Familientradition: Bereits 1989 forderte sein Vater, der damalige Präsident George Bush, eine Mondkolonie und einen bemannten Mars-Flug, doch die Idee scheiterte. Sind die Aussichten für seinen Sohn besser, das Projekt doch noch ins Rollen zu bringen? Angesichts der derzeit die Öffentlichkeit faszinierenden Mars-Bilder von den Rover-Kameras scheinen die Chancen nicht schlecht zu stehen, dass es Bush gelingt, der Nation nach der deprimierenden "Columbia"-Raumfähren-Tragödie im Februar letzten Jahres nun neues "Wir"-Gefühl einzuhauchen. "Der Mars hat für die Bürger nun wieder einen besonderen Stellenwert", analysierte gestern Paul Saffo, Direktor des kalifornischen "Zukunfts-Instituts", die Initiative des Weißen Hauses. Zu den möglichen Kosten gibt es derzeit noch nicht einmal Schätzungen, doch im Weißen Haus weist man darauf hin, dass sich die abzeichnende Konjunktur-Erholung und die damit verbundenen Steuer-Mehreinnahmen hier förderlich erweisen könnten. Zeitlich scheint der Termin für die Ankündigung der neuen Raumfahrtmission perfekt zu sein: Ein zweiter Mars-Rover mit dem Namen "Opportunity" (Gelegenheit) soll am 24. Januar auf der Oberfläche des Planeten landen und das ohnehin große Interesse der Bevölkerung weiter anfachen. Nasa-Sprecher Sean O‘Keefe macht kein Geheimnis daraus, dass man intern bereits einen Zusammenhang zwischen den Rover-Expeditionen und einem bemannten Flug zum Mars sieht: "Die Rover sind eine Art Vorläufer-Mission, um die Bedingungen auf dem Planeten besser kennen zu lernen. Wenn wir erst einmal wissen, wie dort die Einflüsse auf den Menschen sind, können wir auch den nächsten Schritt tun."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort