Zuckerbrot und Peitsche

Washington . Es sind hektische Zeiten für die Diplomaten des State Department. Vorallem die US-Botschafter befinden sich in diesen Tagen im Dauerstress.

Die USA verfolgen derzeit vor allem zwei Ziele: Jene "Koalitionder Willigen" zusammenzuhalten, die US-PräsidentBushRückendeckung und logistische Hilfe für seinen hartenIrak-Kurs versprochen hat. Und: dafür zu sorgen, dass am Ende,wenn im UN-Sicherheitsrat die Hände gehoben werden, mindestensneun Stimmen auf Washingtons Haben-Seite sind - und Russland undChina sich wenigstens enthalten. Zu diesem Zweck wird derzeit gefeilscht, gedroht, gebeten - oder eine "Kombinationstherapie" angewandt. Und immer wieder genüsslich an die Vergangenheit erinnert: Als es 1990 in der Weltorganisation um die Befreiung Kuwaits ging und der Vertreter Jemens gegen eine alliierte Militäraktion stimmte, strich Washington 70 Millionen Dollar Entwicklungshilfe für den Golfstaat.

Die Wirkung scheint sich bereits zu entfalten. Angola erklärte sich jetzt bereit, intensiv mit Washington zu reden, "um zu sehen, wie wir zu einer für beide Seiten befriedigenden Lösung kommen." Vorausgegangen war ein ernstes Gespräch von US-Diplomaten mit Angolas Präsident dos Santos, bei dem es vermutlich auch um den Umfang künftiger Ölgeschäfte und amerikanischer Finanzhilfen ging.

Auch Mexiko scheint langsam auf die Linie Washingtons einzuschwenken, nachdem US-Botschafter Tony Garza die Daumenschrauben angesetzt hat. Die USA würden Mexiko vermutlich teuer dafür bezahlen lassen, wenn man den Nachbarn im Stich lasse, drohte er unverhohlen. Gestern wurde dann überraschend eine neue Regierungs-Direktive von Mexikos Präsident Fox bekannt: Von größtem nationalen Interesse seien die Beziehungen zur USA, heißt es darin. Und: Man sei sich des Wunsches der Amerikaner bewusst, den Irak zügig zu entwaffnen. Gleichzeitig servierte US-Präsident Bush am gleichen Tag noch ein Zuckerbrot - mit der Nominierung des ersten Richters mexikanischer Abstammung an ein Berufungsgericht in Washington.

Liegt Mexiko erst einmal auf Bush-Kurs, würden die Chilenen rasch folgen, hoffen die USA. Angesichts der wichtigen Handelsbeziehungen zu den USA geht man davon aus, dass in der "Stunde der Wahrheit" der lateinamerikanische Staat nicht gegen den mächtigen Partner stimmen wird.

Finanzhilfen für "Ja"-Stimmen

Die Kriegskoalition zusammen zu halten und zugleich der neuen UN-Resolution zum Erfolg zu verhelfen, dürfte für Bush zu einem teuren Geschäft werden, von den geschätzten Kriegskosten in Höhe von 100 bis 200 Milliarden Dollar ganz abgesehen. Im Poker mit Ankara um die Truppenstationierung sind derzeit Finanzhilfen und Lohngarantien im Gespräch, die am Ende 30 Milliarden Dollar ausmachen könnten. Russlands Präsident Putin würde möglicherweise von einem Veto im Sicherheitsrat Abstand nehmen, überlegt man derzeit in US-Regierungskreisen, wenn Washington ihm jene 11 Milliarden Dollar zur Verfügung stellt, die Bagdad Moskau schuldet. Jordanien hat von Bush die Zusage erhalten, im Kriegsfall werde es - dank amerikanischer Subventionen - das bisher aus dem Irak zu Sondertarifen bezogene Öl zu gleichen Konditionen, nämlich 75 Prozent unter Marktpreis, aus Saudi-Arabien und Kuwait erhalten. Und der kleine Golfstaat Katar bekommt als Gegengeschäft das, was kaum mit Gold aufzuwiegen ist: Umfangreiche Sicherheitsgarantien Washingtons.

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