Zum Sparen kein Spielraum

Jammern auf hohem Niveau oder berechtigtes Klagen? Selbst Besserverdiener haben es schwer, finanziell über die Runden zu kommen. Höhere Preise und Steuern fressen das Einkommen auf.

Trier. Constanze Kastenhuber ist über Nacht zur Kämpferin für den Mittelstand geworden. Seit die bayerische Sozialpädagogin (41) in der ARD-Sendung "Hart aber fair" bereits zweimal darüber klagen durfte, wie hart die steigenden Ausgaben und Steuerbelastungen mittlerweile den Mittelstand treffen, haben auch die anderen politisch angehauchten Talk-Shows im deutschen Fernsehen eine neue Klientel entdeckt: die vermeintlichen Besserverdiener. Die dreifache, verheiratete Mutter musste nach ihrem ersten öffentlichen Auftritt noch wüste Beschimpfungen etwa von Hartz-IV-Empfängern über sich ergehen lassen, weil sie behauptete, mit 3500 Euro netto im Monat gerade so über die Runden zu kommen und für die Zahnspange eines Kindes entweder einen Kredit aufnehmen oder das Klavier, ein Erbstück, verkaufen zu müssen.Am Monatsende bleibt kaum was übrig

Nach dem neuerlichen Besuch der Diskussionsrunde hat sich das Blatt etwas gewendet, nachdem die "ganz normale" Frau der Mittelschicht ihr Haushaltsbuch öffentlich machen ließ und es den Zuschauern klar wurde, dass die Kastenhubers eben nicht in Saus und Braus leben, sondern im Grunde genommen eine durchschnittliche Familie sind. Von den 3500 Euro sind am Monatsende noch rund 260 Euro übrig. Für zwei Autos gehen monatlich 419 Euro weg und das ohne rund 300 Euro Spritkosten. Strom und Gas machen rund 170 Euro aus, 500 Euro sind weg für Hauskosten, 70 Euro gehen drauf für Versicherungen, und 580 Euro zahlt die fünfköpfige Familie Monat für Monat für Lebensmittel. Ein "Luxus", den sich die bayerische Familie laut Haushaltsbuch leistet, sind Ausgaben für private Altersvorsorge (260 Euro) und Musikunterricht und Sportverein für die Kinder (200 Euro). Viele Familien dürften sich in den Kastenhubers wiederfinden. Kamen die Bezieher relativ guter Einkommen in den vergangenen Jahren im Vergleich zu Geringverdienern gut über die Runden, so fressen die steigenden Lebenshaltungskosten (vor allem die Energiekosten) zunehmend das zur Verfügung stehende Einkommen auf. Folge: Es ist kaum noch Spielraum zum Sparen und Geldausgeben. Zur Mittelschicht gehört laut Statistik, wer zwischen 70 und 150 Prozent des Durchschnitts-Nettoeinkommens von 16 000 Euro im Jahr hat. Nach dem derzeitigen Steuerrecht muss allerdings jemand, der mehr als 4346 Euro brutto im Monat (52 151 Euro im Jahr) verdient, den Höchststeuersatz von 42 Prozent bezahlen. Damit wird ein Großteil der sogenannten Mittelschicht so besteuert wie Spitzenverdiener. Der Durchschnittsverdienst in Rheinland-Pfalz liegt laut Statistischem Landesamt bei rund 3000 Euro. Weniger als zehn Prozent der Rheinland-Pfälzer verdienen mehr als 4000 Euro im Monat, ein Fünftel bekommt zwischen 1300 und 2000 Euro. Nach Berechnungen des Informationsdienstes Acxiom, die die Deutsche Presseagentur verbreitet hat, ist die Kaufkraft in Trier überdurchschnittlich zurückgegangen. Mit 15 681 Euro, die statistisch gesehen einem Trierer im Jahr zur Verfügung stehen, und einer Kaufkraft von 82,5 Prozent landet die Stadt im Vergleich von 439 Kommunen auf dem 426. Platz. Bernkastel-Wittlich schafft es mit 16 999 Euro (89,5 Prozent) auf Platz 352, der Eifelkreis Bitburg-Prüm hat mit 14 858 Euro pro Einwohner lediglich 78,2 Prozent der durchschnittlichen Kaufkraft (Platz 390), in Trier-Saarburg stehen jedem Einwohner 16 573 Euro zur Verfügung (Rang 333), im Vulkaneifelkreis sind es 17 170 Euro (337).

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