Zurück auf der Kommandobrücke

BERLIN. "Fast noch frischer als in früheren Zeiten": Verteidigungsminister Peter Struck kehrt nach langer Krankheit auf die Kommandobrücke zurück.

Am Montag können die Soldaten der Bundeswehr wieder vor ihrem Minister stramm stehen und den Schlager von Marion März summen: "Er ist wieder da, wieder hier." Peter Struck, Bundesminister der Verteidigung, kehrt nach fast zehnwöchiger Krankheitspause auf die Kommandobrücke zurück. Am 10. Juni, dem Fronleichnamstag, war er zusammengeklappt und als Notfall in die Berliner Charité eingeliefert worden. Danach begannen die Spekulationen: Schlaganfall? Herzanfall? Oder bloß ein Schwächeanfall, wie sein Sprecher Norbert Bicher verlauten ließ? Bis heute ist nicht durchgedrungen, was den 61-jährigen Niedersachsen von den Beinen geholt hat. Ein Schwächeanfall könne es nicht gewesen sein, meint ein Verteidigungsexperte von der Union, denn dann hätte der Minister nicht monatelang pausieren müssen. Am kommenden Dienstag könnte die Nation Näheres erfahren: Dann gibt Struck in der Unteroffiziersschule Appen bei Hamburg seine erste Pressekonferenz nach dem Vorfall. Es ist nicht die erste Grenzerfahrung, die der sympathisch-knorrige Glatzkopf machen musste. Bereits Ende der 80er Jahre hat er zwei Herzinfarkte erlitten, und im Jahr 2000 musste er an der Halsschlagader operiert werden. Tapfer hat er diese Attacken weggesteckt, sich nach außen nie was anmerken lassen. Im Gegenteil: Als sei nichts geschehen, paffte er munter seine geliebte Pfeife weiter, und knatterte mit seinem ebenso geliebten Motorrad (BMW R 1200 C) durch die Gegend. Sogar den Wilden Westen der Vereinigten Staaten hat er als "Easy Rider" kennengelernt, ein lang gehegter Traum, den er sich erfüllt hat. Und da auch beruflich alles wie geschmiert lief - Struck ist politisch skandalfrei und äußerst beliebt bei der Truppe -, wurde der Genosse aus der Lüneburger Heide plötzlich gar als potenzieller Kanzler gehandelt, sollte Amtsinhaber Gerhard Schröder aus welchen Gründen auch immer mal abtreten müssen. Doch diese Perspektiven sind nun in den Hintergrund gerückt. Strucks Physis ist, im Gegensatz zu seiner Psyche, offenbar nicht stabil genug für den Stress eines solchen Amtes. Im Verteidigungsministerium freuen sie sich auf den Heimkehrer, der nach den Wünschen seiner Staatssekretäre Walter Kolbow und Hans Georg Wagner etwas kürzer treten sollte.Terminkalender wieder prall gefüllt

Doch Strucks Terminkalender ist schon wieder voll: Am Montag Lagebesprechung mit allen Abteilungsleitern im Ministerium, am Dienstag Auftakt zur "Sommerreise" (15 Truppenbesuche) in Appen, am Mittwoch Kabinettssitzung und Termin in Potsdam plus Gespräch mit Ministerpräsident Matthias Platzeck über das "Bombodrom" in der Ruppiner Heide. Der seit Jahren währende Streit um die Nutzung dieses gewaltigen Truppenübungsplatzes ist nicht der einzige Ärger, der auf den Minister wartet. Auch die von Vorgänger Rudolf Scharping installierte GEBB (Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb), die durch Privatisierungen eigentlich Milliarden erlösen sollte, sorgt für Verdruss: Sie bringt nichts zustande. Jetzt hat sich sogar der Bundesrechnungshof eingeschaltet, der ein vernichtendes Urteil über die GEBB fällte. Schließlich muss sich Struck um das größte Problem kümmern, die geplante Schließung von nahezu 100 Bundeswehr-Standorten, die er bis Ende des Jahres bekannt geben will. Weil davon zigtausend Soldaten und Zivilbedienstete betroffen sein werden, und darüber hinaus ganze Regionen, die von der Wirtschaftskraft der Militäreinrichtungen profitieren, gelten diese Entscheidungen als besonders heikel. Jedenfalls ist Struck, dem das Amt "mehr Lust als Last" ist, wieder gesund. Nach Angaben seines Umfeldes hat er sich zu Hause in Uelzen, in Dänemark und am Bodensee "richtig gut erholt". Dies bestätigt auch die niedersächsische Landtagsabgeordnete Amei Wiegel, die ihn beim Kurlaub in Radolfzell zufällig traf. Der Minister habe einen fitten Eindruck gemacht, sagte sie der Allgemeinen Zeitung in Uelzen. Er wirke "fast noch frischer als in früheren Zeiten".

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