Zwei Kinder in zwei Wochen abgegeben

Trier · Retten Babyklappen Kinderleben oder motivieren sie dazu, Kinder wegzugeben? 2009 wurde diese Frage bundesweit diskutiert. In Trier stellt sie sich nun, nachdem innerhalb von zwei Wochen zwei Säuglinge in der Babyklappe gefunden wurden.

 Die Babyklappe am Kinderheim Ruländerhof in Trier. In den vergangenen zwei Wochen fanden sich dort zwei Säuglinge. TV-Foto: Friedemann Vetter

Die Babyklappe am Kinderheim Ruländerhof in Trier. In den vergangenen zwei Wochen fanden sich dort zwei Säuglinge. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Im Herbst 2009 machte der deutsche Ethikrat Schlagzeilen. Die von Bundesregierung und Bundestag einberufenen unabhängigen Wissenschaftler forderten, Babyklappen und Angebote zur anoymen Geburt abzuschaffen. Babyklappen - von der Bevölkerung bis dahin überwiegend als sinnvoll und hilfreich angesehen - verletzten das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft und auf Beziehung zu seinen Eltern, argumentierten die Experten.
Seit Schaffung der ersten Babyklappe in Deutschland gebe es rund 500 Findelkinder, deren Herkunft sich niemals werde klären lassen. Außerdem, so die Kritik, erreichten Babyklappen kaum die Frauen, bei denen die Gefahr bestehe, dass sie ihr Kind aussetzten oder töteten. Es sei besser, Babyklappen abzuschaffen und legale Hilfsangebote für Schwangere und Mütter in Not- und Konfliktlagen zu stärken. Ganz anders sehen das Organisationen wie Sterni Park, ein Kinder- und Mütterhilfsverein aus Hamburg, der dort im Jahr 2000 die erste Babyklappe eröffnete.
Nach diesem Vorbild sind mittlerweile über 90 Babyklappen in Deutschland entstanden. Babyklappen retteten Kinderleben, argumentieren die Befürworter, und bewerben diese mitunter ganz offensiv. Nach dem Motto: Je mehr Menschen davon Kenntnis haben, desto besser. Eine Strategie, die der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Trier ablehnt - auch wenn er selbst die Trierer Babyklappe betreibt. "Die Babyklappe ist eine gute Lösung für ausweglose Situationen, um Schaden von Mutter und Kind abzuhalten", sagt Regina Bergmann (47), Abteilungsleiterin für Familien- und Jugendhilfe beim Sozialdienst katholischer Frauen. "Aber grundsätzlich sollten Kinder wissen, wer ihre Eltern sind." Hilfsangebote müssten dafür sorgen, dass die Babyklappe eigentlich gar nicht erst benötigt würde, wünscht sich Bergmann.
Mehr als ein Jahrzehnt lang gab es nur einen einzigen Fall, in dem ein Kind in der Trierer Babyklappe abgelegt wurde. Nun, in den zwei Wochen nach größerer Berichterstattung über dieses Angebot im Zusammenhang mit dem Findelkind aus Trier-Nord, wurden in kurzer Zeit gleich zwei Säuglinge abgegeben. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Bekanntheit der Babyklappe und Nutzungshäufigkeit - wie dies Kritiker in der Diskussion 2009 auch unterstellten? Trennen sich Mütter leichter von ihrem Kind, wenn sie es dank einer Babyklappe in Sicherheit wissen? "Darüber kann man nur spekulieren", sagt Regina Bergmann. Für sie sind die beiden neuen Fälle in Trier eher ein Hinweis darauf, dass es trotz der guten Meldungen vom Arbeitsmarkt und trotz guter Wirtschaftsentwicklung auch in der Region Trier Mütter in großer Not gebe. "Keine Frau trifft leichtfertig eine solche Entscheidung, der Druck muss enorm sein." Wird ein Kind in der Babyklappe abgelegt, wird ein ärztlicher Notdienst angefordert. Das Kind kommt zunächst auf die Säuglingsstation. Das Jugendamt als Vormund sucht eine vorläufige Pflegefamilie. In der Regel wird nach acht Wochen über eine Freigabe zur Adoption entschieden. mic

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