Zwischen bajuwarischem Stolz und leichten Panik-Attacken

Heute beginnt in Nürnberg der Parteitag der CSU. Hierbei sollen die Weichen für die am 28. September stattfindende Entscheidungsschlacht bei der Landtagswahl gestellt werden. Vor Beginn analysiert unser Korrespondent Werner Kolhoff die Situation.

Berlin/Nürnberg. Man schlägt den Sack und meint den Esel. "Der ist bürokratisch, bürgerfern und hat sich in einer Sackgasse verrannt", so kommentierte CSU-Chef Erwin Huber, dass SPD-Finanzminister Peer Steinbrück eine Rückkehr zur alten Pendlerpauschale ablehnte.

Das mit dem "bürgerfern" hat man allerdings schon einmal gehört, nämlich als Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein vor zwei Wochen mahnte, nur wenn die CDU hinschaue, "wo die Menschen der Schuh drückt", komme sie über 35 Prozent hinaus. Das zielte auf Kanzlerin Angela Merkel. Die CDU-Vorsitzende ist mit ihrer harten Ablehnung einer schnellen Entlastung der Autofahrer aus CSU-Sicht die eigentlich Verantwortliche dafür, dass die Bayern-Partei in ihrem Wahlkampf den Bürgern jetzt keinen schnellen Erfolg vorweisen kann. Und heute redet ausgerechnet sie auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg, der die große Einstimmung auf die am 28. September stattfindende Entscheidungsschlacht um die Macht im Maximilianeum bringen soll. Es wird für Merkel ein schwieriger Balance-Akt werden.

Aus CDU-Sicht wiederum ist es derzeit ein Kreuz mit den Christsozialen. Da bemängelte etwa Huber Anfang des Monats, dass die große Schwesterpartei in den Umfragen doch "ungewöhnlich schwach gemessen" werde und legt die Latte auf "40 plus X", die man von der CDU erwarten müsse. Doch gleichzeitig sorgte Ministerpräsident Günther Beckstein für Irritationen, indem er sagte, es gehe die Welt nicht unter, wenn seine Partei am 28. September unter 50 Prozent abschneide, was freilich ganz unwahrscheinlich sei.

Rebellischer Kurs gegen die Bundespolitik



Vorgänger Edmund Stoiber soll Beckstein dafür gehörig den Kopf gewaschen haben. Da nannte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann Merkels Haltung zur Pendlerpauschale "politisch schwach", und auch Beckstein sagte, "nur weil wir Angela Merkel schätzen, heißt das nicht, dass wir uns der Kanzlerin unterwerfen". Aber im nächsten Atemzug beschwor Huber die "Kampfgemeinschaft CDU/CSU", die auf dem Parteitag deutlich werden solle.

Die bayerische Opposition erkennt in solchen Vorgängen hochgradige Nervosität oder sieht gar, wie der SPD-Staatsminister im Auswärtigen Amt, Günter Gloser, die CSU "im Fieberwahn". Die aktuellen Umfragen schwanken für die Bayern-Partei um 50 Prozent und sind meilenweit entfernt von den zuletzt unter Stoiber erreichten 60,7 Prozent. Für das Tandem Beckstein/Huber dürfte es eng werden, wenn es am Wahltag dabei bleibt.

Doch die CSU ist wild entschlossen, den rebellischen Kurs gegenüber der Bundespolitik fortzusetzen. Er macht den einen Teil ihrer Wahlkampagne aus. Auf dem Parteitag soll das Steuersenkungsprogramm, das Entlastungen um rund 28 Milliarden Euro, die sofortige Rückkehr zur alten Pendlerpauschale und höhere Kinderfreibeträge beinhaltet, gleich nach Merkels Rede beschlossen werden. Auf den Straßen werden dafür schon seit einigen Wochen Unterschriften gesammelt, in einem Akt der Opposition gegen sich selbst. Denn in Berlin sind die CSU-Minister bisher treu auf Merkel-Linie geblieben und haben zum Beispiel dem Haushalt für 2009 zugestimmt, der für die Autofahrer keine höheren Mittel vorsieht. Den anderen Teil der CSU-Kampagne bildet die Landespolitik. Ministerpräsident Beckstein wird am Samstag seine große Rede halten, anschließend wird ein "Regierungsprogramm 2008 bis 2013" verabschiedet. "Für ein starkes Bayern" ist das durchgehende Motto. Die Frage am 28. September allerdings wird sein, ob die Bayern Beckstein und Huber stark finden.

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