"Zwischen Pest und Cholera"

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, sieht keine Alternativen zum Milliarden-Rettungspaket der Bundesregierung für deutsche Banken.

Berlin. (has) Zugleich hofft er, dass die Banken nach der Krise "Mittelständler endlich wieder als Kunden schätzen und nicht an ihnen vorbeigucken". Mit Wansleben sprach unser Korrespondent Hagen Strauß.

Was halten Sie von dieser These: Die Großbanken rettet man, aber den Mittelstand lässt die Politik gerne im Regen stehen.

Wansleben: Was die Bundesregierung tut, ist ordnungspolitisch eine Aktion zwischen Pest und Cholera. In der jetzigen Situation gibt es leider keine Alternative, weil es um die Frage des ganzen Systems des Weltfinanzmarktes geht und nicht um betriebswirtschaftliche Probleme einzelner Unternehmen. Ich warne davor zu glauben, dass der Staat es in Zukunft immer richten wird.

Alles dreht sich um die Finanzkrise. Verliert die Politik andere Baustellen aus den Augen?

Wansleben: In der Tat darf die Bundesregierung angesichts der Finanzkrise wichtige Weichenstellungen nicht vernachlässigen. Ich nenne nur die Erbschaftssteuerreform, das Problem der kalten Progression und Nachkorrekturen bei der Unternehmenssteuerreform. Vor allem habe ich aber die Sorge, dass die Dämme brechen und jetzt jeder fordert, was er immer schon fordern wollte. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts ist ja schon aufgegeben worden.

Welche Folgen wird die Finanzkrise für den Mittelstand haben?

Wansleben: Noch gibt es keine flächendeckende Kreditklemme im Mittelstand. Wenn die Krise überwunden sein wird, werden die Banken mehr Eigenkapital halten müssen und damit wird das Ausleihen von Geld teurer.

Wird sich das Problem der Betriebe, Kredite zu bekommen, weiter verschärfen?

Wansleben: Wenn jetzt die Aufarbeitung zu einer guten Konstellation auf den internationalen Finanzmärkten führt, dann rechne ich mit einem positiven Effekt: Manch ein Bankier wird solvente, solide Mittelständler endlich wieder als Kunden schätzen und nicht an ihnen vorbeigucken, weil bei irgendwelchen Spekulationsgeschäften mehr Rendite zu erzielen ist.

Fürchten Sie wegen der Finanzkrise in den nächsten Monaten um Arbeitsplätze?

Wansleben: Eher nicht. Wir müssen sauber unterscheiden zwischen der Finanzkrise und dem normalen Konjunkturverlauf. Seit Monaten kühlt sich die wirtschaftliche Entwicklung ab. Auffällig ist aber, dass wir zugleich eine sehr robuste Konstellation auf dem Arbeitsmarkt vorfinden. Aus unserer neuesten Konjunkturbefragung geht hervor, dass die Unternehmen auch im Abschwung eher als in vorherigen Abschwüngen geneigt sind, auf Entlassungen zu verzichten. Viele Unternehmen wissen, angesichts der demografischen Entwicklung ist es eine perspektivische Investition, Mitarbeiter zu halten.

In der Debatte ist ein Konjunkturprogramm, um die Folgen der Krise abzumildern. Sind Sie dafür?

Wansleben: Mit Extrawürsten werden wir die Konjunktur nicht retten. Es gibt keine Möglichkeiten, gegen den normalen Konjunkturzyklus anzusubventionieren. Davor kann ich nur warnen. Das ist Geld verbrennen.

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