Nach Rücktritt von Andrea Nahles Chaos in der SPD: Rettet Malu Dreyer jetzt die taumelnde Partei?

Berlin · Die bisherige Vorsitzende Andrea Nahles wirft hin und will sich aus der Politik zurückziehen. Sozialdemokraten aus der Region fordern einen personellen Neuanfang und das Ende der Groko.

Chaos in der SPD: Rettet Malu Dreyer jetzt die taumelnde Partei?
Foto: picture alliance / Michael Kappe/Michael Kappeler

Nach der Rücktrittsankündigung von SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles stehen die Genossen vor einem Führungsvakuum. Gleichzeitig ist es unklar, welche Auswirkungen der Rückzug auf den Fortbestand der großen Koalition hat. Der rheinland-pfälzische SPD-Vorsitzende Roger Lewentz warnt vor einem überhasteten Ende des Bündnisses. Er spüre zwar „sehr, sehr viele Ressentiments in der Partei“. Aber dennoch müsse diese Frage in einem geordneten Verfahren beantwortet werden, sagte Lewentz unserer Zeitung. Dazu müsse erst eine neue Parteispitze gewählt werden.

Andrea Nahles hatte am Sonntag überraschend ihren Rücktritt als Partei- und Fraktionschefin angekündigt. Die 48-Jährige will auch ihr Bundestagsmandat niederlegen. „Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist“, schrieb die Rheinland-Pfälzerin in einer E-Mail an alle SPD-Mitglieder. Nach dem desaströsen Abschneiden bei der Europa-Wahl war Nahles innerparteilich stark unter Druck geraten. Ursprünglich wollte sie deshalb am morgigen Dienstag in der Fraktion die Machtfrage stellen.

Wer Andrea Nahles folgt, ist noch offen. Als mögliche Nachfolgerin an der Parteispitze wird unter anderem die Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer gehandelt. Dreyer sprach am Sonntag von einer „extrem ernsten Situation“ für die SPD. Die Partei müsse jetzt zusammenstehen, um aus dem Tief herauszukommen. Sie rief alle Parteimitglieder zur Solidarität auf, sonst sehe es schwarz aus für die SPD.

Führende Sozialdemokraten aus der Region Trier sprechen sich derweil für einen personellen Neuanfang und ein Ende der großen Koalition aus. Der Trierer SPD-Landtagsabgeordnete Sven Teuber äußerte scharfe Kritik an den innerparteilichen Intrigen gegen Nahles. Die alten Männerbünde in der Bundespartei hätten mit den längst überholten Flügelschlägen mal wieder ganze Arbeit geleistet. Die Partei brauche weniger Heckenschützen und keine Flügel, sagte Teuber unserer Zeitung.

Ähnlich äußerte sich auch der Eifeler Parlamentarier Nico Steinbach. Er forderte einen radikalen Generationswechsel an der Fraktions- und Parteispitze. Zudem müsse nun ein geordneter Rückzug aus der Bundesregierung eingeleitet werden.

Das deckt sich mit der Einschätzung des Trierer Politikwissenschaftlers Uwe Jun. Er sagt, mit Andrea Nahles gehe aufseiten der SPD die größte Befürworterin der Groko von Bord. Nun würden die Groko-Kritiker versuchen, den personellen Neuanfang auch für einen politischen Neuanfang zu nutzen.

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