Hintergrund TV-Serie Klimaschutz konkret – Elektro-Auto vor dem Durchbruch

Trier · Die deutschen Autohersteller haben erkannt, dass es ein Fehler war, so zaghaft auf E-Mobilität zu setzen. VW vollzieht nun die Wende.

 Das neue Elektroauto ID. der Marke Volkswagen wird in einem Glaswürfel präsentiert. Innerhalb eines Tages waren bereits 10 000 Wagen vorbestellt.

Das neue Elektroauto ID. der Marke Volkswagen wird in einem Glaswürfel präsentiert. Innerhalb eines Tages waren bereits 10 000 Wagen vorbestellt.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

2019. Für viele, die im vorigen Jahrtausend geboren wurden, klingt die Jahreszahl noch immer nach Science-Fiction. Nach Zeiten, in denen stromlinienförmige, sprechende Autos lautlos durch die Lüfte schweben. Natürlich ohne Gase auszustoßen. Schließlich weiß der Mensch schon so lange, wie endlich fossile Reserven sind. Und wie schädlich es ist, sie zu verfeuern. Doch weit gefehlt. Genau das Gegenteil passiert. Immer schwerere und größere Autos sind begehrt. Und so sinkt der CO2-Ausstoß viel langsamer als dies möglich wäre.

„Wir müssen unser Verhalten komplett überdenken“, sagt Peter Götting, Projektleiter der Lotsenstelle für alternative Antriebe bei der Energieagentur Rheinland-Pfalz. Diese berät Kommunen, die ihre Busse, Dienstwagen oder Nutzfahrzeuge auf E-Mobile umstellen wollen. Dass so etwas im großen Stil möglich ist, zeigt die chinesische Metropole Shenzhen. Mehr als 16 000 Elektrobusse bringen die Bürger dort von A nach B.

„Wir werden förmlich überrannt. Das Thema E-Mobilität ist in aller Munde“, sagt Götting, der selbst elektrisch fährt. „Wir müssen weg davon, dass jeder Haushalt zwei Autos vor der Türe stehen hat“. Um das zu schaffen, müsse man attraktive Angebote machen. Bessere Radwege, Car-Sharing oder autonom fahrende Shuttles, die Passagiere bei Bedarf auf dem Dorf abholen.

Matthias Scherer, Leiter des neuen Studiengangs Elektromobilität an der Trierer Hochschule, sieht es auch als falschen Weg, Elektro-SUVs anzubieten. Damit könne man vielleicht Geld verdienen, ökologisch sinnvoll sei jedoch etwas anders. Die Strategie, auf die er setzt, ist die Entwicklung eines kleinen, leichten und sicheren E-Autos. Da es nicht nur auf den CO2-Ausstoß, sondern auf die Gesamtbilanz der Fahrzeuge ankommt, verbaut das Forschungsteam der Hochschule statt Kohle- Flachsfaser und verzichtet bei der Batterie auf das umstrittene Cobalt.

Apropos Batterie. Um deren Entsorgung machen die Experten sich keine Sorgen. „Klar, wenn man sie jetzt in großem Maßstab entsorgen wollte, dann hätte man ein Problem“, sagt Götting. Denn die Industrie dafür gibt es noch nicht. Allerdings bisher auch kaum Rückläufe. „Das wird sich entwickeln“, glaubt der Experte. Auch Scherer ist zuversichtlich. Es gebe Konzepte für 100-prozentiges Recyclen. Mehr Sorgen macht er sich um den aus sozialen und ökologischen Gründen vielfach kritisierten Rohstoff-Abbau. Auf das Lithium werde man schwer verzichten können, aber vom Cobalt müsse man weg. Ohnehin bleibt die Batterie für die Branche, so der Professor, die größte Herausforderung. Sind die deutschen Hersteller bei der Batteriezellenherstellung doch stark von Asien abhängig.

„Die Chinesen haben die Möglichkeiten der E-Mobilität gut erkannt“, sagt Götting. 2,6 Millionen Stromer düsen bereits durch China. Da müsse man in Deutschland Gas geben. „Bei den deutschen Herstellern gab es eine Verweigerungshaltung. Man hat den Trend gesehen, aber darauf gesetzt, dass der Diesel Bestand hat.“ Viele Fehler seien gemacht worden. Mittlerweile hätten die Hersteller das erkannt, betont Götting. VW vollziehe nun eine komplette Drehung.

Der Konzern plant eine vollauf neue, rein elektrische Produktreihe namens ID. – ein Modell erinnert an den Golf, ein anderes an den Bulli. Knapp 24 Stunden, nachdem Kunden den neuen VW ID.3 erstmals bestellen konnten, gingen bereits 10 000 Registrierungen für das E-Auto ein, dessen Basisversion unter 30 000 Euro kosten soll. Neue Stromer fürs Volk und jedermann? VW verspricht: „Er ist unser erstes Fahrzeug, das bilanziell klimaneutral an die Kunden übergeben werden soll“.

Wer weiß, vielleicht passt die Welt ja in ein paar Jahren besser zu den Zukunftsvorstellungen, die Menschen aus dem vorigen Jahrtausend hatten.

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