Meinung Warum das Ende der kostenlosen Corona-Tests richtig ist

Berlin · Vor der Bundestagswahl wird es keine drastischen Änderungen der Corona-Politik mehr geben – die Parteien schrecken vor umstrittenen Maßnahmen vor dem Wahltag zurück. Doch das Ende der kostenlosen Tests und Auflagen für Ungeimpfte sind jetzt nötig. Bund und Ländern sollten sich darauf verständigen.

Kommentar: Warum das Ende der kostenlosen Corona-Tests richtig ist
Foto: dpa/Peter Kneffel

Die Bundesregierung hat sich im letzten Sommer festgelegt:  Eine Impfpflicht wird es in Deutschland nicht geben. Da formierte sich gerade die Querdenker-Bewegung, man sorgte sich um die Akzeptanz der Corona -Maßnahmen in der Bevölkerung. Ein Jahr später, mit wirksamem Impfstoff, stellt sich allerdings schon die Frage, ob man mit dem generellen Versprechen nicht ein wenig voreilig war.

Darüber berieten die sechzehn Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag. Mal wieder eine Ministerpräsidentenkonferenz. Bund und Länder mussten die Frage lösen, wie man einen erneuten Lockdown im Herbst und Winter verhindert, wenn Menschen den Pieks in den Oberarm weiter in großer Zahl ablehnen. In dieser Frage steckt gesellschaftlicher und politischer Zündstoff.

Der Herbst steht vor der Tür, die hohe Ansteckung mit der Delta-Variante durch internationale Studien gesichert. Das Mittel zur Bekämpfung der Pandemie ist ebenfalls geklärt: Impfen, Impfen, Impfen.

Deswegen ist es richtig, dass Bund und Länder das Ende der kostenlosen Tests  beschlossen haben. Es ist eine Form des politischen Drucks der Politik auf die Bürger. Aber sie ist legitim, denn ohne diese Maßnahme scheint es nicht zu funktionieren. Auch dass für Ungeimpfte der Zugang zu Krankenhäusern, Pflegeheimen, zur Innengastronomie, zu Veranstaltungen und Festen erschwert wird und nur noch mit einem Schnelltest oder einem PCR-Test möglich ist, ist sinnvoll. Denn wer etwa von Schülern verlangt, dass sie sich dreimal die Woche testen lassen und täglich über mehrere Stunden Maske tragen, der muss auch den Rest der Gesellschaft fordern. Das Impfen ist der Weg zu einem normalen Alltagsleben, wie es sich wohl alle zurückwünschen. Diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen (obwohl sie es könnten), tragen für sich selbst ein Risiko und verhalten sich nicht solidarisch. Diejenigen, die eine Impfung auf sich nehmen, dürfen nicht auf Dauer benachteiligt werden.

Die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg nannte die Kanzlerin die Pandemie. Dass diese ohne persönliche Risiken und umsonst für einige Bürger einfach so vorbeigeht, ist ein Trugschluss. Es ist an der Politik, diesen Irrglauben schnell und ehrlich zu beenden.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Politik nicht mehr mit Inzidenzen allein operieren kann, um Grundrechte möglicherweise erneut zu beschneiden. Wenn die Krankenhäuser die Belastung mit Covid-Patienten aushalten, dann gibt es keinen Grund mehr, sich nur an der Anzahl der Infektionen zu orientieren. Ein Set aus der Infektionslage, den vorgenommenen Testungen, der Impfquote und der Hospitalisierung wäre der richtige Weg. Hier muss es schnell eine weitere politische Einigung geben, die dann deutschlandweit gilt. Warum dies nicht beschlossen wurde, ist ein Rätsel. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder erklärte, die genaue Formel, wie die Pandemie künftig besser mit mehreren Kriterien bewertet werden könne, sei noch nicht gefunden worden. Es ist eine Ausrede -  dafür war den Sommer über genug Zeit. Man muss sich nur trauen.

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