Landtagswahl im Saarland Diese Wahl geht in die Geschichte des Saarlandes ein – wie es zum Rehlinger-Triumph kam

Die SPD hat mit einem Erdrutsch-Sieg die CDU als stärkste Partei im Saarland abgelöst. Es ist ein historischer Triumph für die SPD. Die Tage von Tobias Hans als CDU-Landeschef dürften indes gezählt sein. Wie kam es dazu?

 Anke Rehlinger, SPD-Spitzenkandidatin, stellvertretende Ministerpräsidentin des Saarlandes und stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende, steht auf der SPD-Wahlparty zur Landtagswahl im Saarland auf der Bühne. 

 Anke Rehlinger, SPD-Spitzenkandidatin, stellvertretende Ministerpräsidentin des Saarlandes und stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende, steht auf der SPD-Wahlparty zur Landtagswahl im Saarland auf der Bühne. 

Foto: dpa/Boris Roessler

In der Geschichte des Saarlandes genügten bisher zwei Jahreszahlen, um die Veränderung der politischen Kräfteverhältnisse in groben Zügen zu beschreiben: 1985 verlor die CDU erstmals die Macht an die SPD, 1999 eroberte sie die Staatskanzlei zurück.

Was am Sonntag im Saarland geschehen ist, wird daher in die Landesgeschichte eingehen. Nach 23 Jahren haben die Sozialdemokraten mit einem Erdrutsch-Sieg die CDU als stärkste Partei abgelöst. Anke Rehlinger, so viel steht bereits fest, wird neue Ministerpräsidentin des Saarlandes und wird sich neben Oskar Lafontaine (1985-1998) und Reinhard Klimmt (1998-1999) in die Riege sozialdemokratischer Regierungschefs einreihen.

Historischer Triumph für die SPD

Für die SPD markiert der historische Triumph von Sonntag das Ende einer schmerzhaften Ära. Die Partei hat ihr Lafontaine-Trauma – die Spaltung ihrer einstigen Wählerschaft, von der die CDU profitierte – abgeschüttelt. Mit einer Linkspartei, die nahezu auf PDS-Niveau geschrumpft ist und sich so schnell wohl auch nicht mehr erholen wird, wurde gewissermaßen der Status quo ante der 80er und 90er Jahre wiederhergestellt: eine SPD, die so stark ist, dass gegen sie nicht regiert werden kann und die keine nennenswerte Konkurrenz im linken Lager fürchten muss.

Die einst erfolgsverwöhnte saarländische CDU, die 2017 mit Annegret Kramp-Karrenbauer einen überwältigenden Wahlsieg feierte, erlebte einen rabenschwarzen Tag. Die ersten Zahlen deuten an, dass sie ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl seit dem Beitritt des Saarlandes zur Bundesrepublik erzielt. In dem Landesverband, dessen Geschlossenheit seit den 90er Jahren legendär war, werden nun Personaldiskussionen geführt werden. Hans‘ Tage als CDU-Landeschef dürften gezählt sein. Aber wer kommt? Stephan Toscani, der nun seinen Job als Landtagspräsident verliert? Justiz-Staatssekretär und Ex-Generalsekretär Roland Theis? Finanzminister Peter Strobel?

Mehrere Gründe erklären Ausgang der Landtagswahl

Für diese politische Umwälzung gibt es mehrere Gründe: Erstens war die bundespolitische Stimmung für die CDU dramatisch schlechter als bei früheren Wahlen. Dass die CDU im Saarland nicht würde siegen können, wenn sie im Bund bei 25 Prozent verharrt, muss jedem Christdemokraten klar gewesen sein.

Der Landesverband versuchte deshalb, einen Wahlkampf als „eigenständige Marke“ zu führen. Nicht einmal das Design der Bundes-CDU wollte man noch übernehmen. Umgekehrt gilt: Auch die SPD hätte wesentlich schlechtere Chancen gehabt, wenn sie im Bund noch bei 15 Prozent des vergangenen Jahres herumdümpeln würde.

Tobias Hans hatte an Beliebtheit eingebüßt

Es gibt einen zweiten Grund, der das Wahlergebnis erklärt: Die CDU ging nicht mit einem Amtsbonus ins Rennen. Das war nicht unbedingt abzusehen, denn Ende 2020 hatte Infratest dimap im „Saarland-Trend“ noch einen großen Vorsprung von Tobias Hans vor Anke Rehlinger ermittelt. Die CDU plante daraufhin einen ganz auf Tobias Hans zugeschnittenen Wahlkampf.

Entsprechend groß war der Schock, als Hans im nächsten „Saarland-Trend“ von November 2021 erstmals hinten lag. Als sich die Stimmung in den vergangenen Monaten dramatisch gegen den 44-Jährige gedreht hatte, passte dieser personalisierte Wahlkampf nicht mehr in die Zeit. Dabei mag der Corona-Frust eine Rolle gespielt haben, den viele Saarländer bei ihrem Regierungschef abluden, aber auch ein Wahlkampf, in dem die CDU zu wichtigen Fragen wie der Abschaffung der Kita-Gebühren oder der Gymnasialzeit hastig ihre Positionen wechselten.

Rehlinger wirkte erfahrener, verbindlicher

Im Gegensatz dazu führt Rehlinger einen staatstragenden Wahlkampf, als hätte sie schon in der Staatskanzlei gesessen: Sie schloss eine Koalition mit der Linkspartei aus, äußerte „große Sympathien“ für eine große Koalition und warb für „Stabilität und Verlässlichkeit“. Damit räumte sie frühzeitig alles ab, was sie für die CDU hätte angreifbar machen können. Ein eigenes starkes Mobilisierungsthema hatte die CDU nicht. Als man es auf den letzten Metern mit der Spritpreisbremse versuchte, war es schon zu spät.

Rehlinger, obgleich nur ein Jahr älter als Hans, wirkte erfahrener, substanzieller und im Auftreten verbindlicher. Am Ende blieb Hans nur, ihre guten Persönlichkeitswerte auch als Anerkennung der Arbeit der großen Koalition zu werten.

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