Justiz Lebenslänglich für Eifeler Axtmörder - Gericht: Geplante Tat und gezieltes Vorgehen

Trier/Bitburg · Im Prozess gegen den Mann aus der Eifel, der seinen Onkel mit der Axt enthauptete, fiel am Freitag das Urteil des Landgerichts Trier. Die Verteidigung erwägt die Revision.

 Das Landgericht Trier hat sein Urteil gefällt: Der 64-jährige Angeklagte soll eine lebenslange Haft antreten.

Das Landgericht Trier hat sein Urteil gefällt: Der 64-jährige Angeklagte soll eine lebenslange Haft antreten.

Foto: dpa/Uli Deck

Emotionslos. Rational. Sehr sachlich. Beschreibungen, die während des fünftägigen Prozesses gegen den 60-jährigen Mann aus der Eifel oft fielen.

Im November hat er seinen Onkel mit einer Axt enthauptet. Die Tat hat er unmittelbar danach gestanden und sich ohne Gegenwehr verhaften lassen.

Erklärung Bereits am letzten Prozesstag hatte sein Anwalt angekündigt, dass noch eine Erklärung verlesen werden solle. Der Angeklagte übernimmt das Vorlesen selbst. Abgesehen von einem leichten Zittern der Din-A4-Blätter in seinen Händen und sehr seltenem Stocken treffen die oben genannten Charakterisierungen zu.

Wieder geht der Mann auf seine Biografie ein. Er erzählt von einer von Streit und Gewalttätigkeiten geprägten Familie, der schwierigen Situation mit dem Onkel, dem er helfen wollte, und den Anfeindungen und Abneigungen der übrigen Dorfbewohner. Von seinen körperlichen und seelischen Gebrechen und seinem persönlichen Scheitern, sei es bei seinem abgebrochenen Studium, seiner Ehe, der Integration im Dorf oder auch in Hinsicht auf seinen Onkel. Von ihm habe er nie Dankbarkeit für seine Hilfe erfahren, so der 60-Jährige. Zunehmend habe er sich in die Enge getrieben gefühlt und keinen anderen Ausweg mehr gesehen.

Erstmals äußert er sich vor Gericht zur Tat, auch wenn er wisse, dass ein Mord nicht zu entschuldigen sei, wolle er es hiermit aber erklären und sich für die Belastungen bei allen Beteiligten entschuldigen.

Auffällig an den Ausführungen ist vor allem ein Punkt: Jetzt spricht er davon, dass die Axt schon dort stand. „Ich wollte mich gegen Grobiane und zur Selbstjustiz neigenden Leuten aus dem Dorf wehren.“

Anklage Eben diesen Punkt greift Oberstaatsanwalt Eric Samel in seinem folgenden Plädoyer an: „Das glaubt heute keiner mehr.“ Er hält diese Variation im Tatablauf für eine rein taktische Entscheidung. Auch die Betonung, dass der Täter keine andere Möglichkeit gesehen habe, hält er für unglaubwürdig. Der Oberstaatsanwalt fasst die vergangenen Prozesstage und Aussagen der Zeugen noch mal kurz zusammen und merkt dabei unter anderem an, wie sehr die Eigen- und Fremdwahrnehmung auseinanderdriften. Auch auf Grund des Gutachtens, das dem Angeklagten keine Schuldunfähigkeit wegen seiner psychischen Auffälligkeiten zugesprochen werden könne (der TV berichtete), plädiert Eric Samel für eine lebenslange Freiheitsstrafe für einen vollendeten Mord mit Heimtücke.

Verteidigung Anders sieht das Rechtsanwalt Andreas Ammer. Er sagt, dass nach seiner Auffassung alle Punkte eines schizophrenen Residualzustandes, was sich aus einer psychotischen Episode 1995 entwickelt haben soll. Das psychiatrische Gutachten hatte eben dies zurückgewiesen.

Laut Ammer hätte auffallen müssen, dass sein Klient aktive Hilfe gebraucht hätte, insbesondere nach einem stationären Aufenthalt in der Psychiatrie nur wenige Wochen vor der Tat. Dort wurde dem Mann eine Störung der Impulskontrolle, Narzissmus sowie eine depressive Episode diagnostiziert, jedoch nur Letzteres behandelt. Diese Störungen führen laut Ammer letztendlich dazu, dass es für den 60-Jährigen subjektiv keinen Ausweg gegeben hätte.

Zudem argumentiert der Rechtsanwalt, dass der Mord nicht heimtückisch gewesen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Tat geplant gewesen sei. Um die Heimtücke zu erfüllen, muss das Opfer arg- und wehrlos sein. Die Arglosigkeit ist aber auszuschließen, wenn das Opfer bewusstlos ist. Das soll bei dem getöteten 80-Jährigen der Fall gewesen sein. Daher fordert Ammer eine „angemessene Strafe nach Paragraf 212“ und plädiert auf Totschlag.

Urteil Das Gericht schließt sich in seinem Urteil der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft an. Es habe einen langen Tatplan gegeben, das Vorgehen sei gezielt gewesen, und die rationale Schilderung lassen eine Handlung im Affekt nicht zu. Auch der Fall der Heimtücke läge vor, es gab keine Provokation, der Mann sei arg- und wehrlos gewesen, als er von der Treppe heruntergerissen wurde. Daher sei eine Strafminderung nicht möglich und der 60-jährige Eifeler wird zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Fortsetzung? Im Anschluss an die Verhandlung kann Rechtsanwalt Ammer bereits bestätigen, dass er den Auftrag für einen Revisionsantrag erhalten hat. Mit der Urteilsbegründung wolle man dann entscheiden, ob man tatsächlich in die Revision gehe. „Ich glaube, das Urteil wird der Persönlichkeit meines Klienten nicht gerecht.“ Schließlich käme es insbesondere bei der Frage nach Handlungsalternativen auch stark auf die subjektive Wahrnehmung an.

Sollte der Fall weiter untersucht werden, käme er vor den Bundesgerichtshof. Dort würde lediglich auf juristische Fehler hinsichtlich des Urteils geprüft werden, so Oberstaatsanwalt Eric Samel.

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