Katholische Kirche Trierer Missbrauchsopfer machen auch vor Bischöfen nicht halt

Trier · Wer hat weggesehen, wer vertuscht? Kommission soll Übergriffe im Bistum aufarbeiten.

 Triers Bischof Stephan Ackermann und die beiden Missbit-Sprechern Thomas Kiessling und Thomas Schnitzler

Triers Bischof Stephan Ackermann und die beiden Missbit-Sprechern Thomas Kiessling und Thomas Schnitzler

Foto: TV/Rolf Seydewitz

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann will bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in seinem Bistum eine unabhängige Expertenkommission einsetzen. Das kündigte Ackermann bei einem Gespräch mit Vertretern der Opferinitiative Missbit an. Das Gremium soll auch eine mögliche Mitverantwortung von leitenden Priestern oder Bischöfen bei der Vertuschung von Missbrauchstaten thematisieren und bewerten.

Wann die Kommission eingesetzt wird, ist noch offen. Bis Herbst wollen sich die katholische Kirche und der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, auf Eckpunkte zur Aufarbeitung einigen. Dabei gehe es um strukturelle Festlegungen sowie um einheitliche Standards und Kriterien, sagte der Bischof.

Allein im Bistum Trier wurden seit 1946 insgesamt 148 Priester wegen sexuellen Missbrauchs beschuldigt. Betroffen waren 442 Opfer.

Missbit-Sprecher Thomas Schnitzler sagte, dass „Bischöfe und höhere Kleriker nachweislich mitverantwortlich“ gewesen seien bei der Vertuschung von sexuellen Übergriffen, indem etwa die Täter in andere Pfarreien oder Krankenhäuser versetzt worden seien. Er forderte „großzügige Schadenersatzzahlungen“ für die Opfer und sprach von 100 000 bis 300 000 Euro, die derzeit diskutiert würden. Dies könne sich die Kirche angesichts der großen Reichtümer leisten, sagte der Missbit-Sprecher.

Bislang hat das Bistum Trier 475 000 Euro Entschädigung an Opfer gezahlt. 104 Betroffene haben sich laut Bistumssprecherin Judith Rupp bis Ende vergangenen Jahres gemeldet. Insgesamt seien 96 Anträge „auf materielle Leistung in Anerkennung des Leids“ bewilligt worden. Das ausgezahlte Geld stammt laut Judith Rupp nicht aus der Kirchensteuer, sondern aus Mitteln des Bischöflichen Stuhls.

Wenn sich ein Opfer wegen einer Entschädigungszahlung melde, werde bislang „nach einer kleinen Plausibilitätsprüfung“ unbürokratisch gezahlt, sagte der Trierer Bischof. „Wir glauben das dann.“ Sollte es aber künftig um sechsstellige Summen gehen, „wird es das nicht mehr geben“, kündigte Ackermann an. „Dann habe ich ganz andere Kosten.“

Missbit-Sprecher Thomas Schnitzler verwies auf die finanziellen Möglichkeiten der karitativen Stiftungen im Bistum. Namentlich nannte er dabei die Bischof-Stein-Stiftung.  Bernhard Stein war von 1967 bis 1980 Bischof von Trier. Laut Schnitzler ereigneten sich viele Missbrauchstaten in den 60-er Jahren. „Stein hat Verfahren abgeblockt“, machte der Opfervertreter deutlich, warum er das Geld der Stiftung für Entschädigungszahlungen heranziehen will.

Ackermann sagte, er habe keine Anhaltspunkte für ein Mitverschulden Steins. Er sagte aber auch, dass in der Vergangenheit „schon Plätze umbenannt“ worden seien. Auch dies könne eine Konsequenz der Aufarbeitung sein.

In Trier gibt es seit ein paar Jahren zwischen Dom und Diözesanmuseum einen Bischof-Stein-Platz.

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