Landtagswahl im Saarland Siegesserie der SPD geht weiter - Desaster für die Union

Berlin · Nur gut ein Prozent der 60 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland leben im Saarland. Trotzdem ist die Wahl dort ein Signal an Berlin. Die neue Kanzlerpartei hat den ersten Stimmungstest bestanden - und wie. Und für die Union gibt es weiter nur eine Richtung: abwärts.

 Besucher der SPD-Wahlparty zur Landtagswahl im Saarland halten ein Plakat mit dem Slogan "Echte Saarlandliebe".

 Besucher der SPD-Wahlparty zur Landtagswahl im Saarland halten ein Plakat mit dem Slogan "Echte Saarlandliebe".

Foto: dpa/Boris Roessler

Berlin (dpa) - Der bundesweite Siegeszug der SPD hält an. Mit dem haushohen Triumph der Spitzenkandidatin und stellvertretenden Vorsitzenden Anke Rehlinger im Saarland hat die Partei von Kanzler Olaf Scholz den ersten Stimmungstest nach der Bundestagswahl eindrucksvoll bestanden. Die Union, die sich seit etwas mehr als 100 Tagen mit ihrer neuen Oppositionsrolle abfinden muss, bleibt auf der Verliererstraße. Auch wenn im Saarland nur gut ein Prozent der etwas mehr als 60 Millionen Wahlberechtigten ganz Deutschlands leben, gilt das Wahlergebnis als Signal für den Bund.

Bestätigung für Krisen-Kanzler Scholz

Inwieweit die Bundespolitik eine Rolle bei der Wahlentscheidung der Saarländer gespielt hat, ist zwar ungewiss. Wenn, dann dürfte sie sich aber eher positiv für die SPD ausgewirkt haben. Kanzler Scholz und seine Ampel-Regierung waren nach der Bundestagswahl zwar in den Umfragen abgesackt. Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs geht es aber zumindest für SPD und Grüne wieder nach oben. In Krisenzeiten haben es Regierungsparteien immer leichter zu punkten. Die Kehrtwende von Kanzler Scholz in der Außen- und Sicherheitspolitik kommt gut an. Und das kurz vor der Wahl beschlossene Entlastungspaket als Ausgleich für die hohen Energiepreise dürfte sein Übriges getan haben.

Mit wem regiert Rehlinger ?

Mit Spannung wird nun in Berlin verfolgt, mit wem Rehlinger regieren wird. Sie hat im Wahlkampf zwar Sympathien für eine große Koalition mit der CDU unter neuer Führung erkennen lassen. Nach den ersten Prognosen waren am Sonntag aber noch alle möglichen Konstellation denkbar - von einer SPD-Alleinregierung über Rot-Grün und Ampel mit der FDP bis zu einem Bündnis mit der CDU.

Bundes-CDU hat Machtverlust eingepreist

In der Bundes-CDU haben sie den Machtverlust an der Saar nach 23 Jahren Unionsregierung längst eingepreist. CDU-Ministerpräsident Tobias Hans habe Performance-Probleme gehabt und es nicht geschafft, im Wahlkampf die Anhänger zu mobilisieren, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Die Bürger hätten Rehlinger die wichtige Wirtschaftskompetenz zugeschrieben - während Hans in der Corona-Krise per Schlingerkurs verunsichert habe. Seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine sei mit dem Corona-Thema beim Bürger sowieso kein Blumentopf mehr zu gewinnen, ist man in der CDU-Führungsetage sicher.

Union nimmt Merz in Schutz

In der Union geht es nun darum, die Schmach der Niederlage beim ersten Stimmungstest nach der Bundestagswahl vom neuen CDU-Chef und Oppositionsführer Friedrich Merz fern zu halten. Die Verantwortung für das Landtagswahlergebnis liege bei der Landespartei, die Niederlage werde die CDU im Bund nicht erschüttern, heißt es deswegen intern. Zudem sei Merz ja auch erst seit Januar im Amt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Sehr stark haben sich Merz und andere CDU-Bundesspitzen im Saarland auch nicht gerade ins Zeug gelegt.

SPD stellt wieder jeden zweiten Ministerpräsidenten

Mit Rehlinger wird die SPD bundesweit wieder mehr Ministerpräsidenten als die Union stellen, nämlich acht. Bisher stand es sieben zu sieben zwischen CDU/CSU und SPD. Hinzu kommen Winfried Kretschmann von den Grünen in Baden-Württemberg und Bodo Ramelow von der Linken in Thüringen.

Keine größeren Auswirkungen auf den Bundesrat

Auf den Bundesrat hat das neue Kräfteverhältnis aber keine größeren Auswirkungen, weil die Landesregierungen insgesamt sehr stark zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien durchmischt sind. Bisher gibt es nur zwei Länder, die ausschließlich von Ampel-Parteien regiert werden: Rheinland-Pfalz (SPD/Grüne/FDP) und Hamburg (SPD/Grüne). Beide haben zusammen 7 von 69 Stimmen in der Länderkammer. Mit dem Saarland könnten 3 weitere für die Ampel hinzukommen. Bis zur Mehrheit von 35 Stimmen fehlen dann aber immer noch 25.

Bitterer Tag für «kleinere Parteien»

Die klare Dominanz von Union und SPD im Vergleich zu den «kleineren Parteien» bei Wahlen ist eigentlich längst Geschichte. Im Saarland erlebt sie jetzt aber eine kleine Renaissance: Grüne, FDP und AfD mussten nach den ersten Prognosen am Sonntagabend um den Einzug in den Landtag bangen. Besonders bitter sah es für die Linke aus, die bei der vergangenen Wahl mit dem ehemaligen Bundesparteichef Oskar Lafontaine an der Spitze noch auf 12,8 gekommen war. Lafontaine ist kurz vor der Wahl aus der Partei ausgetreten, die Linke lag in den ersten Prognosen klar unter 5 Prozent. Ein Desaster auch für die zerstrittene Bundespartei.

Erste von vier Landtagswahlen

Die Wahl im Saarland ist nur der Auftakt für eine Serie von vier Landtagswahlen in diesem Jahr. Am 8. Mai geht es weiter in Schleswig-Holstein. Da könnte die CDU mit dem beliebten Ministerpräsidenten Daniel Günther die Kurve kriegen und endlich wieder einen Wahlsieg einfahren. Die Umfragen deuten jedenfalls bisher darauf hin.

Nordrhein-Westfalen Höhepunkt des Wahl-Jahres

Der Höhepunkt des Wahljahres folgt am 15. Mai im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen. Dort fordert der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thomas Kutschaty den CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst heraus. In den Umfragen gibt es seit der Bundestagswahl noch keinen klaren Trend: Erst lag die CDU klar hinter der SPD, dann holte sie auf und lag in der jüngsten Forsa-Umfrage von Anfang März erstmals mit 32 Prozent klar vor der SPD (27 Prozent). Geht auch die NRW-Wahl für die CDU schief, dürfte in der Union ein Murren über Merz beginnen, der aus Nordrhein-Westfalen stammt.

Niedersachsen setzt im Oktober den Schlusspunkt

In Niedersachsen endet das Wahljahr im Oktober. Dort werden SPD-Ministerpräsident Stephan Weil gute Chancen auf eine dritte Amtszeit eingeräumt. Die SPD-CDU-Koalition wird allerdings als eine Art Vernunftehe angesehen - in beiden Parteien gilt es als ausgemacht, dass es möglichst keine erneute große Koalition geben soll.

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