Pandemie Testpflicht, Ausgangssperren, Lockdown - Das sieht das neue Infektionsschutzgesetz vor

Berlin · Testpflicht für Unternehmen, Ausgangssperren ab 21 Uhr und wieder ein Lockdown für Geschäfte und Museen: An diesem Dienstag  hat die Bundesregierung die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes auf den Weg gebracht.

Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick:

Die Bundesregierung hat heute eine einheitliche Notbremse im Kampf gegen die dritte Corona-Infektionswelle auf den Weg gebracht. Jetzt müssen die Regelungen vom Bundestag und in Rücksprache mit den Ländern noch beschlossen werden.

Einige Maßnahmen sind heftig umstritten, zugleich drängt die Zeit. Denn immer mehr Covid-Patienten landen auf den Intensivstationen.


Kabinett Die erste Hürde haben die Änderungen mit der Kabinettsbefassung am Dienstag überwunden, innerhalb der Bundesregierung gab es binnen weniger Tage Einvernehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dringt nun auf eine zügige Verabschiedung der sogenannten Bundes-Notbremse. „Die bundeseinheitlich geltende Notbremse ist überfällig, denn, auch wenn es schwer fällt, das auch heute wieder zu hören: Die Lage ist ernst, und wir alle müssen sie auch ernst nehmen.“ Abzuwarten, bis alle Intensivbetten belegt seien, wäre zu spät. „Das dürfen wir nicht zulassen, und wir dürfen auch die Hilferufe der Intensivmediziner nicht überhören“, sagte Merkel. Es seien zwar harte Einschränkungen. Die Bürger erwarteten aber „Nachvollziehbarkeit und Klarheit“.


100-er Regel Die Bundes-Notbremse soll dann ziehen, wenn in einem Landkreis oder in kreisfreien Städten an drei aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner und Woche überschritten wird. Ab dem übernächsten Tag gelten dann automatisch schärfere Maßnahmen, die erst wieder gelockert werden können, wenn diese 7-Tage-Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 unterschreitet.

Die Notbremse besteht dabei aus einem Paket an einschränkenden Auflagen. So soll sich nach dem Willen der Bundesregierung künftig ein Haushalt nur noch mit einer weiteren Person treffen, Kinder bis 14 Jahre zählen extra. Wenn Ehe- oder Lebenspartner keinen gemeinsamen Haushalt haben, können sie gemeinsam trotzdem eine weitere Person treffen. Für Beerdigungen soll künftig eine Höchstgrenze von 15 Personen gelten.  


Ausgangssperre Zwischen 21 und 5 Uhr soll es eine Ausgangssperre in Regionen mit einem Inzidenzwert über 100 geben. Die eigene Wohnung oder das eigene Grundstück darf dann nicht mehr verlassen werden – außer in Notfällen bei Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum. Ausgenommen sind in der Regel auch die Ausübung eines Berufs oder Mandats und die journalistische Berichterstattung.

Das Gleiche gilt für die Wahrnehmung von Sorge- oder Umgangsrecht, die unaufschiebbare Betreuung Unterstützungsbedürftiger oder Minderjähriger oder die Begleitung Sterbender. Vor allem an der Ausgangssperre entzündet sich viel Kritik. Die Regel könnte in den parlamentarischen Verhandlungen noch geändert werden.


Lockdown Die Beschränkungen gehen mit der Bundes-Notbremse deutlich weiter als die bisherigen Regelungen der Länder. So sollen alle Freizeiteinrichtungen schließen, auch der Einzelhandel wird geschlossen – mit Ausnahmen etwa für Apotheken, Lebensmittelgeschäfte, Drogerien, Blumenläden oder Gartenmärkte. Sport ist nur noch allein oder zu zweit erlaubt. Restaurants dürfen Speisen nur zum Abholen oder Ausliefern anbieten, während der Ausgangssperre sind lediglich Lieferungen erlaubt. Alle körpernahen Dienstleistungen sind während der Notbremse untersagt, ausgenommen sind Dienstleistungen, „die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen sowie Friseurbetriebe“. Dabei müssen in der Regel FFP2-Masken oder Masken mit gleicher Schutzwirkung getragen werden. Wer zum Friseur will, muss ein höchstens 24 Stunden altes negatives Testergebnis vorweisen. In Bus, Bahn und Taxi sind Masken mit FFP2-Niveau Pflicht, touristische Übernachtungsmöglichkeiten sind untersagt. Gottesdienste sind von der Notbremse nicht erfasst.


Schulen Eine Sonderregelung hat der Bund für Schulen auf den Weg gebracht, die unabhängig vom 100er-Wert der Notbremse gilt. Demnach müssen Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte im Präsenzunterricht zweimal pro Woche getestet werden. Außerdem wird der Präsenzunterricht verboten, wenn eine Region eine 7-Tage-Inzidenz von 200 oder mehr aufweist, Ausnahmen für Abschlussklassen und Förderschulen sind möglich. Diese Bremse gilt auch für Kitas, die Länder können aber Notbetreuung ermöglichen.


Testpflicht in Betrieben Unternehmen müssen ihren Beschäftigten künftig einmal wöchentlich Corona-Tests anbieten. Das hat das Bundeskabinett in einer gesonderten Verordnung zum Arbeitsschutz beschlossen. Sie soll bereits ab kommender Woche greifen. Möglich seien der Einsatz von Schnelltests, PCR-Tests und auch Selbsttests, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Unternehmen könnten auch mit Dienstleistern arbeiten, etwa mit der Apotheke um die Ecke. Vorgesehen ist ein Test-Angebot pro Woche. Zwei Tests pro Woche sollen Mitarbeitern zur Verfügung stehen, die besonders gefährdet sind,  das sind Beschäftigte mit viel Kundenkontakt oder in körpernahen Dienstleistungen.


Weiteres Verfahren Trotz des Drucks aus der Bundesregierung und mahnender Worte von Intensivmedizinern wollen die Fraktionen im Bundestag kein Eilverfahren im Parlament ermöglichen, mit dem ein Beschluss noch in dieser Woche möglich gewesen wäre. Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD sahen zwar ausreichende Beratungszeit, besonders AfD und FDP übten jedoch Kritik. Nun ist die erste Beratung im Plenum an diesem Freitag und der Bundestagsbeschluss für Mittwoch kommender Woche geplant.

Mit dpa-Material zusammengestellt.

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