Im Gespräch mit Prof. Dr. Michael Bosnjak Trierer Wissenschaftler – „Falschinformationen und Aktionismus vorbeugen“

Wie denkt und verhält sich die Bevölkerung in der Corona-Krise? Dazu befragen renommierte Wissenschaftler in jeder Woche im Rahmen des Cosmo-Projekts die Menschen in Deutschland. Auch das Trierer Institut ZPID ist daran beteiligt. Wir haben mit dessen Leiter über das Forschungsprojekt gesprochen.

 Michael Bosnjak ist Direktor des Leibnitz-Instituts für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID).

Michael Bosnjak ist Direktor des Leibnitz-Instituts für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID).

Foto: ZPID

Professor Bosnjak, Die Corona-Krise ist derzeit das wichtigste Thema der Menschen in der Region und in ganz Deutschland. Welche  Bedeutung hat das Cosmo-Projekt?

MICHAEL BOSNJAK Ziel des Projekts ist es, einen wiederholten Einblick in die Wahrnehmungen der Bevölkerung – die „psychologische Lage“ – zu erhalten. Dies soll es erleichtern, Kommunikationsmaßnahmen und die Berichterstattung so auszurichten, um der Bevölkerung korrektes, hilfreiches Wissen anzubieten und Falschinformationen und Aktionismus vorzubeugen. Das Projekt soll Behörden, Medienvertretern, aber auch der Bevölkerung dazu dienen, die psychologischen Herausforderungen der Covid-19-Epidemie einschätzen zu können und zu bewältigen. Mit dem Projekt kommen wir dem gesetzlichen Auftrag des ZPID nach, Erkenntnisse aus der Psychologie zielgruppengerecht zu vermitteln.

Welche Bedeutung hat das Projekt für Ihre wissenschaftliche Einrichtung?

BOSNJAK Die Ergebnisse von Cosmo sowie unsere fachlichen Beratungen stehen seit Beginn der Pandemie den Krisenstäben der Bundesregierung und der Länder zur Verfügung. Wir wissen, dass unsere Befunde auch von der Bundes- und den Landesregierungen geschätzt und berücksichtigt werden. Der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, ist Mitglied unserer Projektgruppe und lässt Cosmo-Erkenntnisse in seine Pressekonfernzen einfließen. Für das ZPID hat dieses Projekt aufgrund seiner gesellschaftlichen Relevanz oberste Priorität. Wir leisten damit einen Beitrag zur Bewältigung der aktuellen Situation und arbeiten daran, übertragbare wissenschaftliche Erkenntnis zur Bewältigung zukünftiger Krisen abzuleiten.

Gibt es vergleichbare Erhebungen auch in anderen Ländern?

BOSNJAK Unser ursprünglich auf Deutschland begrenztes Projekt ist inzwischen zum WHO-Standard zur Abbildung der psychologischen Wahrnehmung der Krise erklärt worden und erringt damit auch international große Bedeutung. Inzwischen haben wir auch Dänemark und Argentinien an Bord und sehen, dass unsere Studienvorlagen intensiv genutzt werden, um weitere nationale Projekte nach dem selben Muster zu etablieren.

 Wie viele Mitarbeiter sind am ZPID in das Projekt eingebunden?

BOSNJAK Am Projekt sind der Infrastrukturbereich „Archivierungs- und Veröffentlichungsdienste“ sowie alle drei Forschungsbereiche des ZPID, das sind die Bereiche Forschungsliteralität, Forschungssynthesemethoden und Big Data, mit unterschiedlichen Anteilen beteiligt. Die zehn in das Projekt eingebundenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen sich weiterhin mit ihren Kernaufgaben und leisten viel Mehrarbeit, um das Projekt zu stemmen. Über das außerordentliche Engagement  bin ich sehr stolz und dankbar.

 Wie hoch sind die Kosten des Projekts und das ZPID?

BOSNJAK Die Gesamtkosten lassen sich noch nicht exakt beziffern, da wir gemeinsam mit der Universität Erfurt und dem Robert Koch-Institut das Projekt zunächst aus Eigenmitteln begonnen und zehn Befragungswellen sichergestellt haben. Alle Cosmo-Partner haben verstanden, dass wir keine Zeit verlieren und deshalb rasch loslegen mussten. Momentan laufen Gespräche, um das Projekt zu verlängern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort