Arbeit im Homeoffice Wie das Coronavirus die Telearbeit beflügelt

Trier · Viele Unternehmen machen sich angesichts der Epidemie Gedanken darüber, wie sie den Betrieb trotz möglicher Quarantäne aufrechterhalten können. Für Pendler aus Luxemburg gibt es dabei bislang noch steuerrechtliche Fallstricke.

 Heimischer Schreibtisch statt Büro: Weist der Arbeitgeber an, von zu Hause aus zu arbeiten, kann er Beschäftigten die Kosten steuerfrei erstatten.

Heimischer Schreibtisch statt Büro: Weist der Arbeitgeber an, von zu Hause aus zu arbeiten, kann er Beschäftigten die Kosten steuerfrei erstatten.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Durch Corona gewinnt die Diskussion über Heimarbeit wieder an Bedeutung. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat diese Woche erneut Arbeitnehmer gebeten, bei denen die Möglichkeit besteht, von zu Hause aus zu arbeiten. Derzeit arbeiten gerade mal zehn bis elf Prozent der Beschäftigten in Deutschland im Homeoffice. In Luxemburg liegt der Anteil bei rund 20 Prozent. Im Nachbarland haben aufgrund der Corona-Ausbreitung jedoch schon einige Unternehmen Mitarbeiter nach Hause geschickt, damit sie von dort aus arbeiten.

Laut dem luxemburgischen Gesundheitsministerium können Arbeitnehmer in Luxemburg bei ihrem Arbeitgeber aus Angst vor einer Corona-Infektion beantragen, von zu Hause aus arbeiten zu dürfen. Allerdings seien die Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem Antrag stattzugeben. Werde aber die Telearbeit vom Unternehmen angeordnet, dann stellten Steuerrechtsfragen kein Hindernis dar. Konkret geht es um im Doppelsteuerabkommen mit Frankreich, Belgien und Deutschland für Pendler festgelegte maximale Arbeitstage, die sie in ihrem Heimatland arbeiten dürfen, ohne dass sie dafür dort Steuern zahlen müssen. Wird diese Grenze überschritten, müssen sie einen Teil ihres Gehaltes in ihrem Heimatland versteuern. Frankreich hat die Zahl dieser Tage Anfang des Jahres von 24 auf 29 Tage heraufgesetzt. In Belgien wurde sie im vergangenen Jahr auf 48 erhöht. In Deutschland gilt nach wie vor die 19-Tage-Grenze.

Laut dem Experten für grenzüberschreitendes Steuerrecht, Stephan Wonnebauer aus Trier, gelten auch halbe Tage oder stundenweises Arbeiten aus Sicht des Finanzamtes als ganze Tage, so dass mitunter schnell die Höchstgrenze von 19 Tagen erreicht werde. Allerdings hält Wonnebauer die tatsächlichen Nachteile, die Pendlern durch das Überschreiten entstehen könnten, in den meisten Fälle für nicht so gravierend. Die Steuerlast erhöhe sich zumeist nur, „um ein paar hundert Euro“ vor allem bei nichtverheirateteten Grenzgängern. Es gebe auch Arbeitgeber in Luxemburg, die für ihre Beschäftigten die höheren Steuerzahlungen übernehmen würden.

Wie Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe gestern mitteilte, gibt es seitens des Bundesfinanzministeriums Überlegungen, die 19-Tage-Regelung derzeit möglicherweise auszusetzen, so dass Pendler dann keine Nachteile hätten, wenn sie etwa durch Corona bedingt längere Zeit von zu Hause aus arbeiten müssten.

Nach Auskunft von Sabine Plate-Betz, Geschäftsführerin der Vereinigung Trierer Unternehmer, werde auch diesseits der Grenze von immer mehr Beschäftigen der Wunsch laut, ganz oder teilweise von zu Hause zu arbeiten. Die meisten Unternehmen in der Region stünden diesem Wunsch aufgeschlossen gegenüber, auch um Mitarbeiter zu halten oder neue zu finden. Allerdings, so Plate-Betz, bestehe kein grundsätzlicher Anspruch auf Telearbeit. Außerdem müsse vor Einführung von Heimarbeitsplätzen eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden. Unternehmen dürften nicht, auch nicht in Zeiten von Corona, einfach so Mitarbeiter verpflichten, von zu Hause aus zu arbeiten.

Eine solche Vereinbarung gibt es zum Beispiel bei der Stadtverwaltung Trier. Rund 100 Mitarbeiter machen laut Rathaussprecher Michael Schmitz derzeit davon Gebrauch. Zusätzlich bestehe für weitere 100 Mitarbeiter die Möglichkeit, kurzfristig für einen begrenzten Zeitraum von zu Hause zu arbeiten. Sollte es aufgrund der weiteren Ausbreitung der Coronaviren nötig sein, Einschränkungen in der Verwaltung zu machen, könnte Telearbeit für Mitarbeitende angeordnet werden. „Sie wären also verpflichtet, ihre Arbeitsleistung von zu Hause zu erbringen“, so Schmitz. Auch andere Bereiche, wie etwa die Stadtwerke, seien vorbereitet, einige der Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken.

Bei der Kreisverwaltung Trier-Saarburg laufen ebenfalls entsprechende Vorbereitungen. Wie Kreissprecher Thomas Müller gestern mitteilte, gebe es Pläne, welche Bereiche dringend für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Verwaltung notwendig seien. Die Zahl der Heimarbeitsplätze soll auf bis zu 100 erhöht werden. Allerdings sei das bislang an einer ausreichend schnellen Internetverbindung gescheitert, sagte Landrat Günther Schartz kürzlich unserer Zeitung.

„Solange wir noch nicht vollständig im digitalen Rathaus angekommen sind und alle Prozesse entsprechend digital abbilden können, wird es auch keinen flächendeckenden Einsatz von Homeoffice geben können“, sagt Karl-Heinz Frieden, Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Städte- und Gemeindebundes. Er geht davon aus, dass die Corona-Krise einen „echten Schub für die Digitalisierung“ mit sich bringt. „Insbesondere wenn die Menschen erkennen, dass man viele Vorgänge auch online abwickeln kann. Das wird auch die Arbeitswelt hin zu mehr Homeoffice verändern.“ Behörden könnten letztlich nur im Falle einer Infektion von Mitarbeitern unter Quarantäne gestellt werden. „Aus purer Sorge vor einer Corona-Infektion können wir allerdings nicht alle Mitarbeiter ins Homeoffice schicken“, sagt Frieden.

Anders als bei vielen Verwaltungstätigkeiten funktionierten mobiles Arbeiten weder bei der Bäckereifachverkäuferin im Laden noch beim Produktionshelfer am Band, warnt Karsten Tacke, Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz. Voraussetzung für Heimarbeit sei immer, dass der entsprechend Arbeitsplatz und die Organisationsabläufe im Betrieb mobiles Arbeiten prinzipiell erlaubten. „Es braucht daher immer die doppelte Freiwilligkeit, also Unternehmen und Mitarbeiter müssen das beide wollen. Einseitige gesetzliche Ansprüche, die an der betrieblichen Realität vorbeigehen, helfen nicht weiter“, sagt Tacke.

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