Ausbildung Über Ebay zum neuen Koch

Trier · Das Gastgewerbe ist im Umbruch. Immer mehr Betriebe gehen bei der Suche nach neuen Fachkräften und der Betreuung ihrer Auszubildenden neue Wege. Die Kampagne Hoganext der Industrie-und Handelskammer (IHK) Trier hilft dabei und wird sogar landesweit zum Vorbild.

  Martin Haier, Geschäftsführer des Hotels Deutschherrenhof in Zeltingen-Rachtig (rechts), und seine Auszubildende Alessandra Zuber haben einen guten Draht zueinander – auch dank der wöchentlichen Azubi-Stunde.

Martin Haier, Geschäftsführer des Hotels Deutschherrenhof in Zeltingen-Rachtig (rechts), und seine Auszubildende Alessandra Zuber haben einen guten Draht zueinander – auch dank der wöchentlichen Azubi-Stunde.

Foto: Christopher Arnoldi/christopher arnoldi

Niko Boesen ist mit seinen 25 Jahren zwar noch jung, aber er weiß bereits, worauf es als Gastronom und Hotelier ankommt: „Wir müssen im Gastgewerbe alle Register ziehen, um an Fachkräfte und junge Leute heranzukommen“, sagt der Nachfolger und Übernehmer im Hotel Restaurant St. Erasmus in Trassem. Denn vor allem die ländliche Region sei als Karrierebrett für junge Leute wenig attraktiv. Umso mehr komme es auf die Arbeitgeber an, sich zu positionieren.

Gesagt, getan: Boesen hat zwar die üblichen Online-Plattformen der Branche zur Personalakquise genutzt. Doch ohne Erfolg: „Man könnte knapp sagen: Ohne Spesen nichts gewesen“, sagt er. Doch der junge Hotelier gibt nicht auf. Auf einen Tipp hin hat er bei Ebay-Kleinanzeigen seine offene Stelle für einen Restaurantkoch eingestellt – und prompt nicht nur eine neue Fachkraft aus der Region gefunden, sondern gleich mehrere Bewerbungen erhalten.

Ein Glückstreffer oder Weitsicht? „Tatsache ist: Die Region Trier ist eine Urlaubsregion, in der übernachtet und ausgegangen wird. Dabei ist die Nachfrage jedoch so groß, dass diese kaum von den Betrieben gedeckt werden kann“, sagt Anne Morbach, Tourismusreferentin der IHK Trier.

Folge: Als Arbeitgeber von mehr als 40 Mitarbeitern inklusive aller Aushilfen müsste Niko Boesen, gemeinsam mit seinen Kollegen aus dem Gastgewerbe, die Betriebe unverwechselbarer machen, so Morbach. Deshalb will der junge Mann nach der kompletten Übernahme des Betriebs ab diesem Jahr auch „die Weichen für sein Haus stellen. Wir waren mit die Ersten, die führend im Bereich Wellness waren. Jetzt weiten wir unsere Kapazitäten insgesamt aus“, sagt er. Doch er weiß auch: Ohne geeignetes Personal steht er mit seinem Wunsch allein da. Und so schlägt er viele, neue Wege ein – auch mit Arbeitzeitmodellen, die allen Mitarbeitern entgegenkommen.

Neue Wege einschlagen, das will auch die IHK-Kampagne Hoganext. Seit einem Jahr arbeiten rund 50 Gastgeber aus der Region Trier gemeinsam mit der Kammer daran, sich und ihre Ausbildung attraktiver zu machen. „Es gibt einen akuten Fachkräftebedarf“, sagt IHK-Geschäftsführer Ulrich Schneider (Ausbildung, siehe Info). Dabei liege es oft an den Betrieben selbst, sich und ihre Ausbildung besser darzustellen und ins rechte Licht zu rücken. „Dabei sitzen die Betriebe alle in einem Boot.“

Neue Wege, Personal zu finden und zu halten, hat Martin Haier, Geschäftsführer im Hotel Restaurant Deutschherrenhof in Zeltingen-Rachtig, mit Hoganext beschritten. Was oftmals in der Ausbildung zu kurz kommt, ist nun Chefsache – oder zumindest einmal wöchentlich Pflicht für Auszubildende und Mitarbeiter: Denn dann lernen die drei Azubis von den 32 Mitarbeitern, was es in der Buchhaltung mit Debitoren und Kreditoren auf sich hat, wie man ein Blumenarrangement schafft oder wie man spezielle Cocktails mixt. „Zu oft werden Azubis als reine Arbeitskräfte eingesetzt. Und auch ich möchte uns nicht ganz davon freisprechen. Mit der Azubistunde tun wir aber etwas gezielt für den Nachwuchs und erhalten die Motivation“, sagt Haier. Und das geht sogar betriebsübergreifend mit dem Schwesterbetrieb Moselpark Hotel in Bernkastel-Kues. „Das Gastgewerbe ist schon eher eine Branche der Eigenbrötlerei“, gesteht Hotelchef Haier. Doch mit Hoganext sei ein Austausch in der Branche in Gang gekommen, wovon alle profitieren könnten: „Wir sind motiviert, durch Mund-zu-Mund-Propaganda zu neuen Azubis zu kommen.“

So sieht auch IHK-Experte Ulrich Schneider die Kampagne: „Der Wunsch nach einem Mehr an Vernetzung wundert uns nicht, aber die Gastgeber müssen auch selbst etwas tun. Wir geben den Anschub und bieten den Rahmen“, sagt er. Dieses Konzept geht auf. Denn nicht nur, dass sich Gastronome und Hoteliers zur nächsten Hoganext-Runde zu einem Netzwerk treffen, bei dem am Ende „von einem lockeren Austausch bis zum Aufbau eines regionalen Ausbildungskonzepts alles denkbar ist“, sagt Schneider. Hoganext hat in der Branche Vorbildcharakter gewonnen und wird nun auch rheinland-paflzweit von den IHK-Standorten in Koblenz, Rheinhessen und der Pfalz umgesetzt.

 Macher Menschen Märkte

Macher Menschen Märkte

Foto: TV/Schramm, Johannes

Für Niko Boesen geht mit der Gewinnung neuer Azubis und Fachkräfte auch die Entwicklung seines Betriebs einher: „Ich möchte eine Arbeitgebermarke für uns schaffen.“ Sein Ziel: „Ich möchte, zu den Top-Arbeitgebern der Region gehören.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort