Aussenhandel Mehr Wachstum, mehr Unsicherheit

Mainz/Trier · Die Unternehmen im Land erzielen neue Rekorde. Doch die Unsicherheiten nehmen zu und gefährden das Wachstum. Dazu gehören nicht nur Strafzölle, sondern viele neue Hürden im Ausland.

 Heimische Betriebe exportieren immer mehr Waren ins Ausland. Noch ist nicht klar, wie sich US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium auswirken. Allerdings nimmt die Unsicherheit zu. 

Heimische Betriebe exportieren immer mehr Waren ins Ausland. Noch ist nicht klar, wie sich US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium auswirken. Allerdings nimmt die Unsicherheit zu. 

Foto: dpa/Ben Margot

Nicht nur die regionale Wirtschaft zeigt sich in blendender Verfassung, die Unternehmen im ganzen Land berichten in ihrer aktuellen Konjunkturumfrage der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern (IHKs) von einem branchenübergreifenden Boom. Und nimmt man positive und negative Meldungen zur Geschäftslage zusammen, zeigt sich sogar ein neues historisches Rekordniveau. „Über den Jahresverlauf dürfte sich eine stabile Fortsetzung des Wirtschaftswachstums zeigen“, prognostiziert der Trierer Peter Adrian, Präsident der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz.

Allerdings bereiten den 1000 befragten Unternehmen im Land neben dem Fachkräftemangel vor allem die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen Sorgen. Dies schlägt sich trotz anziehenden Wachstums im Welthandel auch in den Exporterwartungen nieder. So berichten 40 Prozent der Unternehmen von einer Zunahme der Handelshemmnisse.

Immerhin hat die rheinland-pfälzische Wirtschaft im vergangenen Jahr ihre Ausfuhren  um fünf Prozent auf 55 Milliarden Euro gesteigert, wie der IHK-Außenwirtschaftsreport zeigt. Zwar war die EU der wichtigste Absatzmarkt, hier allen voran Frankreich. Außerhalb Europas sind die Hauptabnehmer jedoch die USA und China. Damit exportiert Rheinland-Pfalz mit 56 Prozent mehr als ganz Deutschland (50 Prozent). Da bedeutet die Ankündigung der USA von Strafzöllen auf Aluminium und Stahl aus Europa vor allem eines: Verunsicherung. „Die Unsicherheit ist da, auch wenn sich noch keine nachweisbaren Auftragsrückgänge zeigen. Aber der Blick für die Zukunft verdüstert sich angesichts von Begriffen wie Handelskrieg und Handelsschranken“, registriert Albrecht Ehses, Geschäftsführer International der IHK Trier.

In der Region Trier sind vom Handel mit den USA vor allem die Nahrungsmittelindustrie und das verarbeitende Gewerbe betroffen, hier insbesondere der Maschinenbau. Allein die Metallerzeuger und -bearbeiter im Land exportieren Waren im Wert von rund 287 Millionen Euro in die USA. Wie das Ausmaß eines Schadens aussieht, ist noch nicht absehbar. „Wir beobachten die Entwicklung allerdings mit Argwohn“, sagt Christian Beyer von dem Pulverpressen-Hersteller Komage aus Kell am See (Kreis Trier-Saarburg). Komage hat einen Exportanteil von rund 50 Prozent und erst 2017 in den USA eine neue Vertriebsagentur aufgebaut. „Wir wollen dort neue Maschinen verkaufen. Unsere Maschinen sind jedoch sehr speziell, so dass wir zunächst nicht von Problemen ausgehen“, sagt er. 

Auch der Trierer Hersteller von Schaltanlagensystemen, Natus KG, sieht sich gerüstet für den Fall, dass Märkte wie die USA oder der Iran wegfallen. „Man muss sich ständig für wegbrechende Absatzmärkte wappnen“, sagt Firmenchef Frank Natus. Je internationaler ein Unternehmen aufgestellt sei, desto unabhängiger sei es, sagt er und verweist mit einer Exportquote von mehr als 50 Prozent auch auf neue Aufträge in Dubai, Mexiko oder China. Allerdings sieht Natus eine „latente Gefahr für den Welthandel generell. Die Lage – gerade in den USA – ist derzeit unberechenbar“, sagt er, auch wenn direkte negative Auswirkungen nicht erkennbar seien. 

Etwas klarer scheint sich die Lage für den Motorgeräte-Hersteller Stihl (Exportquote: 88,9 Prozent) mit seinem Standort in Weisheim (Eifelkreis Bitburg-Prüm) abzuzeichnen. „Das Magnesium-Druckgusswerk in Weinsheim, das auch die Tochter Stihl Inc. in den USA beliefert, ist derzeit von den US-Zöllen nicht betroffen“, heißt es auf TV-Anfrage in der baden-württembergischen Zentrale in Waiblingen. Bislang würden lediglich Zölle auf Aluminium und Stahl, nicht jedoch auf Magnesium erhoben. Zusätzlich fertige Stihl in der Eifel „mit Spitzentechnologie hochkomplexe Teile, die nicht von lokalen Lieferanten in den USA ersetzt werden können“, heißt es über das zweitgrößte deutsche Werk. Daher erwarte man in Weinsheim auch keinen Rückgang der Produktion für die USA. Allerdings geht die eigene US-Tochter Stihl Inc. infolge der Zölle von Einschränkungen aus und prüft nun eine Zusammenarbeit mit Lieferanten vor Ort.

Für IHK-Export-Experte Ehses steht fest: „Die Verunsicherung in den Betrieben nimmt zu. Das betrifft ja nicht nur Zölle, die zu bezahlen sind. Es geht auch um Unberechenbarkeit“, sagt er. Ob Unsicherheit darüber, ob es nach dem Brexit eine Freihandelszone mit Großbritannien gibt, ob Importe aus China billiger werden, weil das Land mit den USA im Clinch liegt oder weil es Formalitäten wie zusätzliche Formulare und Unterlagen gibt: „Der Aufwand für die Betriebe wird im Auslandsgeschäft größer. Und da macht es die Summe neuer Hürden, ob Unternehmen weiter optimistisch sind.“

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