Automobile Schlechte Noten für Diesel-Nachrüstung

Berlin · Zu teuer und voller Nachteile: Regierungsgutachter halten nichts von Lösungen gegen Stickoxid-Problematik.

 Wie sind die Dieselabgase „sauberer“ zu machen? Darüber streiten die Gutachter.

Wie sind die Dieselabgase „sauberer“ zu machen? Darüber streiten die Gutachter.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Nachrüstlösungen für Dieselfahrzeuge mit Euronorm 5 und 6, um den Ausstoß von Stickoxiden (NOx) drastisch zu senken, sind prinzipiell möglich. Sie sind aber teuer, nicht in Serienreife verfügbar und mit erheblichen Nachteilen verbunden. Zu diesem Ergebnis kommen fünf Professoren, die im Auftrag der Bundesregierung zehn PKW und leichte Nutzfahrzeuge mit entsprechenden Prototypen für die NOx-Reduzierung analysiert haben.

„In jedem Fall sind die Kosten für eine Hardware-Nachrüstung mit mehr als 5000 Euro anzusetzen“, heißt es, in einer 153-seitigen Kurzzusammenfassung des Gutachtens, das seit Mitte Februar vorliegt und das das Bundesverkehrsministerium jetzt freigegeben hat.

Im Prinzip sei es bei allen untersuchten Fahrzeugen möglich, die nötigen Systeme im Unterbodenbereich zu verbauen. Wegen der ungünstigen Temperaturverhältnisse seien aber „aufwendige Zusatzmaßnahmen erforderlich, da ansonsten die Funktion im besonders wichtigen Stadtbetrieb eingeschränkt ist“.

Bis Systeme, die von Nachrüstfirmen – wie etwa der Firma Baumot – eigenständig entwickelt wurden, für den Massenmarkt serienreif seien, seien „Entwicklungsprozesse“ nötig, schreiben die Autoren, „die nicht unter zwei Jahren darstellbar sind“. Die Wissenschaftler distanzieren sich eindeutig vom ADAC, der in einem Bericht den „Einsatz autarker nachgeschalteter Systeme möglich“ gehalten hatte. Die fünf Wissenschaftler widersprechen dem ADAC deutlich: „Aus technischer Sicht ist demgegenüber festzuhalten, dass im Sinne einer einwandfreien und dauerhaft abgesicherten Funktion eine Fahrzeug- und motorseitige Anpassung“ durch den Hersteller des Fahrzeuges „unverzichtbar ist“.

Sie setzen sich von der Baumot-Lösung und der lobenden Erwähnung durch den ADAC eindeutig ab: „Erst eine umfangreiche Entwicklung mit Erprobung in Höhe, Hitze und Kälte kann zeigen, ob ein Serieneinsatz möglich ist.“

Selbst wenn all dies gelinge, bedeute es, „dass unterschiedliche Emissionsergebnisse zu erwarten sind“. Wenn man es schaffe, innerhalb von Jahren serienreife Nachrüstlösungen zu entwickeln, müsse sich der Fahrzeughalter zudem dennoch auf erhebliche Nachteile gefasst machen: „Auch bei sorgfältiger Umsetzung“ sei mit „Qualitätseinbußen und einem Kraftstoffmehrverbrauch“ zu rechnen, schreiben die Wissenschaftler.

Neben der wissenschaftlich deutlich formulierten Absage an Nachrüstlösungen stellen die Gutachter Softwarelösungen als Möglichkeit in den Vordergrund, den hohen Stickoxidausstoß von einigen Dieselfahrzeugen zu senken. Bei Euro-6–Fahrzeugen sei die Entwicklung deutlich vorangeschritten, „so dass Softwareupdates eine deutliche Verbesserung bringen und wesentlich schneller und überdies flächendeckend im Realverkehr wirksam werden“. Durch die Studie dürften sich Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und das Kanzleramt bestätigt fühlen, weiterhin nicht eine Nachrüstlösung zur Eindämmung der Stickoxid-Problematik und Abwendung von Fahrverboten in den Städten zu favorisieren. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) fordert dagegen Nachrüstlösungen. Sie stützt sich auf ein Gutachten, das Nachrüstungen zum Preis von 3000 Euro für möglich hält.

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