Gastronomie Beim Ausschank den Wein verstehen
Wiltingen · Ein Ausbildungsprojekt zum Anfassen und Genießen: Mit dem ersten Azubiwein hat das regionale Hoganext-Konzept der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier mit einem guten Dutzend Hotels und Gastrobetrieben in der Region Trier einen nächsten Schritt getan.
Erlebnis Ausbildung: Als Ondrej Novotny im vergangenen Herbst mit fast 20 regionalen Auszubildenden vom Koch bis zur Restaurantfachfrau durch die Steilhänge über der Saar bei Wiltingen kraxelt, wird schnell klar. „Erst wer selbst einmal im Steilhang gestanden hat und bei der Lese und Auswahl der Trauben geholfen hat, der kann den Kunden beim Ausschank der Weine auch wirklich von erlesenen Tropfen und der Qualität der Arbeit überzeugen“, sagt der Projektleiter für das Ausbildungskonzept der „Hoganext“-Kampagne der Trierer Industrie- und Handelskammer (IHK). „Das ist unglaublich spannend. So etwas lernt man nicht in der Berufsschule“, ist er überzeugt.
Mit dem wohl bundesweit einmaligen Konzept von Hoganext werden seit 2019 erstmals Auszubildende mehrerer Gastronomie- und Hotellerie-Betriebe aus der Region Trier miteinander vernetzt und Fortbildungen zu Schwerpunktthemen angeboten. „Unsere Ziele sind klar: Wir erhoffen uns qualifiziertere Azubis, eine geringere Abbruchquote in der Branche, einen Imagegewinn für die teilnehmenden Betriebe, eine höhere Bewerberzahl und ein stärkeres Netzwerk zwischen den Betrieben“, sagt Ulrich Schneider, Geschäftsführer Ausbildung bei der IHK Trier und Initiator von Hoganext.
So haben die Azubis neben mehreren coronabedingt abgehaltenen Online-Schulungen zum digitalen Zimmerverkauf, Online-Buchungen sowie zu Bankett-Verkaufsgesprächen erhalten. „Uns war wichtig, dass die Lehrlinge nicht nur zu Hause sitzen“, sagt Projektleiter Novoty. Denn viele Ausbilder seien mit der Situation überfordert gewesen. Die Azubis haben sich derweil über das zusätzlich vermittelte Wissen gefreut.
Und immer, wenn es möglich ist, gehen die Azubis raus in die verschiedensten Betriebe und haben selbst Kaffeespezialitäten herzustellen bei einer Baristaschulung erlernt, sie haben ins Hummerbecken des Spezialitätenlieferanten Le Provencal geschaut – und eben bei der Weinlese auf dem Wiltinger Weingut Van Volxem von Spitzenwinzer Roman Niewodniczanski mit ihm gemeinsam mitgeholfen. „Wer gesehen hat, wie die Trauben in die Flasche kommen, der kann auch erklären, warum handwerklich gute Qualität beim Wein seinen Preis kostet. Damit befinden sich alle Azubis mit ihrem Wissen auf dem selben Niveau“, sagt Dominik Völk, Kellermeister des Weinguts Van Volxem. Denn hier „geht es nicht um ein alkoholisches Getränk, sondern um eine Genussoptimierung“, stellt er klar.
Ergebnis ist nun eine eigene Sonderabfüllung eines Schieferrieslings von 1200 Flaschen aus einem Weinfass, die nun in die Keller der an Hoganext beteiligten Betriebe wandern, um schon bald von den beteiligten Azubis in die Gläser ihrer Gäste eingeschenkt zu werden: Ein trockener, mineralischer Schieferriesling, der frisch zu den Frühjahrs- und Sommergerichten etwa mit Spargel und Salat getrunken werden kann: „Wichtig war uns, dass der Wein breit in der Gastronomie angeboten werden kann und so bei vielen Restaurantgästen für Aufmerksamkeit sorgt“, sagt Albrecht Ehses, Geschäftsführer Wein & Tourismus bei der IHK Trier. Er hat gemeinsam mit Völk das Faktenblatt zusammengestellt, damit die Azubis einheitliche Daten zum Wein vermitteln können.
„So ein Projekt hebt den Wert der Ausbildung enorm. Und mit diesem Wein kann ich verkaufen, wofür ich mit meiner Arbeit stehe“, sagt der 18-jährige Can Yavsan, Restaurantfachmann-Azubi im dritten Lehrjahr im Richtershof in Mülheim. Immerhin wird er mit seinen 13 anderen Hotel-Azubikollegen auch eine spezifische Weinschulung erhalten und den Hoganext-Azubiwein testen. „Das ist Pflicht für alle“, sagt Andrea Mereu, Operation Managerin des Hotels an der Mosel. „Bei uns muss auch der Koch wissen, welcher Wein zu welcher Speise gereicht wird“, sagt sie. Deshalb sei ein Projekt wie Hogenext auch so wichtig für die Branche: „Man lernt nie aus.“
Gastroleiter Pascal Brizin ergänzt: „Solche Projekte wie die Fachschulungen mit Rohstoffen wie Kaffee, Fleisch, Fisch, Käse oder Wein wären für die einzelnen Hotels allein nicht zu leisten. Somit lernen die Azubis ihren eigenen und andere Berufe wie den des Winzers mehr zu schätzen.“
Für Tanja Willems, Ausbildungsleiterin im Sporthotel & Resort Grafenwald in Daun, hat sich dieser Mehrwert bereits in Fakten umgesetzt: „Wir haben dank des Hoganext-Projekts für diesen Sommer bereits fünf neue Azubis gewinnen können“, sagt sie zufrieden. Zuvor hat es nur eine Auszubildende gegeben. Deshalb müsse man das Projekt noch bekannter machen, um die Hotel- und Gastro-Ausbildung in der Region zu forcieren. „Alle Betriebe erhalten hier die Sicherheit, den Azubis etwas bieten zu können, das ,on top’ gegeben wird“, sagt sie und verweist darauf, dass es Weinberge eben nicht in der Eifel gebe und die jungen Leute und ihre Betriebe so gegenseitig profitierten.

Julia Bach, Auszubildende zur Hotelfachfrau im ersten Lehrjahr im Sporthotel & Resort Grafenwald in Daun, links, und ihre Ausbildungsleiter Stefan Krings und Tanja Willems freuen sich über das regionale Ausbildungsprojekt Hoganext der IHK und den Azubiwein in Kooperation mit dem Weingut Van Volxem in Wiltingen.
Foto: Sabine Schwadorf
So sieht die Flasche Azubiwein des regionalen Ausbildungskonzepts Hoganext der IHK Trier mit dem Weingut Van Volxem in Wiltingen aus. Diese Sonderabfüllung werden die Lehrlinge wie Julia Bach (links) bald den Kunden kredenzen. Auch die Ausbildungsleiter Stefan Krings und Tanja Willems vom Sporthotel & Resort Grafenwald in Daun sind begeistert. Foto: Sabine Schwadorf
Foto: Sabine SchwadorfWorauf die Azubis und Ausbildungsleiter nun warten, ist eine vollständige Öffnung der Gastronomie in den kommenden Wochen, um die Gäste vom Gelernten und Erlebten überzeugen zu können. Julia Bach, Auszubildende zur Hotelfachfrau im ersten Lehrjahr in dem Dauner Hotel Grafenwald, ist begeistert: „Es ist toll mitzuerleben, was rund 20 Azubis alles bewegen können.“