Recht Neue Schilder braucht das Land

München/Eichstätt · Weil in unmittelbarer Nähe eine Frau vergewaltigt wurde, wies die Stadt Eichstätt auf einem großen Parkplatz Frauenparkplätze aus. Dagegen klagt nun ein junger Mann aus dem Rheinland. Er fühlt sich diskriminiert – und sieht auch eine Diskriminierung von Frauen.

 Das Schild weist auf einen  Frauenparkplatz hin.

Das Schild weist auf einen  Frauenparkplatz hin.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

(dpa) „Das ist ein Sieg für alle Frauenparkplätze in Deutschland“, sagt Hans Bittl, Leiter des Rechtsamts der Stadt Eichstätt, nach der Verhandlung erfreut. Im Streit um öffentliche Frauenparkplätze einigten sich die Stadt und der Kläger vor dem Verwaltungsgericht in München: Die Parkplätze dürfen bleiben, werden aber neu beschildert. Die Frage, ob Frauenparkplätze Männer grundsätzlich diskriminieren, blieb allerdings unbeantwortet.

Stein des Anstoßes ist ein städtischer Parkplatz im oberbayerischen Eichstätt. Nach der Vergewaltigung einer Frau im Jahr 2016 entschied sich die Stadt, dort Frauenparkplätze auszuweisen: gut beleuchtet, nicht so abgelegen. Dafür wird sie jetzt verklagt. Dominik B. Bayer, Jurastudent aus Nordrhein-Westfalen, war zu Besuch in Eichstätt, fühlte sich von den Frauenparkplätzen dort diskriminiert und zog deshalb vor Gericht.

Er wolle einen Beitrag zur Gleichstellung von Mann und Frau leisten, begründet der 26-Jährige seine Klage am Mittwoch. Die Frauenparkplätze würden nicht nur Männer diskriminieren – sondern auch Frauen, da sie suggerierten, dass Frauen nicht so weit laufen könnten und schutzbedürftig seien, sagt Bayer.

„Es ist nun einmal statistisch erwiesen, dass Frauen häufiger Opfer von Gewaltdelikten werden als Männer“, entgegnet Bittl. „Es geht allein um Sicherheitsgründe.“ In unmittelbarer Nähe gebe es ein Altenheim, viele Frauen träten dort spät abends oder früh morgens im Dunkeln den Schichtdienst an. Nach der Vergewaltigung 2016 sei die Einrichtung der Frauenparkplätze eine von mehreren Maßnahmen gewesen, um die Sicherheit auf dem Parkplatz zu erhöhen.

Die Schilder an den Parkplätzen seien „reine Hinweisschilder“, betont Bittl. Wenn sich ein Mann mit seinem Auto dorthin stelle, hätte dies keinerlei Konsequenzen. Dieses Argument lässt der angehende Jurist Bayer aber nicht gelten. Er versteht nicht, warum Frauen nur wegen ihres Geschlechts bevorteilt werden. „Diese Parkplätze suggerieren, dass öffentliche Sicherheit primär für Frauen gilt. Bedeutet das, dass Frauen ein größeres Recht auf Sicherheit haben als Männer?“, fragt er.

Doch damit beschäftigt sich das Gericht in München nicht. Gleich zu Beginn der Verhandlung macht der Richter deutlich, dass er nicht über die Rechtmäßigkeit von Frauenparkplätzen entscheiden werde. Ihm gehe es um die Ausgestaltung der entsprechenden Schilder. Im Gegensatz zu einem Schild, das auf einen Behindertenparkplatz hinweist, sind Schilder für Frauenparkplätze in der Straßenverkehrsordnung bisher ebenso wenig vorgesehen, wie für Eltern-Kind-Parkplätze. Aus diesem Grund machte das Gericht auch deutlich, dass es die Beschilderung der Eichstätter Frauenparkplätze für unzulässig hält. Sie würden den Eindruck erwecken, dass die Parkplätze ausschließlich von Frauen genutzt werden dürfen.

Die vom Gericht vorgeschlagene Einigung interpretieren beide Seiten als Erfolg. Die Stadt Eichstätt darf die Frauenparkplätze behalten, kündigte aber an, die strittigen Schilder bis Ende Februar abzubauen. Die neuen Schilder sollen ihren unverbindlichen Charakter deutlicher machen: Frauenparkplätze sind eine reine Empfehlung und Frage der Höflichkeit. Und auch Student Bayer ist mit dem Ergebnis zufrieden: „Ich bin froh, dass die gesellschaftliche Diskussion angestoßen wurde“. Er hofft, dass sich zukünftig mehr Menschen Gedanken darüber machen, ob es in unserer Gesellschaft geschlechterspezifische Privilegien geben soll.

Nach Einschätzung eines ADAC-Sprechers dürfte der Fall der erste sein, bei dem sich ein Gericht mit Frauenparkplätzen auf öffentlichen Parkplätzen befasst hat. Auf privaten Supermarktparkplätzen und in Parkhäusern sind spezielle Parkmöglichkeiten für Frauen gang und gäbe und privatrechtlich durch Nutzungsbedingungen geregelt.

Doch auch dort wurden Frauenparkplätze schon zum Fall für die Justiz, wie der Rechtsanwalt Geedo Paprotta aus Neumarkt in der Oberpfalz für seine juristische Kolumne in der „Mittelbayerischen Zeitung“ herausgefunden hat. 2013 verurteilte das Amtsgericht Landshut einen Mann zu einer Bewährungsstrafe und zur Zahlung von 5000 Euro. Er hatte einen älteren Herren niedergeprügelt, weil der sein Auto auf einem Frauenparkplatz abgestellt hatte.

„Ich möchte mich in der Kolumne nicht lustig machen über Frauenparkplätze, sondern über Leute, die sich über Frauenparkplätze lustig machen“, betont Paprotta im Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Frauen sind in unserer Gesellschaft massiv diskriminiert. Und Frauen und Männer gleich zu behandeln, hieße, nichts gegen diese Diskriminierung zu tun. Wir leben in einer Welt, in der Frauen nicht gut behandelt werden.“

Frauen würden sehr viel häufiger als Männer Opfer von Gewalt und bedürfen Paprottas Ansicht nach eines besonderen Schutzes. „Das gebietet der Anstand. Aber nicht, weil Frauen schwach sind, sondern weil Frauen einfach durch die Dummheit unserer Welt - und das ist eine sehr männliche Dummheit - massiv bedroht sind.“

(dpa)
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