Aus dem Archiv November 2018 Gewässer in der Eifel: Auf dem Trockenen

Bitburg-Prüm/Gerolstein · Die Eifeler Flüsse führen nach dem heißen Sommer weniger Wasser als in den vergangenen Jahren. Ein Fischsterben hat es zwar nicht gegeben. Experten können Katastrophen aber in Zukunft nicht ausschließen.

 Der Regen hat die Prüm bei Hermesdorf zwar wieder etwas stabilisiert. Doch noch immer ist der Pegel niedrig.

Der Regen hat die Prüm bei Hermesdorf zwar wieder etwas stabilisiert. Doch noch immer ist der Pegel niedrig.

Foto: TV/Christian Altmayer

Hundert Jahre lang hat sich niemand für die Granate interessiert. Im Ersten Weltkrieg wurde sie abgefeuert. Der Sprengkörper verfehlte allerdings sein Ziel und landete in der Kyll. Jahrzehntelang schlummerte der Querschläger nahe der Kläranlage des Bitburger Stadtteils Erdorf. Bis ein Spaziergänger den Sprengkörper im August fand. In den vergangenen Jahrzehnten lag das Projektil unter der Oberfläche. In diesem heißen Sommer aber war der Pegel der Kyll so niedrig, dass die Granate auftauchte.

Der Vorfall zeigt, wie wenig Wasser die Eifeler Gewässer vor wenigen Monaten noch führten. Noch immer liegen die Flüsse flach in ihren Betten. Der Regen der vergangenen Wochen hat Kyll, Prüm, Nims zwar „stabilisiert“, wie es Herbert Schneider, Fischereibeauftragter im Eifelkreis Bitburg-Prüm, ausdrückt. Doch sowohl der Mettericher als auch eine Sprecherin der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord) bestätigen, dass die Pegel weiterhin tief stehen.

Dies ist zwar laut der oberen Wasserbehörde „im Herbst üblich und gehört zum natürlichen Wasserhaushalt.“ Schneider spricht aber von einem „extremen Niedrigwasser“, das durch die monatelange Hitze und Dürre entstanden sei.

Die Pegel:  Dass die Wasserstände stark gesunken waren, lässt sich an Zahlen des rheinland-pfälzischen Landesamtes für Vermessung und Geobasisinformationen  belegen. Einen Mittelwert für den Wasserstand gibt es nach Auskunft der Behörde zwar nicht. Aber auch schon ein Blick in die Jahre 2016 und 2017 ist aufschlussreich:

Derzeit liegt der Wasserstand der Prüm bei Wiersdorf bei rund einem halben Meter. Im vergangenen Jahr war der Fluss zu dieser Zeit schon 30 Zentimeter höher. Noch gravierender: Die Nims bei Seffern und die Kyll bei Densborn in der Vulkaneifel führten 2017 fast doppelt so viel Wasser wie heute. Die Enz stand in Sinspelt sogar viermal so hoch. Derzeit ist das Flüsschen nur 11 Zentimeter tief. Vor einem Jahr waren es knapp 46 Zentimeter.

Interessant ist ein weiterer Wert, den das Landesamt erhebt: der „Abfluss“. Der misst, wie viele Kubikmeter Wasser an einer Messstation in einer Sekunde vorbeifließen. An  Prüm und  Nims waren das im Oktober mitunter weniger als ein halber Kubikmeter, was deutlich unter dem Mittelwert für Niedrigwasser liegt. Den bilden Experten anhand von Messungen der vergangenen 20 Jahre. Bei der Kyll und der Sauer sieht es kaum anders aus.

Die Analyse: Für die SGD Nord sind das zwar noch keine besorgniserregenden Zahlen. Wegen des Klimawandels sei aber davon auszugehen, sagt eine Sprecherin, „dass Extremsituationen sich verschärfen und Niedrigwasserphasen auch im Frühjahr auftreten können.“ Dies sei 2017 bereits vorgekommen.

Auch Fischereiexperte Herbert Schneider sagt: „Die Eifeler Gewässer haben den Sommer relativ gut überstanden.“ Dass es ein Fischsterben gegeben habe, sei dem Mettericher nicht bekannt. „Wenn es jetzt aber jedes Jahr so weitergeht, geht es mit dem Rückgang der Bestände los“, meint Schneider. Denn Niedrigwasser sei „alles andere als förderlich“ für einen Fluss.

Die Folgen: Zum einen werde der Lebensraum für die Tiere im Ökosystem enger, wenn sich weniger Wasser im Bett befindet. Und zum anderen sinke mit dem Pegel der Sauerstoffgehalt im Gewässer. Was im schlimmsten Fall dazu führe, dass Fische ersticken. Die Forelle etwa brauche viel Sauerstoff, leide also besonders unter dem  Niedrigwasser, sagt Schneider: „Es würde mir im Herzen wehtun, wenn die Tiere, die ich von klein auf kenne, aus unseren Flüssen und Bächen verschwinden würden.“

Der Fischereibeauftragte und die Sprecherin der SGD Nord sind sich einig, dass der Mensch dies nur auf eine Art verhindern kann: durch konsequenten Klimaschutz.

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