Diskussion über Gesteinsabbau in der Vulkaneifel „Fliegt über die Eifel und Ihr seht es!“

Daun · Bürgerinitiative, Grüne und Linke dagegen, Nabu zuversichtlich, Grubenbetreiber weitgehend einverstanden: Beschluss zu mehr Gesteinsabbau in der Vulkaneifel sorgt für kontroverse Diskussionen.

 Der Beschluss des Kreisausschusses zu deutlich mehr Gesteinsabbau in der Vulkaneifel sorgt weiter für Diskussionen.

Der Beschluss des Kreisausschusses zu deutlich mehr Gesteinsabbau in der Vulkaneifel sorgt weiter für Diskussionen.

Foto: TV/Mario Hübner

Das Ja des Kreises zu 500 Hektar mehr Gesteinsabbauflächen (der TV berichtete) stößt bei den Beteiligten auf unterschiedliche Resonanz.

Die Abbauunternehmen, vertreten durch Dorothea Kaleschke-Weingarten vom Baustoffverband Vero, kündigen an, dass sie sich „konstruktiv an der Erarbeitung eines Kreisentwicklungskonzeptes beteiligen“ werden. Der Verband tragen den „Kompromiss unter Zurückstellung von Bedenken in Bezug auf die Lavavorkommen mit, da hier der Fortbestand der Unternehmen für die Laufzeit des Regionalplanes sichergestellt werden kann“. Kritischer sei es bei der Basaltgewinnung. Da sieht der Verband „Nachbesserungsbedarf“. „Aus diesem Grund sehen wir die Maßgabe des Kreisausschusses, die Ausdehnung des Raumes für besonderen Koordinierungsbedarf auf den gesamten Landkreis auszudehnen, als sehr kritisch und nicht verhältnismäßig an“, sagt die Sprecherin.

Die Dauner Gruppe des Nabu (Naturschutzbundes Deutschland) hält es nach Worten seines Sprechers Hans-Peter Felten: für richtig, wie im aktuellen Kompromiss geschehen, „sich an der Realität und nicht an Wunschvorstellungen zu orientieren“. Der Nabu habe sich daher auch nie dafür ausgesprochen, Erweiterungen bestehender Gruben zu verhindern, sondern Erweiterungen an Bedingungen geknüpft. Zudem sei nicht der Blick auf Hektargrößen zentral, sondern, wo abgebaut wird. Für Felten die wesentlich wichtigere Frage. Er nennt ein Beispiel: „Wären die zusammen etwa 37 Hektar umfassenden Rohstofflagerstätten Dietzenlei und Reinertsberg für die Gesteinsgewinnung vorgeschlagen worden, hätte dies bedeutet, dass zwei weitere landschaftsprägende Berge verschwinden würden. Dies wäre für das Landschaftsbild wesentlich schädlicher als eine sogar deutlich über 37 Hektar hinausgehende Erweiterung bestehender Gruben wie beim Eselsberg/Hangelberg bei Dockweiler/Hinterweiler oder der Kyller Höhe.

Die Bilanz des agl-Vorschlags, um dessen Verbesserung sich der Nabu weiterhin bemühe, sieht vor, dass bisher unberührte Berge, insgesamt 17, auch künftig unangetastet bleiben. In 17 Gruben, darunter auch der markante Rockeskyller Kopf, soll der Abbau nur noch in dem bereits genehmigten Umfang fortgeführt werden. Damit würde der Abbau in absehbarer Zeit auslaufen, die Gruben könnten sich renaturieren. Erweiterungsmöglichkeiten soll es in 13 Bereichen geben, die laut Felten „ohnehin schon stark vorgeschädigt sind“.

Dietmar Johnen, Kreisgeschäftsführer der Grünen, gewinnt dem Beschluss des Kreisausschusses, der auf dem agl-Vorschlag basiert, hingegen kaum etwas Positives ab. Er sagt: „Der Raubbau an der einzigartigen Vulkanlandschaft geht mit diesem Beschluss, den die Grünen nicht mitgetragen haben, mit noch größeren Schritten weiter.“ Mit dem Votum würden zu den genehmigten 900 Hektar weitere 500 bis 600 Hektar hinzukommen. So würden Konzern-Interessen über die Interessen der Bürger und Bürgerinnen sowie der Jugend mit ihrer ,Friday for Future´-Bewegung gestellt“, sagte Johnen und kündigte an: „Wir kämpfen trotzdem weiter für die eine lebenswerte Welt, in der unsere Kinder und Enkel leben können.“

In die gleiche Kerbe schlägt Kreistagsmitglied Hildegard Slabik-Münter (Linke). Sie sagt: „Die Überausbeutung der Erde passiert nicht nur irgendwo auf der Welt, nein sie passiert auch genau hier vor unserer Haustür.“ Daher dürfe der Gesteinsausbau nicht ausgeweitet werden, sondern müsse verknappt werden – zum Beispiel durch einen hohen Bruchzins auf Gestein und Kalk . Ein Kreiskonzept müsse Instrumente entwickeln, wie die Überproduktion beim Gesteinsabbau gestoppt werden könne.

Zudem kritisiert sie, dass 481 Hektar bereits genehmigter Flächen „aus Naturschutz- und anderen Gründen heute nicht mehr genehmigungsfähig wären“. Ihr Appell, um sich einen Überblick über das Ausmaß des Gesteinsabbaus schon heute zu machen: „Fliegt über die Eifel und Ihr seht es!“

Hartmut Schmidt aus Daun, Mitglied der Planungsgemeinschaft Trier und der IG Eifelvulkane, sagt: „Glücklicherweise hat dieser Kreisausschuss sich im Bürgerinteresse gegenüber der Planungsgemeinschaft ausdrücklich vorbehalten, dass der am 26. Mai neu gewählte Kreistag doch noch ein ,Kreiskonzept´ in das Planungsverfahren einbringen kann. Hoffentlich mit konkreten Aussagen zum Umgang mit den ,illegalen´ Gruben, aber auch zur Reduzierung der weit übertriebenen Abbaumengen und den ökologisch auszurichtenden Folgenutzungen nach Abbauende.“

Schmidt kritisiert vor allem drei punten am Beschluss des Kreisausschusses: Erstens habe der Ausschuss zugestimmt, dass an mindestens 25 Stellen die für den Abbau bereits in Anspruch genommene Fläche von rund 200 Hektar gar nicht mehr erwähnt werde – unter anderem am Rudderbüsch in Oberbettingen, an der Baarley in Pelm, und in der Lavagrube am Gemündener Maar bei Daun. Zweitens führt er an, dass an 20 Stellen beziehungsweise auf einer Fläche von 430 Hektar des Kreisgebietes der Abbau illegal sei (wie in einem Gutachten vom Juni 2018 bestätigt), da er nach heutigen Gesichtspunkten nicht mehr genehmigungsfähig sei – und dass der Abbau dort dennoch ungehindert weitergehen könne. Es handelt sich um Gruben in Üdersdorf, Strohn, Schalkenmehren, Dreis-Brück, Gerolstein, Lissingen, Walsdorf, Kirchweiler, Rockeskyll, Roth und beim Kalkabbau in Berndorf und Ahrhütte. Und Schmidt kritisiert weiter: „Es ist völlig unverständlich, dass diese illegalen Abbauflächen mittel- und langfristig in sechs Bereichen noch um rund 100 Hektar erweitert werden können.“ Dritter Kritikpunkt: Der Abbau gehe weit über die regionale Versorgung hinaus.

Schmidt sagt: „Insgesamt hat der Kreisausschuss ohne Not einer Gesamtfläche von bis zu 1460 Hektar zugestimmt, was er Fläche von 2300 Fußballfeldern entspricht. Selbstverständlich geht damit der Verlust von Vulkanbergen an vielen Stellen weiter.“

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