Bürgerbus in Wittlich-Land Ein sozialer Treff auf vier Rädern

Binsfeld/Manderscheid · Bürgerbus der Verbandsgemeinde Wittlich-Land ist sehr beliebt. Für das Projekt werden weitere ehrenamtliche Fahrer gesucht. Im Januar geht ein neuer Bus in Betrieb.

 Ein Archivfoto aus dem Jahr 2016 zeigt: Gudrun Krumbiegel nutzt den Dienst des Bürgerbusses mit dem ehrenamtlichen Helfer Arnold Meyer.

Ein Archivfoto aus dem Jahr 2016 zeigt: Gudrun Krumbiegel nutzt den Dienst des Bürgerbusses mit dem ehrenamtlichen Helfer Arnold Meyer.

Foto: klaus kimmling

Ein leckeres Stück Kuchen und dazu eine Tasse Kaffee in der Kreisstadt: Was macht man, wenn man als Senior   in der Verbandsgemeinde Wittlich-Land plötzlich Lust auf einen Bummel in Wittlich bekommt, aber nicht selber fahren kann oder will?

„Um in der Stadt ein Stück Kuchen für 2,80 Euro zu essen, wird man als Rentner aus Binsfeld da sicher kein Taxi bestellen“, sagt Bürgermeister Dennis Junk. Deshalb sei der vor zwei Jahren eingeführte Bürgerbus der Verbandsgemeinde  auch keine wirtschaftliche Konkurrenz für die Taxiunternehmen.

Vielleicht ist das auch der Grund für seinen Erfolg. Nach nun genau drei Jahren seit seiner Einführung erfreut sich der Bürgerbus mittlerweile großer Beliebtheit.

Nutzung „Die Nachfrage ist stetig gestiegen“, sagt Junk. 2018 wurden 2400 Fahrgäste befördert. 2017 waren es 1850 und 2016 erst 1017 Fahrgäste.  Junk: „Anfänglich sahen das Projekt Bürgerbus viele  – auch wegen einer etwaigen Konkurrenz zu Taxiunternehmen – skeptisch. Wenn man jetzt die Statistik betrachtet,  sieht man, dass das Projekt ein Erfolg ist.“

Denn was hätten die 2400 Fahrgäste  ohne Bürgerbus gemacht, fragt Junk. Wären sie zu Hause sitzen geblieben? Oder hätten sie andere Mitfahrgelegenheiten gefunden? Vielleicht bei Familienangehörigen? Man weiß es nicht.

Im Rekordmonat Juni dieses Jahres fuhren 218 Bürger der Verbandsgemeinde mit dem Bürgerbus, der dafür 120 Fahrten zurücklegte. Ursprünglich wurde das Projekt ins Leben gerufen, weil die ärztliche Versorgung auf dem Land immer dünner wird und sich in zentralen Orten konzentriert, Bankfilialen und Läden schließen sowie Verwaltungen zu immer größeren Einheiten zusammengelegt werden. Doch viele Bürger der Verbandsgemeinde nutzen den Bürgerbus mittlerweile  auch, um ganz einfach am sozialen Leben teilzunehmen.

Mittlerweile würden sich auf den Dörfern Gruppen für gemeinsame Fahrten in die Kreisstadt bilden, sagt Junk. „Der Bürgerbus hat sich zu einer Art fahrbarem sozialen Treff entwickelt.“

Ehrenamt Möglich machen das 25 ehrenamtliche Mitarbeiter. 18 Fahrer und sieben Koordinatoren sorgen dafür, dass der Bürgerbus werktags über die Straßen der Verbandsgemeinde rollt. Eine von ihnen ist Rita Hagen aus Hetzerath. Die 64-Jährige nimmt als Teil des Organisationsteams die Fahrtwünsche der Bürger am Telefon entgegen. „Manchmal geht es da ziemlich stürmisch zu“, sagt die Seniorin. Ohne einen Anrufbeantworter könne sie den Andrang gar nicht bewältigen.

„Dann muss ich die Leute zurückrufen und, wenn der Bus schon voll ist, diskutieren, wie es gehen kann.“

Bei manchen Bürgern sei die Erwartungshaltung anfangs zu hoch gewesen, sagt Hagen. „Wenn der Bus mal voll war, sagten die Leute am Telefon: ‚Ich bin letzte Woche mit Ihnen gefahren, also fahre ich auch morgen mit.’“ Doch das habe sich mittlerweile gelegt, sagt Hagen.

Der Bürgerbus helfe älteren Menschen auf den Dörfern dabei,  weiterhin am Leben teilzunehmen und weitestgehend selbstständig zu bleiben.

Deshalb wirke sie auch bei dem ehrenamtlichen Projekt mit, sagt die Seniorin. „Zum Einkaufen müssten sie ja sonst jemandem einen Einkaufszettel in die Hand drücken und sagen: ‚Bring mir das bitte mit!’“ Dabei erfüllen die 18 ehrenamtlichen Fahrer des Bürgerbusses, allesamt Rentner aus der Verbandsgemeinde, teils noch größere Wünsche. Hagen:“Die gehen auch mit ins Geschäft einkaufen und tragen die schweren Taschen später zu Hause bis auf den Küchentisch.“

Außer den Begegnungen im Bürgerbus, meint Hagen, hätten einige Nutzer zu Hause kaum Sozialkontakt.

Das Bürgerbus-Team aus ehrenamtlichen Helfern sucht noch Verstärkung. Denn für manch einen  Mitstreiter aus der ersten Stunde werde es langsam Zeit aufzuhören. „Wir haben einen Fahrer, der war vor drei Jahren, als er anfing den Bus zu fahren, 77 Jahre alt und würde jetzt so langsam gerne aufhören.“

Fahrzeug Mit großer Freude erwarten die ehrenamtlichen Fahrer eine Neuanschaffung des Verbandsgemeinderates. Im Januar werde ein neuer Bus, der zurzeit noch foliert wird, in Betrieb genommen, sagt Junk. Der Ford Transit mit 130 PS im w´Wert von knapp 34 000 Euro werde die Fahrt durch die bergige Eifel erleichtern, meint Hagen. „Der alte Bus hatte bergauf schon mal Schwierigkeiten.“ Deshalb würden sich die ehrenamtlichen Fahrer auf das neue Modell mit stärkerer Motorleistung und angebrachten Trittbrettern an der Seite sehr freuen.

Kosten Aber was kostet die Fahrt mit dem Bürgerbus? Kann man umsonst fahren? Hagen: „Die meisten Passagiere geben einen freiwilligen Obolus und spenden für eine Fahrt so viel Geld, wie sie sonst für eine entsprechende Busfahrt ausgeben würden.“ Die durch den Betrieb des Bürgerbusses entstehenden Kosten wurden durch Sponsoreneinnahmen der Firmen RBB Aluminium (Wallscheid) und Karl-Heinz Ruppert (Esch) sowie freiwillige

Beteiligungen der Fahrgäste bisher vollständig gedeckt, sagt Junk.

Das Bürgerbusprojekt erhalte zudem von unterschiedlichen Firmen und Einzelpersonen unregelmäßig weitere Spenden. Junk: „Letztlich ist das Projekt aber nur deshalb möglich, weil die Ehrenamtlichen ihre Freizeit dafür unentgeltlich zur Verfügung stellen.“

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