Aus dem Archiv Januar 2019 Kreis-Bauernverband Bitburg-Prüm blickt in eine schwierige Zukunft

Üttfeld/Leidenborn · Extremes Wetter, Tierkrankheiten, neue Auflagen, Preisverfall und Globalisierung: Die Landwirte stehen wieder einmal im Spannungsfeld zwischen Ansprüchen und Möglichkeiten. Der TV hat vor dem Jahrestreffen des Kreisbauernverbands Bitburg-Prüm mit dem Vorsitzenden Michael Horper gesprochen.

  Rinder in Walcherath bei Prüm.

Rinder in Walcherath bei Prüm.

Foto: Fritz-Peter Linden

Sie sind, trotz Dauerdürre bis November und der Hochwasserfluten im Juni, noch einigermaßen durch das vergangene Jahr gekommen, die Landwirte im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Es gab bereits schlimmere Zeiten. „Wir hatten wirtschaftlich gar nicht das allerschlechteste Jahr“, sagt Michael Horper, der Präsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau und Vorsitzende des Kreisverbands.

Das Klima wird auch eine wesentliche Rolle spielen bei der Jahreshauptversammlung der Kreisbauern am Freitag, 1. Februar, 20 Uhr, im Gasthaus Kaut in Leidenborn: Denn als Fachmann haben sich die Eifeler Bauern den ZDF-Meteorologen Gunther Tiersch eingeladen. Er soll unter anderem die Antwort darauf geben, ob die Wetter-Extreme zum Normalfall werden.

Horper muss den Gesprächstermin mit dem TV übrigens kurzfristig verschieben. Grund: Gespräche mit der Tierärzteschaft wegen der Blauzungenkrankheit. Noch so ein Problem. Seine Forderung ans Land: Eine umfassende Impfung einzuleiten, am besten unter Übernahme aller Kosten. Denn Tierschutz und -gesundheit seien Staatsziele, sagt er. Wenn aber die Krankheit „außer Kontrolle gerät, dann wird das eine unendlich lange Geschichte“.

Und dann sind da die Probleme, die sich beim Hochwasser des vergangenen Jahres zeigten: An vielen Stellen gingen Maishänge ab und landeten als feinkörniger Schlamm in nahen Wohnhäusern, zum Beispiel auf der Schneifel. Das lag auch an den teils riesigen Maisfeldern, in denen die Pflanzen-Reihen in Hang­richtung – und nicht quer dazu – gesetzt waren. Was das Abrutschen zusätzlich erleichtert.

Was also tun? Zumal der Maisanbau, sagt Horper, für viele der insgesamt noch gut 1200 aktiven Betriebe im Kreis „die Lebensversicherung“ sei. Man sei dabei, die Landwirte zu sensibilisieren. Und das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum lege Versuche an, mit denen man einen umweltverträglicheren Anbau ermöglichen will. „Wir sind auch mit der Wasserwirtschaft im Dialog“, sagt Horper – um die Frage zu klären, wo man Pufferstreifen anlegen könne. Alle, auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, versuchten, Lösungen zu finden. „Aber das geht nicht von jetzt auf gleich.“ Dennoch werden in diesem Jahr bereits neue Anbauverfahren zum Einsatz kommen.

Und die Aufgaben werden nicht weniger: „Wir haben die höchsten Sozial- und Umweltstandards. Aber wir müssen in einem globalen System bestehen“, sagt Michael Horper. Und das bedeute unter anderem: Von überall her kommen die Nahrungsmittel ins Land, „spottbillig und aus aller Herren Ländern. Aber die scheren sich nicht um unsere Standards“, während die Bauern in Deutschland über jedes Auflagen-Stöckchen springen müssten: „Das macht vielen Betriebsleitern zu schaffen.“

Das gelte auch bei der Tierhaltung: Da habe es „noch nie einen so starken Wandel wie zurzeit“ gegeben, sagt Horper. Zwar seien die Landwirte in der Lage, die Haltungsbedingungen zu verbessern und die geforderten Standards zu erfüllen. Aber dann auch bitte zum entsprechenden Preis. Nur sei das eben dem Verbraucher an der Ladentheke meist „schnurzpurzegal“.

Hinzu komme das permanente Negativ-Bild, das von den Bauern als tierquälenden Massenhaltern gezeichnet werde. Und gleichzeitig „wollen alle immer Fleisch essen von Tieren, die nie geschlachtet werden“.

Noch so ein Thema: gentechnisch veränderte Organismen (GVO). Die will der Verbraucher nicht. Aber „wir bekommen kaum mehr für GVO-freie Milch“, die zudem „klinisch rein“ zu sein habe. Um aber alle Auflagen und Regelungen einhalten zu können, müssten praktisch alle Landwirte zugleich „Schriftgelehrte sein“.

Über die weltweiten Handelskonflikte, die grassierende „Wir-zuerst-Politik“ etlicher Regierender, die Folgen des Brexits, die drohende afrikanische Schweinepest, das Höfesterben, die Entwicklung zu immer weniger, aber größeren Betrieben und sonstige Sorgenthemen haben wir noch gar nicht gesprochen. Und doch: Er bleibe Optimist, auch wenn es immer schwerer werde, sagt Horper. Bauer sei noch immer „ein wunderschöner Beruf“, in dem der Nachwuchs vorrangig aus Familienbeständen stammt. Die meisten Bauernkinder, sagt Horper, „kommen ja mit Traktoren-Overalls zur Welt“. Schön gesagt – aber wie lange wird das noch so sein? Wenn Politik und Gesellschaft diese Dinge nicht im Blick behielten, „dann werden wir irgendwann keine Bauern und keine Tierhalter mehr haben“, sagt Michael Horper. „Dann erledigt sich das von selbst.“

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