Landespolitik TV-Redaktionsgespräch: Malu Dreyer setzt auf starke Frauen

Trier · Ministerpräsidentin Malu Dreyer redet im TV-Redaktionsgespräch über gesellschaftliche Tabus, Quoten und bayerische Männer.

 Im Gespräch mit TV-Chefredakteur Thomas Roth: Regierungschefin Malu Dreyer.

Im Gespräch mit TV-Chefredakteur Thomas Roth: Regierungschefin Malu Dreyer.

Foto: Sabine Schwadorf

Als Malu Dreyer im Redaktionsgespräch beim Trierischen Volksfreund sitzt, huscht ihr ein Lächeln übers Gesicht. In Bitburg, erzählt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin, besuche sie später noch eine Frauenfußball-Mannschaft. Und Frauenfußball habe doch gegenüber Jogis Jungs einen Vorteil. „Die deutschen Frauen gewinnen wenigstens fast immer die Turniere“, sagt Dreyer – und lacht.

Ein Wunder ist es nicht, dass die Triererin bei einer Tasse Kaffee auf Frauenfußball zu sprechen kommt. Was sich Frauen an Freiheiten erkämpft haben und weiter erarbeiten sollen, ist der Ansporn, mit dem Dreyer vor ihrem Urlaub in Norddeutschland zunächst noch durch Rheinland-Pfalz reist.

Nicht immer geht es bei den Themen, die sie bewegen, aber so bewegt zu wie beim Fußball. Gewalt gegen Frauen etwa gehört zu den Anliegen, auf die die Landeschefin mit ihrer Reise hinweisen möchte. Jede siebte Frau werde einmal in ihrem Leben zum Opfer strafrechtlich relevanter sexualisierter Gewalt, mahnt die SPD-Politikerin. „Das Problem: Noch immer reden wenige Frauen darüber.“ Das Land wolle ihnen helfen. Dreyer erwähnt, dass es in Krankenhäusern in Mainz und Worms bereits eine besondere medizinische Versorgung für Frauen gibt, die Opfer von Vergewaltigungen geworden sind. Ziel sei es, ein solches Angebot 2019 flächendeckend in Rheinland-Pfalz anzubieten.

Hoffnung setzt Dreyer in ein Programm, das der Bund angekündigt hat und von dem Frauenhäuser profitieren sollen. „Wir werden auch als Land weiterhin große Anstrengungen in diesem Bereich unternehmen“, sagt die Ministerpräsidentin.

Probleme sieht Dreyer ebenso, wenn es um die Rolle der Frauen in der Arbeitswelt geht. Sie spricht davon, dass es nach wie vor eine „strukturelle Benachteiligung von Frauen“ gibt. Frauen müssten zwar lernen, selbstbewusster für ihre Rechte einzustehen – zum Beispiel bei Tariflöhnen. Zugleich lobt die 57-Jährige Quoten, die den prozentualen Einsatz von Frauen verbindlich festlegen. „Ohne diese, da bin ich sicher, gäbe es nicht so viele Frauen in Führungspositionen.“

Apropos Quoten: Zurückhaltender äußert sich Dreyer, wenn es um das sogenannte paritätische Wahlrecht geht, nach dem Männer und Frauen in gleichen Anteilen in den Parlamenten sitzen sollen. Juristisch sei dazu in Deutschland noch keine eindeutige Haltung entwickelt, bis dahin müsse die Debatte fortgeführt werden. In Rheinland-Pfalz sah der Verfassungsgerichtshof ein solches Vorhaben einst skeptisch. Kritiker mahnen bei einem solchen Modell, dass dann neben Geschlecht auch das repräsentative Alter in der Gesellschaft abzubilden sei. Dreyer sieht die Parteien in der Pflicht, Frauen schon ohne Gesetz zu fördern. „Geht es um die Listen für die Parlamente, stellt die SPD bereits genauso viele Frauen wie Männer auf“, sagt die Ministerpräsidentin.

Auch in politischen Spitzenämtern wirbt die Landeschefin für mehr Frauen. Der CSU täte das beispielsweise gut, sagt sie und verpasst der bayerischen Partei, die zuletzt kein Freund der SPD war, damit einen Seitenhieb. Dreyer, die in der Mainzer Landespolitik wahrlich nicht als Befürworterin von Macho-Gehabe gilt, kritisiert die Rolle von Bundesinnenminister Horst Seehofer im Asylstreit. „Die Zeiten, in denen er als Ministerpräsident aus Bayern versucht hat, zu diktieren, was zu tun und zu lassen ist, sind vorbei“, sagt sie. Dreyers Verdacht zum Machtkampf des CSU-Gewichts mit Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Ich glaube, es ist kein Zufall, dass der Machtkampf aufkam, als der Skandal beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hochgekocht ist.“ Die Bundesbehörde, die dem Innenministerium unterstellt ist, stand wegen unberechtigt ausgestellter Asylbescheide in der Kritik. Auf die Frage, ob Seehofer noch tragbar ist, sagt Malu Dreyer: „Das muss die Kanzlerin entscheiden, nicht ich.“

Die Ministerpräsidentin blickt lieber auf das Land und auf Frauen, die sich Rechte erkämpfen.

 ... in Führungspositionen“, sagt  Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

... in Führungspositionen“, sagt Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Foto: Florian Schlecht
 ... gäbe es nicht so viele Frauen ...

... gäbe es nicht so viele Frauen ...

Foto: Florian Schlecht
 „Ohne Quoten, da bin ich mir sicher, ...

„Ohne Quoten, da bin ich mir sicher, ...

Foto: Sabine Schwadorf

So kennt es Dreyer übrigens aus ihrer Kindheit, sagt sie im Redaktionsgespräch in Trier: „Meine Mutter hat eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht und ist dann auch arbeiten gegangen, obwohl sie drei Kinder hatte. Dafür hätte sie meinen Vater rechtlich gesehen noch um Erlaubnis fragen müssen“, verrät sie über die Frau, die sie früh am stärksten inspiriert habe. „Meine Mutter habe ich immer sehr bewundert, weil sie schon sehr emanzipiert für ihre Zeit war.“

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