Entsorgung Biotonne & Co.: Eifeler Konterrevolution

Trier · Weil die Region Trier die Biotonne nicht will, haben die Bürger seit Januar die Biotüte. Jetzt sagt ein Dorf: Wir wollen die Biotonne. Und jetzt?

 Mit dieser Biotonne warben die Gegner einst gegen deren Einführung. In Altrich würden viele das „K“ wohl am liebsten streichen.

Mit dieser Biotonne warben die Gegner einst gegen deren Einführung. In Altrich würden viele das „K“ wohl am liebsten streichen.

Foto: TV/Rolf Seydewitz

Die ganze Region Trier ist gegen die Einführung der Biotonne. Die ganze Region? Nein. In der Eifel, zwischen Wittlich und Klausen, liegt ein nicht ganz so kleines Dorf mit Namen Altrich. Und dessen Gemeinderäte haben sich mehrheitlich für die Einführung einer Biotonne ausgesprochen. Ein Scherz. Mitnichten. Es kommt sogar noch doller. Denn die Altricher Gemeinderäte fassten diesen Beschluss am Donnerstagabend, während im 40 Kilometer entfernten Trier gerade die Vertreter des Abfallzweckverbands ART darüber informiert wurden, dass die Anfang des Jahres eingeführte Biotüte inzwischen von den Bürgern ganz gut angenommen werde.

Der Bernkastel-Witlicher Landrat Gregor Eibes (CDU), der auch Chef des Zweckverbands ist, hatte zu Beginn der ART-Versammlung noch einmal an den „langen, gemeinsam geführten Kampf“ erinnert, den man in der Region geführt habe, „um die Biotonne zu verhindern“. Der mit der Aufsichtsbehörde ausgehandelte Kompromiss, die Biotüte, habe zwar nach der Einführung im Januar „ein bisschen Schläge bekommen“. Aber inzwischen, so der ART-Boss, sei man optimistisch, das Ziel erreichen zu können.

Zu diesem Zeitpunkt wusste Gregor Eibes wohl noch nicht, dass sich zur gleichen Zeit ausgerechnet in seinem Heimatkreis eine kleine Konterrevolution anbahnte. Auf Antrag eines Mitglieds sprach sich der Altricher Gemeinderat in öffentlicher Sitzung dafür aus, das gerade erst gestartete Trierer Modell Plus mit den Biotüten einzustellen und stattdessen die Biotonne einzuführen. Eigenkompostierer sollen von der Aufstellpflicht befreit werden.

Sechs Ratsmitglieder stimmten dafür, drei dagegen, und fünf enthielten sich. Für Ortsbürgermeisterin Heike Knop ein Indiz für die „gemischte Stimmung im Gemeinderat“. Das Abstimmungsergebnis zeige, wie unterschiedlich das Thema bewertet werde, sagte Knop  unserer Zeitung.

Den Antrag auf den Weg gebracht hatte Ratsmitglied Stephan Müllers, der nach eigenen Angaben seit fast 20 Jahren im Bereich Abfallwirtschaft tätig ist. „Die Biotonne ist wirtschaftlicher und ökologisch sinnvoller“, begründet Müllers seine Initiative; die Biotüte sei dagegen eine „schlechte Dienstleistung für die Bürger“ und zudem unhygienisch.

Apropos Hygiene: Weil die Altricher beim Thema Reinigung der Sammelcontainer für den Bioabfall noch ein paar Fragen an den Zweckverband haben, hat der Gemeinderat auch bislang noch nicht sein Okay zur Aufstellung der Container gegeben. „Wir warten jetzt erst einmal ab, bis die Sache mit der Reinigung geklärt ist“, sagt die Ortsbürgermeisterin.

Andernorts in der Region ist es offenbar unproblematisch, dass auf die sogenannten Wertstoffinseln, wo schon Altglas- und Kleidercontainer stehen, auch noch Container für Biogut aufgestellt werden. Laut ART-Geschäftsführer Max Monzel wurden alle Bürgermeister in der Region angeschrieben und darum gebeten, einen Platz dafür zur Verfügung zu stellen. 98 Prozent derjenigen, die sich bislang zurückgemeldet haben, hätten positiv reagiert, sagte Monzel am Freitag unserer Zeitung. Derzeit gebe es schon 166 Container-Standorte in der Region, bis Ende des Jahres sollen es laut Monzel insgesamt 500 sein.

Ob die 1700-Einwohner-Gemeinde Altrich dazugehört, ist noch offen. Noch scheint dort niemand einen Sammelcontainer für Biotüten zu vermissen. „Ich hatte bislang noch keine Nachfrage aus der Bevölkerung“, sagt Ortsbürgermeisterin Heike Knop, „deshalb warten wir mal ab.“

Und was passiert mit dem Beschluss des Altricher Gemeinderats in Sachen Biotonne? Initiator Stephan Müllers gibt sich bescheiden. „Ich hoffe, dass der Meinungsbildungsprozess dadurch noch mal angestoßen wird“, sagt das Ratsmitglied. Bislang sei über das Für und Wider in der Bevölkerung ja noch nie richtig diskutiert worden.

Und was sagen die Verantwortlichen des Zweckverbands, denen die Entscheidung der aufmüpfigen Eifeler ja kaum gefallen dürfte? „Eine kurzfristige Beendigung des Trierer Modells Plus und die damit verbundene Einführung der Biotonne im Verbandsgebiet sind nicht vorgesehen“, sagt ART-Sprecherin Kirsten Kielholtz. Zudem trage das  Modell den gesetzlichen Vorschriften zur Getrennterfassung von Biogut Rechnung und wolle dem massiven Widerstand der Bevölkerung gegen die Biotonne gerecht werden.

Heißt  wohl im Klartext: Das Votum des Altricher Gemeinderats ist klar eine Minderheitsmeinung, die Karawane zieht weiter.

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