Heimat & Genuss Gin aus der Eifel erobert Hongkong

Dingdorf · In Dingdorf wird seit gut einem Jahr Wacholderschnaps gebrannt. Die Streuobstwiese des Uropas legte den Grundstein für eine echte Erfolgsgeschichte.

 Nicht nur Gin - in Dingdorf wird auch Schnaps gebrannt.

Nicht nur Gin - in Dingdorf wird auch Schnaps gebrannt.

Foto: TV/Stefanie Glandien

Es begann mit einer Schnapsidee. Und dann wurde Gin daraus – Euelsberger Gin. Und zwar richtig guter. Das sagen nicht nur die vielen Käufer, die den Euelsberger aus Dingdorf, einem kleinen Dorf mit 96 Einwohnern in der Verbandsgemeinde Prüm probiert haben, sondern auch die Tester beim China Wine & Spirits Awards, den größten und renommiertesten Wein- und Spirituosen-Wettbewerben in Hongkong.

Hinter dem Bauernhof von Irmhild und Hans-Heinrich Thomé liegt der Euelsberg mit seinen heute 100 Streuobstbäumen – Äpfeln, Birnen, Zwetschgen, Mirabellen und Walnüssen. Den Berg haben sie ihrer Tochter Claudia vererbt „Meine Frau Claudia und ich haben uns schon längere Zeit um die Bäume gekümmert“, sagt Stephan Thomé. „In einer durchzechten Nacht haben wir, zusammen mit meinem Schwager Ulrich, überlegt, aus dem Obst Schnaps zu machen.“ Er habe sich dann erkundigt, wie man an die Brennrechte kommt. Das ist nun bald fünf Jahre her.

Stephan Thomé ist hauptberuflich Vertriebsleiter bei einem Telekommunikationsunternehmen. Seine Frau ist bei einem Medienunternehmen verantwortlich für die Investorenkommunikation. Sie leben in Berlin und hatten bis vor ein paar Jahren vom Schnapsbrennen nicht die geringste Ahnung. Doch das Thema ließ Stephan Thomé nicht mehr los: „Ich habe zwei Jahre nur gelesen, mir Youtube-Videos angeguckt und mich mit anderen Brennern ausgetauscht.“

Anfang 2016 hat er seine eigene Destillieranlage bestellt. Der ehemalige Kälberstall auf dem Thomé-Hof in Dingdorf wurde zur schmucken Brennstube umgebaut und die handgefertigte Destille in den Raum eingepasst. Es konnte losgehen mit der Schnapsbrennerei. Doch dann kam alles anders.

„Ich trinke schon seit zehn Jahren gerne Gin. Und jetzt hatte ich diese Destille und dachte mir, warum soll ich nicht mal versuchen, Gin zu brennen?“ Gedacht – getan.

Im Großhandel für Homöopathie-Bedarf kauft Stephan Thomé 100 verschiedene Gewürze und fängt an zu experimentieren. „Meine Frau und ich haben uns hingesetzt, Aromen komponiert und zwölf verschiedene Gins gebaut“, sagt Thomé.

Im April 2017 war es dann soweit. Die besten drei Kreationen haben sie zusammen mit den Schwiegereltern und dem Schwager in Dingdorf getestet. „Die waren alle so unterschiedlich, wir konnten uns nicht für einen entscheiden“, sagt Claudia Thomé. „Aber wer ist schon so bekloppt und startet sofort mit der Produktion von drei Gins?“, sagt sie und lacht.

Doch alle drei Gins fanden an dem Abend ihre Fans. Und dann wurde beschlossen: Wir produzieren sie alle. Ende August war die große Einweihungsfeier der Brennerei. „Wir hatten 600 Flaschen fertig“, sagt Stephan Thomé. „Die Resonanz war super – wir mussten anschließend sogar nachproduzieren.“ Das Experiment war aufgegangen.

Was ist das Geheimnis des Euelsberger Gin? „Wir arbeiten transparent. Bei uns stehen alle Zutaten auf dem Etikett“, sagt er. „Und die sind erstklassig, Fair Trade,  mindestens biozertifiziert oder in Demeterqualität, von Hand gepflückt. Die Limetten, Zitronen und Orangen stammen aus Mallorca – „die sind ohne Dünger und ohne Pestizide am Baum gewachsen und werden voll reif geerntet und sind dadurch wahnsinnig aromatisch“, sagt Stephan Thomé.

Beim Entwurf des Etiketts bekommen sie prominente Hilfe. „Wir wollten einen coolen Namen, es sollte ein hipper Gin sein“, sagt Stephan Thomé. Claudias Cousin, Eric Remberg, Künstlername Specter, treibende Kraft von Aggro Berlin (Plattenfirma, die unter anderem die Rapper Sido und Bushido unter Vertrag hatte) , kreiert Logo und Etikett – eine fliegende Eule. Und je nach Füllung heißen die Gins Euelsberger 1, 2 oder 3.

Die Vermarktung läuft bisher über die sozialen Netzwerke, wie Facebook und Instagram. „Auf einer Messe waren wir noch nicht“, sagt Stephan Thomé. Doch schon jetzt ist der Euelsberger Gin eine Erfolgsgeschichte. „Nach zehn Monaten waren 1000 Flaschen weg“, freuen sich die Hobby-Brenner.

Versuchsweise schickt Stephan Thomé zwei Sorten seines Gins nach Hongkong zum Wein- und Spiritousen-Wettbewerb CWSA. Er gewinnt für beide (Pepper & Lemon 2018 und Plum Oriental 2017) die höchste Auszeichnung, die Doppel-Goldmedaille.  „Das muss man sich in etwa so vorstellen, wie bei uns die Verleihung der Kammerpreismünze der Landwirtschaftskammer“, sagt Stephan Thomé und lacht. Nur die Dimension dürfte vermutlich eine andere sein, wenn demnächst Chinesen in Hongkong und anderswo im Land des Lächelns Euelsberger Gin schlürfen.

„Ich habe Freude daran, dass die Leute mein Produkt gut finden“, sagt der gebürtige Niedersachse (Osterode), der sich durchaus vorstellen kann, später mit seiner Frau aus Berlin wieder in die Eifel zu ziehen. Und neue Pläne hat er auch schon: „Ich möchte im nächsten Jahr neue Gins kreieren.“

Ein weiteres Produkt gibt es schon. Zusammen mit André Macionga, Restaurantleiter und Sommelier bei Tim Raue in Berlin, hat Stephan Thomé bereits einen vierten Gin entwickelt. Der ruht schon in einem Stahlfass in Dingdorf und wartet darauf, in Flaschen abgefüllt zu werden. Der Name steht noch nicht fest. Euelsberger 4 wird er aber nicht heißen, sagt Stephan Thomé.

Aber ganz viel vom Euelsberg wird in den wacholderfreien Schnäpsen sein, die auch noch in der Destille in Dingdorf gebrannt werden. Aus in diesem Jahr bei bester Sonne gereiftem Streuobst, garantiert Bio und von Hand gepflückt.

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