Nürburgring Gefangen in der Grünen Hölle

Mainz · Noch immer ist die Nürburgring-Affäre nicht juristisch aufgearbeitet. Ex-Finanzminister Deubel wartet weiter auf einen neuen Prozess.

 Symbol für den jahrelangen Stress am Nürburgring:  Die Achterbahn Ringracer ist am 9. Februar 2012  hinter dem Logo „Grüne Hölle“ zu sehen. Der einst groß angekündigte Ringracer ist nie in Betrieb gegangen und ist mittlerweile verschwunden.

Symbol für den jahrelangen Stress am Nürburgring:  Die Achterbahn Ringracer ist am 9. Februar 2012  hinter dem Logo „Grüne Hölle“ zu sehen. Der einst groß angekündigte Ringracer ist nie in Betrieb gegangen und ist mittlerweile verschwunden.

Foto: picture alliance / dpa/Thomas Frey

Ingolf Deubel (SPD), der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister, wurde vor fünf Jahren verurteilt. Das Landgericht Koblenz urteilte, der 2009 zurückgetretene Ex-Politiker habe sich in 14 Fällen der Untreue und uneidlicher Falschaussage schuldig gemacht. Er sollte dafür dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Doch angetreten hat er diese Haftstrafe bislang nicht. Noch immer lebt Deubel, der unter anderem als Honorarprofessor an der Uni Münster tätig ist, in juristischer Ungewissheit. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil teilweise aufgehoben.

Deubel war bis zu seinem spektakulären Rücktritt Aufsichtsratsvorsitzender der Nürburgring GmbH. Die Privatfinanzierung des Ausbaus der Eifelrennstrecke zu einem Freizeitpark scheiterte. Als sich kein Investor für das rund 330 Millionen Euro teure Projekt fand, musste das Land einspringen und die Kosten übernehmen. Den Firmen, die am Nürburgring einen Ferienpark und ein Eventcenter bauten, gewährte die landeseigene Förderbank ISB 85,5 Millionen Euro. Das Land bürgte zu 100 Prozent für das Geld.

Doch zehn Jahre danach ist die Affäre noch immer nicht juristisch aufgearbeitet. Noch immer wartet der mittlerweile 68-jährige Deubel auf die Wiederaufnahme des Prozesses. Wann das Landgericht erneut über den Fall verhandeln wird, ist unklar. Bislang hat ein vom Gericht beauftragtes Gutachten noch gefehlt. Im Falle einer endgültigen Verurteilung droht dem Ex-Minister der Verlust seiner Pensionsansprüche.

Auch eine andere Hauptfigur in der Nürburgring-Affäre harrt der Eröffnung  eines neuen Prozesses: der Schweizer Finanzvermittler Urs Barandun. Gegen ihn hatte bereits 2015 das Verfahren in Mainz begonnen. Ihm wird vorgeworfen, dem Land, namentlich Deubel, einen nicht existierenden Investor für den Freizeitpark vorgespiegelt zu haben. Dabei ging es um zwei ungedeckte Schecks über 99 Millionen Dollar. Der Prozess platzte am sechsten Verhandlungstag, weil das Gericht erkannte, dass die Beweislage gegen den Schweizer zu dünn war. Das Landgericht beschloss die Einstellung des Verfahrens gegen ihn.

Doch das Oberlandesgericht kassierte auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Entscheidung. Daher muss das Landgericht den Prozess gegen Barandun neu aufrollen. Neu verhandelt wird nach Auskunft des Justizministeriums wohl Ende April oder Anfang Mai. Das teilte Justizstaatssekretär Philipp Fernis in einer Antwort auf eine Anfrage der CDU-Landtagsabgeordneten Alexander Licht und Matthias Lammert mit. Fernis bestätigt darin auch, dass das Strafverfahren gegen Deubel weiter anhängig ist.

Lammert und Licht wollten von der Landesregierung auch wissen, von wem sie wegen der Affäre Schadenersatz verlange. Laut Fernis hat Deubel gegenüber dem Land erklärt, dass er im Hinblick auf mögliche Schadenersatzansprüche nach einer rechtskräftigen Verurteilung auf die „Einrede der Verjährung“ verzichte. Damit könnte das Land den Ex-Minister in Regress nehmen.

„Deubel wird damit der Schwarze Peter zugeschoben“, wettert Licht. Er kritisiert, dass das Land offenbar keinen Schadenersatz für den entstandenen Vermögensschaden, den der Brauneberger CDU-Politiker auf über eine Milliarde Euro schätzt, leisten muss. Das Land habe die am Nürburgring erworbenen Grundstücke schließlich „für einen Apfel und ein Ei“ verkauft und damit einen enormen wirtschaftlichen Schaden verursacht.

Aus der Antwort des Justizministeriums geht auch hervor, dass das Land keine vertragliche Beziehungen zu Barandun hatte und daher auch keine Grundlage für Regressforderungen an den Schweizer sieht. Der insolventen Nürburgring GmbH sei laut deren Insolvenzverwalter durch den Finanzvermittler kein „nachweisbarer“ wirtschaftlicher Schaden entstanden, heißt es in der Antwort.

 Der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) verlässt am 16.  April 2014 das Landgericht in Koblenz. Auch fast fünf Jahre nach dem Untreue-Urteil gegen ihn lebt Deubel  heute juristisch weiter in Ungewissheit.

Der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) verlässt am 16.  April 2014 das Landgericht in Koblenz. Auch fast fünf Jahre nach dem Untreue-Urteil gegen ihn lebt Deubel  heute juristisch weiter in Ungewissheit.

Foto: Fredrik von Erichsen

Mit den früheren Aufsichtsräten, also auch mit Deubel, und führenden Mitarbeitern habe sich der Sachwalter der Nürburgring GmbH außergerichtlich über die Erledigung aller Schadenersatzansprüche geeinigt.

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