Wohnungsmarkt Genossenschaft macht Trier-Nord l(i)ebenswert

Trier-Nord · Vor zehn Jahren stand die Wohnungsgenossenschaft am Beutelweg vor dem Aus. Inzwischen bestimmt sie wieder maßgeblich die positive Entwicklung im Stadtteil und zeigt, wie Mietpreise von fünf Euro pro Quadratmeter auch ohne Förderung möglich sind.

 Freude über die gelungene Instandsetzung der Häuser in der Franz-Georg-Straße: Franca und Peter Günther im Gespräch mit Wogebe-Geschäftsführer Herbert Schacherer (links) und Sozialarbeiterin Gisela Gerhard.

Freude über die gelungene Instandsetzung der Häuser in der Franz-Georg-Straße: Franca und Peter Günther im Gespräch mit Wogebe-Geschäftsführer Herbert Schacherer (links) und Sozialarbeiterin Gisela Gerhard.

Foto: Rainer Neubert

Franca Günther kann sich nicht vorstellen, in einen anderen Stadtteil umzuziehen. „Aus Trier-Nord will ich nicht mehr weg“, sagt die 49-Jährige. Die Mutter von fünf Kindern lebt seit zehn Jahren mit ihrem Mann Peter in einem Haus der Genossenschaft am Beutelweg (Wogebe) in der Franz-Georg-Straße. Vom Lärm des vor dem Eingang reichlich vorbei fließenden Verkehrs ist in der schmucken Wohnung so gut wie nichts zu hören. Dafür fällt der Blick aus dem Fenster auf den gut gepflegten Garten hinter dem Haus, der bis zu den Privatgrundstücken an der Rambouxstraße reicht.

Mit drei ihrer Kinder wohnen die Günthers hier auf zwei Etagen. Der günstige Mietpreis von fünf Euro pro Quadratmeter ist deshalb möglich, weil sie 2008 das Angebot der Wogebe genutzt haben, bei der Instandsetzung ihres neuen Zuhauses tatkräftig mitzuhelfen. „Mein Mann hat zum Beispiel bei der Erneuerung der Böden und vielen anderen Dingen mit Hand angelegt und auch alles tapeziert“, sagt Franca Günther und zeigt stolz den guten Zustand der Wohnung.

Genau das sei das Ziel des Projekts „Trainingswohnen“ gewesen, verdeutlicht Wogebe-Geschäftsführer Herbert Schacherer. „Über einen Zeitraum von vier Jahren haben wir in die Bausubstanz und die größere Eigenständigkeit der Bewohner investiert.“ So sollte die Identifikation der Menschen mit ihren vier Wänden gesteigert werden. „Bei der Familie Günther und allen, die in den Häusern 41 bis 57 wohnen, hat das gut funktioniert.“ Zwar sei es wegen der wirtschaftlichen Probleme der Genossenschaft zunächst nicht dazu gekommen, Dach und Fassade so schnell wie geplant zu sanieren. Nach mehrjähriger Verzögerung war im November 2017 aber auch die neue Außengestaltung der Reihenhäuser fertig.

Weil für die Sanierung der Wohnungen keine Mittel der sozialen Wohnraumförderung in Anspruch genommen wurden, gelten sie nicht als Sozialwohnungen, für die derzeit eine Eingangsmiete von sechs Euro pro Quadratmeter verlangt wird. „Als sozial orientierte Vermietergesellschaft können wir auch für nicht sozial gebundene Wohnungen günstige Mieten anbieten“, sagt Schacherer nicht ohne Stolz. Voraussetzung: Mindestens ein Familienmitglied muss Mitglied der Genossenschaft sein.

Franca Günther ist das natürlich. Seit sechs Jahren engagiert sie sich zudem in der sechsköpfigen Bewohnvertretung für die Anliegen der derzeit fast 1400 Menschen in den 509 Wogebe-Wohnungen. „Zu mir kann jeder kommen, der Hilfe benötigt“, verspricht die aus Ruwer stammende Frau, die froh ist, dass die Wohnung genug Platz bietet, damit auch die 13-, 16- und 21-jährigen Kinder genug Rückzugsmöglichkeiten haben. „Meine Kinder bleiben hier“, ist sie überzeugt.

Herbert Schacherer verdeutlicht beim gemeinsamen Besuch auch, dass die Häuser in der Franz-Georg-Straße nicht modernisiert, sondern lediglich instand gesetzt wurden. So gibt es zum Beispiel keine Zentralheizung. Geheizt wird mit Holz. in den nächsten 18 bis 20 Jahren seien auch keine weiteren Arbeiten vonseiten der Wogebe in dem Gebäudekomplex geplant.

Rege Bauarbeiten sind allerdings einige Hundert Meter entfernt in der Thyrsusstraße zu beobachten. Auf der 3200 Quadratmeter großen Fläche neben dem von Musikbands für Übungszwecke genutzten Hochbunkers entsteht ein Gebäudekomplex mit 40 Wohnungen, etwa die Hälfte davon als Sozialwohnungen. Der Clou des Projekts „Wohnen mit Versorgungssicherheit“ ist die gemeinsame Entwicklung mit einem Pflegedienst, der eine 24-Stunden-Bereitschaft für pflegebedürftige Bewohner der Anlage und aus dem Quartier gewährleisten soll. Die etwa 5,5 Millionen Euro teure Baumaßnahme ist das vorläufig letzte Großprojekt der Wohnungsgenossenschaft. Es soll Ende 2019 fertig sein. „Bis auf zwei Einheiten sind bereits alle Wohnungen reserviert“, sagt Geschäftsführer Herbert Schacherer, der das genossenschaftliche Wohnen neben dem sozial geförderten Wohnungsbau als wichtige Komponente für bezahlbares Wohnen in Städten wie Trier sieht, in denen der Wohnungsmarkt angespannt ist.

 Liegenschaften der Wohnungsgenossenschaft

Liegenschaften der Wohnungsgenossenschaft

Foto: TV/Schramm, Johannes

Was für die Wogebe als Folgeprojekt kommen könnte, sei noch nicht spruchreif, sagt Schacherer. „Für uns ist allerdings klar, dass wir in Trier-Nord bleiben werden.“ Das gilt auch für Franca Günther und ihre Familie. Denn als Genossenschaftsmitglieder haben sie in ihren vier Wänden unbegrenztes Wohnrecht bei niedriger Miete.

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