Basketball Gladiators-Coach Marco van den Berg: „Ich behalte Trier im Herzen“

Trier · Basketball: Marco van den Berg verlässt die Gladiators Trier nach drei Jahren. Bevor er in die Niederlande zurückkehrt, spaziert er noch mal durch Trier.

 Nach drei Jahren fällt der Abschied nicht ganz leicht: Gladiators-Trainer Marco van den Berg spaziert mit dem TV-Reporter noch einmal durch Trier – hier vor dem Kurfürstlichen Palais.

Nach drei Jahren fällt der Abschied nicht ganz leicht: Gladiators-Trainer Marco van den Berg spaziert mit dem TV-Reporter noch einmal durch Trier – hier vor dem Kurfürstlichen Palais.

Foto: TV/Marek Fritzen

Das lässt er sich jetzt nicht entgehen. Wer weiß schon, wann er mal wieder hier sein wird. Marco van den Berg steigt die wenigen Treppenstufen empor, läuft über den Vorplatz, den die lange Trockenheit so staubig hat werden lassen. Er steckt den Kopf zur Türe hinein, grüßt freundlich, nimmt die Sonnenbrille von der Nase und stapft hinein. „Ob ich da wohl mal reinschauen kann?“ Diese Frage liegt ein paar Sekunden zurück. Marco van den Berg hat sie sich mehr oder weniger selbst gestellt und selbst beantwortet.

Es ist ein Nachmittag Anfang Mai. Die Sonne steht am wolkenlosen Himmel. 25 Grad. Durch den Palastgarten im Herzen Triers schieben sich asiatische Touristen-Gruppen. Es ist einer der vorerst letzten Tage, den Marco van den Berg in Trier verbringen wird. Mitte des Monats verlässt der 52-Jährige die Stadt an der Mosel. Drei Jahre als Trainer von Basketball-Zweitligist Römerstrom Gladiators Trier sind für ihn beendet. Drei Jahre, in denen er viel gesehen hat abseits von Halle, Umkleide und Büro. Barbarathermen? „Hab‘ ich mir angeschaut.“ Porta Nigra? „Na klar.“ Kaiserthermen? „Natürlich!“ Palastgarten? „Aber sicher!“ Nur das Kurfürstliche Palais am Rande des Palastgartens, das hat er noch nie von innen gesehen. An diesem Nachmittag, an dem er sich Zeit für einen Abschluss-Spaziergang durch die Stadt genommen hat, da nutzt er die Gelegenheit. Während mehrere Damen im Foyer des Palais ein Büfett aufbauen, huscht van den Berg freundlich grüßend durch die Tür und hinauf in den ersten Stock in Richtung Rokokosaal. „Wow“, ruft er von oben, „sehr, sehr schön – Trier kann so stolz sein auf seine Bauten, faszinierend – ich werde das alles vermissen“.

Einfach mal versuchen, einfach mal machen, was gibt’s schon zu verlieren? So war Marco van den Berg auch schon im Sommer 2015 – wie sonst hätte er sich auf das Abenteuer bei den damals frisch-gegründeten Gladiators Trier einlassen können? Als er im Juli 2015 unterzeichnet, gibt’s kein Team, gibt’s keinen Co-Trainer und so gut wie kein Vertrauen der Fans in den neuen Club. Das Trauma der TBB-Insolvenz wiegt schwer.

Drei Jahre später fängt van den Berg an zu lachen, wenn er sich an diese Zeit erinnert. Er läuft gerade durch die Neustraße in Richtung Hauptmarkt, als er erzählt: „Ich weiß noch gut, wie ich mich zu Beginn meiner Trierer Zeit telefonisch bei ehemaligen TBB-Dauerkartenkunden gemeldet habe, um sie zu überzeugen, uns zu unterstützen.“ Es sei darum gegangen, das Vertrauen der Fans zurückzugewinnen. „Mittlerweile würde ich sagen, ist das Vertrauen fast komplett zurück – Mission erfüllt.“

Juli 2015 bis Mai 2018 – knapp drei Jahre lang gehörten die Gladiators Trier und der Mann aus Groningen unweigerlich zusammen. Zweimal führte Marco van den Berg die Gladiatoren ins Playoff-Halbfinale, einmal ins Viertelfinale. „Das war einmal Halbfinale zu wenig“, bemerkt der Coach  grinsend. „Wir hatten Chemnitz im vergangenen Jahr im fünften Playoff-Viertelfinale am Rande der Niederlage, aber wir haben es damals nicht zu Ende gebracht.“

Ihm ist anzumerken, wie sehr ihn das damalige Ausscheiden noch heute beschäftigt. Auch wenn er betont: „Es ist vorbei, wir haben daraus gelernt.“

Während Marco van den Berg – hellblaues Hemd, beige Hose, Sonnenbrille – an diesem Nachmittag durch die Trierer Innenstadt spaziert, mal hier ein bekanntes Gesicht grüßt, mal da einer „Hallo“ sagt, spricht er über …

… Karl Marx: „Es ist richtig, dass die Stadt eine Marx-Statue errichtet hat. Klar, was die Leute aus seinen Ideen gemacht haben, ist eine andere Sache, obwohl ich viele Punkte aus dem Kommunistischen Manifest sofort unterschreiben würde. Es ist noch immer unehrlich, wie das in der Welt mit dem Geld läuft – auch wenn es schon viel besser ist als zu Marx‘ Zeit. Aber die Reichen werden immer reicher, das ist noch immer so, und damit bin ich nicht einverstanden.“

… seinen emotionalsten Moment in Trier

„Es gibt viele Höhepunkte. Was für mich am meisten hängenbleibt, ist die Tatsache, dass diese Menschen so persönlich den Kontakt zu uns gefunden haben und die Bindung über die Zeit immer stärker geworden ist. Ganz besonders war aber auch der Sieg gegen Vechta aus der abgelaufenen Saison, als Jermaine Bucknor in der allerletzten Sekunde den Dreier trifft und wir das Spiel dadurch gewinnen – das werde ich nicht vergessen. Aber auch die erste Saison, als es zunächst nicht so gut lief, wir den Turnaround dann doch geschafft haben und die Playoffs erreichten und dort im Viertelfinale gegen Favorit Kirchheim weitergekommen sind.“

… einen möglichen Bundesliga-Aufstieg der Gladiatoren: „In drei Jahren halte ich das für möglich. Drei Jahre dürften ein realistischer Zeitraum sein, um den Etat auf 2,5 bis 3 Millionen anzuheben. So etwas geht nicht über Nacht. Für junge deutsche Spieler ist Trier jetzt der vielleicht attraktivste Verein in der ProA. Für deren Entwicklung ist der Standort Trier sehr gut. Das ist eine Basis, um auch wirtschaftlich zu wachsen.“

… die sportlichen Krisen, die sich in jeder Trierer ProA-Saison zur Mitte der Spielzeit einstellten: „In jeder Saison gab‘s solche Phasen, in denen viele gedacht haben: ‚Wenn er jetzt noch ein Spiel verliert, dann fliegt er.‘ Und jedes Mal bin ich damit positiv und ruhig umgegangen. Das hat die Mannschaft natürlich auch gespürt. Ich habe nie daran gedacht, hinzuschmeißen, niemals.“

… die Trierer Straßen: „Trier ist eine derart schöne und lebenswerte Stadt, aber der Zustand der Straßen ist eine Katastrophe. Hier ein Loch, da ein Stein, da ein bisschen ausgebessert. Das muss dringend saniert werden. Bei uns in Holland ist so etwas nicht denkbar. Ich habe Oberbürgermeister Wolfram Leibe schon mal darauf angesprochen. Er hat mir erklärt, dass es mit der wirtschaftlichen Situation zu tun hat.“

… Gladiators-Kapitän Simon Schmitz: „Großen Respekt für Simon, denn er ist der einzige Spieler, der es fünf Spielzeiten unter mir ausgehalten hat (Schmitz spielte zuvor auch schon in Bayreuth unter van den Berg). Simon ist sowohl menschlich als auch sportlich ein Vorbild für junge Leute. Ein großartiger Kapitän, er gibt nie auf. Er ist zu einem Freund geworden.“

… seinen Nachfolger Christian Held: „Ich bin ein Fan davon, seinen eigenen Nachfolger auszubilden. Christian wird es auf seine eigene Art und Weise machen, hat seine eigenen Ideen, was sehr gut ist. Ich finde es fabelhaft, dass ein junger deutscher Coach die Chance bekommt, solch ein tolles Programm wie hier in Trier weiterzuführen. Er ist ein absoluter Basketball-Mann, das ist in seinem Blut drin.“

… das diesjährige Playoff-Aus gegen Crailsheim: „Man muss ehrlich zugeben, dass Crailsheim einfach besser war, sie haben sich verdient durchgesetzt. Ich kann damit sehr gut leben, denn auch wenn wir verloren haben, war die Saison für uns alle ein Erfolg. Wir sind unter die vier besten Teams der ProA gekommen – nicht Köln, nicht Hamburg, nicht Heidelberg, sondern wir haben das geschafft. Wer hätte das vorher gedacht? Das war eine ganz tolle Leistung des Teams.“

… Jermaine Bucknor: „Nachdem er die Folgen seiner Hüft-OP im vergangenen Sommer überstanden hatte, wurde er immer besser und extrem wichtig fürs Team. Menschlich ist er einer der Besten, den ich jemals gecoacht habe. Jermaine ist so sozial intelligent, besitzt ein derart starkes Gefühl für seine Mitspieler. Er leistet oft die Dinge, die nicht in einer Statistik auftauchen, die aber sehr wichtig sind, um ein Spiel zu gewinnen. Er ist zu einem Freund geworden. Es wäre sehr wichtig für die Gladiators, wenn er bleibt.

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Nach zwei Stunden geht der Spaziergang zu Ende, van den Berg muss los. Er hat noch viel zu regeln. In seiner Wohnung im Hochwald warten Umzugskartons darauf, gepackt zu werden. Auspacken wird er sie in wenigen Wochen in seiner neuen Wohnung in der Amsterdamer Innenstadt. In der Metropole arbeitet der frühere niederländische Nationaltrainer zukünftig als Leiter der neuen Nachwuchs-Akademie des niederländischen Basketballverbands, lebt somit auch näher bei seiner Familie – ein Wunsch seiner zwölfjährigen Tochter Jasmin.

 Marco van den Berg vor dem Trierer Dom.

Marco van den Berg vor dem Trierer Dom.

Foto: TV/Marek Fritzen
 Ein großer Moment: Marco van den Berg nach dem Auswärtssieg in Heidelberg.

Ein großer Moment: Marco van den Berg nach dem Auswärtssieg in Heidelberg.

Foto: Sebastian J. Schwarz/sjs / Sebastian J. Schwarz

„Ich behalte Trier im Herzen“, sagt er grinsend und spaziert davon in Richtung Porta Nigra.

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