Justiz Gruselige Vermutung: Viele Morde werden nie entdeckt (Video)

Es fehlt an Medizinern, die auf Leichenschauen spezialisiert sind. Der Chef des Trierer Gesundheitsamts fordert eine bessere Qualifizierung. Das Ministerium will „optimieren“.

Justiz: Gruselige Vermutung:  Viele Morde werden nie entdeckt (Video)
Foto: dpa/Patrick Seeger

Bleiben in Rheinland-Pfalz jedes Jahr Dutzende Morde unentdeckt, weil Ärzte bei der Leichenschau Fehler machen? Experten gehen davon aus, dass deutschlandweit jährlich mehrere Tausend nichtnatürliche Todesfälle „übersehen“ werden, darunter etwa 1200 Tötungsdelikte.

Künftig sollten deshalb nur noch qualifizierte Ärzte für die Totenschau zuständig sein, sagt der Chef des Trierer Gesundheitsamts, Dr. Harald Michels. Der Leitende Medizinaldirektor weiß, wovon er spricht: Michels wird von der Kripo seit Jahrzehnten bei Todesfällen gerufen, und er macht im Krematorium vor der Einäscherung die sogenannte zweite Leichenschau.

Fällt ihm dabei etwas auf, was der auf dem Totenschein vermerkten natürlichen Todesursache widerspricht, werden Polizei und Staatsanwaltschaft eingeschaltet und der Leichnam obduziert. Das komme immer wieder mal vor, sagt Michels.

Dabei gehe es aber nicht nur um möglicherweise übersehene Verbrechen. Häufig werde bei der Leichenschau auch nicht entdeckt, dass jemand etwa an den mittelbaren Folgen eines Unfalls gestorben sei.

Die Polizeigewerkschaften GdP und BDK fordern deshalb schon seit Jahren eine Professionalisierung der Leichenschau. Es könne nicht jeder Arzt in jeder Situation eine korrekte Totenschau machen, sagt GdP-Landesvize Bernd Becker. Die Mediziner müssten hierfür eigens geschult und fortgebildet werden, meint BDK-Landesvorsitzender Christian Soulier.

Gemeinsam mit mehreren rheinland-pfälzischen Medizinern hat die Gewerkschaft der Polizei eine Initiative qualifizierte Leichenschau gegründet, die auch die Politik mit ins Boot nehmen will. Im zuständigen Mainzer Gesundheitsministerium schien der Reformeifer in diesem Bereich bislang eher verhalten. Das bestehende System der Leichenschau habe sich bewährt, antwortete die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) im März auf eine Anfrage des Konzer CDU-Landtagsabgeordneten Bernhard Henter.

Inzwischen habe das Ministerium aber für nach der Sommerpause eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe angekündigt, die laut GdP „Optimierungsmöglichkeiten unterhalb der Schwelle von Rechtsänderungen identifizieren“ soll.

Das klingt nicht so, als würde sich bei der Leichenschau in Rheinland-Pfalz rasch etwas ändern.

Der Volksfreund setzt seine Serie über spektakuläre Verbrechen in der Region fort. Dieses Mal geht es um einen 15 Jahre zurückliegenden Fall, der als Pizza-Mord bundesweit Schlagzeilen gemacht hat.

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