MUSIK Gelebte Schlager, wo sonst die Wallfahrer beten

Klausen · Guildo Horn und die Orthopädischen Strümpfe haben die Zuschauer in der Klausener Wallfahrtskirche mit dem Programm „Schlager unser“ mitgerissen. Aus Rücksicht auf den Veranstaltungsort verzichtet er jedoch auf ein Ritual.

 Guildo in Hochform: Zusammen mit den Orthopädischen Strümpfe tritt er in der Wallfahrtskirche in Klausen auf.

Guildo in Hochform: Zusammen mit den Orthopädischen Strümpfe tritt er in der Wallfahrtskirche in Klausen auf.

Foto: Christoph Strouvelle

Guildo Horn und die Orthopädischen Strümpfe in kirchlichem Ambiente: 320 Besucher sind in die Klausener Wallfahrtskirche gekommen, um den Trierer und seine Band mit Liedern wie „Wunder gibt es immer wieder“, „Hier ist ein Mensch“ und „Guildo hat euch lieb“ zu erleben.

Und sie erleben einen Guildo Horn in Hochform: Angekündigt von Pfarrer Albert Seul, der vor dem Konzert noch schnell zum Ehrenmitglied der Orthopädischen Strümpfe ernannt wird, macht er die Wallfahrtskirche mit seinem Programm „Schlager unser“ zur Partybühne. „Schlager ist die Sprache der Liebe, deshalb passt es so gut an diesen Ort“, sagt er.

Immer wieder verlässt er die Stufen zum Altarraum, wo auch die Band positioniert ist, läuft durch den Gang zwischen den Kirchenbänken, auf die er auch mal klettert, um die Zuschauer mitzureißen.

Und diese gehen mit - von der ersten Minute an. Bereits beim ersten Lied, Ti amo, schunkeln die ersten in den Kirchenbänken, lassen sich von ihm zum Mitsingen der Silben „Nana-Nanana“ zur Melodie von Life is Live animieren und geraten auch auf der Empore in Wallung. (Horn: „Ich will Euch hüpfen sehen.“)

Nach der Pause sitzt zwischen Beichtstuhl, Altarraum und Orgel zu Liedern wie „17 Jahr, blondes Haar“ und „Moskau“ kaum noch jemand auf den Kirchenbänken. Dort, wo die Wallfahrer und Gläubige sonst ihren Segen erhalten, klatschen und singen die Konzertbesucher jetzt mit.

Die Gesangshefte, die vor der als Mitsingkonzert avisierten Veranstaltung an die Besucher verteilt worden sind, hätte es nicht gebraucht. Horn und die Band ziehen ihr Programm meist so laut durch wie bei jedem anderen Konzert auch, so dass man die Stimmen der Besucher kaum hört.

Und in den Momenten, in denen die Band leiser wird, weil Horn die Zuschauer zum Singen animiert, zeigen sich diese textsicher, auch ohne ins Liederheft zu schauen. Zudem singt Horn nicht alle Songs, die im Heft stehen, dafür sind dort Stücke aus dem gebotenen Programm wie „Guildo hat Euch lieb“ und „Er gehört zu mir“ nicht abgedruckt. Doch nimmt der Sänger offenbar Rücksicht auf den Konzertort: sein Hemd zieht er aus, das Unterhemd mit blauem Muster behält er an.

Wie empfinden die Zuschauer den Kontrast von Schlagermusik und Kirchenraum? „Ich bin gerade deswegen hier, weil es was Einmaliges ist“, sagt Cornelia aus Trier. „Das Ambiente ist außergewöhnlich“, meint Patrick Rensch aus Wittlich.

Und auch Heidi Juchems aus Bruch findet das Konzert toll, „wenn auch gewöhnungsbedürftig.“ Ihrer Schwester Steffi Beuler-Ungers aus Bergweiler gefällt es ebenfalls gut, doch sie glaubt, ihre „Oma würde sich im Grab umdrehen. Aber so lange der Pastor damit einverstanden ist…“

Wäre ein solches Konzert in einer Kirche vor 20 Jahren möglich gewesen? „Wahrscheinlich nicht“, sagt Tobias Marenberg, der die Veranstaltung koordiniert hat. Doch sei die Kirche im Wandel, sagt er. Im Vorfeld habe er nur positive Rückmeldungen für dieses Event erhalten. Im Vorverkauf waren die 320 Karten innerhalb von drei Stunden weg.

Nach den Prinzen im Vorjahr ist Guildo Horn der zweite populäre Künstler, der in der Wallfahrtskirche aufgetreten ist. Und Verhandlungen für ein Konzert im kommenden Jahr laufen schon, sagt Marenberg, während die Techniker Lautsprecher und Scheinwerfer abbauen.

Denn für den kommenden Tag ist eine Männerwallfahrt angesetzt. An der Stelle, wo am Freitagabend Guildo Horn und die Orthopädischen Strümpfe die Besucher in Partystimmung versetzen, wird dann der Trierer Weihbischof die Wallfahrer segnen.

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