Serie Kulturmacher Jochen Leuf und Toby Urban wollen Trier mit der Kulturkarawane bunter machen

Trier · Feines Akustik-Festival, Kultur-Mobil und Kunst auf dem Rasen: Die Kulturkarawane will Trier bereichern.

Jochen Leuf und Toby Urban wollen Trier mit der Kulturkarawane bunter machen
Foto: Andreas Feichtner

Der Traum: Mit einem knallroten Londoner Doppeldecker-Bus von Trier nach Kambodscha. 11 000 Kilometer quer durch Europa und Asien. Mit Herz und Kopf voller Musik und Ideen. Ein großes Abenteuer soll es werden – eine, nun ja, richtige Kulturkarawane. Das war der Antrieb, der Motor, der Namens-Impuls, als vor sechs Jahren die Wahl-Trierer Jochen Leuf, Aline Pichon und Toby Urban die Kulturkarawane ins Leben riefen. Aus der Bus-Karawane zum Angkor Wat oder an den Mekong wurde zwar noch nichts. Pichon ist inzwischen auch nicht mehr dabei. Aber jede Menge andere Projekte haben die Macher auf den Weg gebracht.

Eins davon feiert heute fünften Geburtstag: Das „Melodica“-Akustikfestival, das von Donnerstag bis Sonntag im Trierer Frankenturm über die Bühne gehen wird, ist zugleich ein gutes Beispiel für die Arbeit der Karawanenführer. In Metropolen gesehen, für gut befunden, nach Trier gebracht – und das erfolgreich. Das Singer/Songwriter-Festival wurde von einem Australier in Melbourne entwickelt, Ableger gibt es von New York über Reykjavik bis Wien – und in vier deutschen Städten: Köln, Hamburg, Berlin und Trier.

„Wir haben gesagt: Wir wollen es gleich richtig machen“, sagt Toby Urban, den es vor 13 Jahren von Leipzig nach Trier gezogen hat. Das heißt: Idealismus allein reicht nicht, die Organisation muss professionell sein. Guter Sound, gutes Licht. Das macht es Musikern und Zuschauern gleichermaßen angenehmer. Der Mann mit dem markanten Vollbart ist als Veranstaltungstechniker mit Schwerpunkt Tontechnik schließlich vom Fach – und sein Arbeitgeber, ein großer Trierer Veranstaltungstechniker, sponsert das „Melodica“.
Ansonsten wäre ein Festival ohne kommerzielle Interessen und mit freiem Eintritt auch kaum zu stemmen – ein Obolus wird aber sehr gerne gesehen. Und, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Dass die Zuschauer ihre Getränke nicht selbst mitbringen, sondern ihr Bier oder ihre Cola an der Theke kaufen.

Für Toby Urban und Jochen Leuf, die auch zusammen in der Band Oazo spielen, ist das Festival ein „Herzblut-Projekt“, in das sie gerne viel Zeit und Leidenschaft stecken. „Wir bekommen inzwischen sehr viele Anfragen von Musikern, die gerne beim „Melodica“ spielen wollen“, sagt Jochen Leuf. „Leider müssen wir auch einigen absagen.“ In diesem Jahr spielen Musiker aus Deutschland, aber auch Dänemark und Israel im Frankenturm. Untergebracht werden sie bei Freunden und Unterstützern.
Jochen Leuf, selbst Sänger und Gitarrist, kam vor 18 Jahren zum BWL-Studium nach Trier – und er blieb auch gern nach dem Abschluss, auch wenn es ihn über den Winter gerne in die Sonne treibt. „Ab und zu brauche ich eine Atempause“, sagt er. Inspirationen holt er sich auch mal in den Metropolen. „Aber Trier ist sehr lebenswert. Und die Zusammenarbeit mit der Stadt läuft auch sehr gut.“

Für Toby Urban hat die überschaubare Größe auch einen Vorzug: „Es ist ziemlich easy, hier etwas auf die Beine zu stellen“, sagt er. Da passt es, dass sich Leuf auch mit Zahlen bestens auskennt: Mit Leidenschaft Kultur voranzubringen, sollte und muss schließlich nicht immer zugleich „Selbstausbeutung“ bedeuten.

Schon die erste Veranstaltung der Kulturkarawane – der Moselschätze-Designmarkt am Moselufer –, wurde zum großen Erfolg. Auch der Sterntaler-Weihnachtsmarkt im Brunnenhof wird von der Kulturkarawane organisiert. Ein größeres „Umsonst & draußen“-Festival, gerne an der Mosel, steht auf der Wunschliste von Toby Urban und Jochen Leuf: So etwas fehle noch in Trier. Auch ein „Rudelsingen“ können sich beide gut in Trier vorstellen – ein Format zum Mitsingen für Hunderte Sänger samt Chorleiter und Begleitung an Gitarre oder Klavier. In vielen deutschen Städten haben sich solche Events schon etabliert.

Den roten Doppeldecker haben Leuf und Urban zwar noch nicht dauerhaft auf die Straße gebracht, dafür aber das blaue Kultur-Mobil „Klein Anders“ – ein liebevoll restaurierter alter Ford Transit, der bei vielen Veranstaltungen in Trier auch schon im Einsatz war. Die Kulturkarawane hatte im vergangenen Jahr auch in Zusammenarbeit mit der Stadt den „Flying Grass Carpet“ – einen 800 Quadratmeter großen Kunstrasen samt wechselnder Kulturveranstaltungen – für zehn Tage auf den Trierer Viehmarkt geholt. Eine Aktion, die sehr gut angenommen wurde. Jochen Leuf könnte sich eine Rückkehr des fliegenden Teppichs vorstellen – gerne hintereinander in den vier Quattropole-Städten Trier, Saarbrücken, Luxemburg und Metz. Ob es dazu kommen wird, ist aber noch offen.

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