Nachwuchs in der Politik Junge Eifeler erklären, warum sie wählen gehen

Bitburg · Der TV hat mit Schülern und Azubis aus Bitburg über deren Interesse an den Europa- und Kommunalwahlen am 26. Mai diskutiert.

Die Teilnehmer des Exzellenzkurses (Schüler vom St.-Willibrord-Gymnasium in Bitburg und Auszubildende der Volksbank Eifel) haben für den Trierischen Volksfreund über die anstehenden Kommunal- und Europawahlen diskutiert.

Die Teilnehmer des Exzellenzkurses (Schüler vom St.-Willibrord-Gymnasium in Bitburg und Auszubildende der Volksbank Eifel) haben für den Trierischen Volksfreund über die anstehenden Kommunal- und Europawahlen diskutiert.

Foto: TV/Björn Pazen

Wie groß ist das Interesse an den anstehenden Europa- und Kommunalwahlen? Wie viele potenzielle Erstwähler werden ihre Stimme am 26. Mai abgeben? Was sind die wichtigsten Themen, die junge Menschen bewegen? Was müssen Parteien oder generell die Politik besser machen, um Jungwähler an die Wahlurne zu bewegen? Der Trierische Volksfreund hat nachgefragt – bei 29 Teilnehmern des Exzellenzkurses aus Bitburg, Oberstufenschülern des St.-Willibrord-Gymnasiums und Azubis der Volksbank Eifel, die teilweise schon bei der vergangenen Bundestagswahl wahlberechtigt waren, aber nun die erste Kommunal- und Europawahl ihres Lebens vor sich haben. Das Positive: So ziemlich alle Teilnehmer, die wählen dürfen, werden dieses Recht auch am 26. Mai nutzen.

Hier ausgewählte Statements der Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus der rund 90-minütigen Diskussion.

MARLEE Ich war bei der Bundestagswahl wählen, weil man verhindern muss, dass nicht nur Rechtspopulisten wählen gehen und den Profit aus der allgemeinen Politikverdrossenheit schlagen. Wir hatten die Wahlen sehr intensiv im Sozialkundeunterricht besprochen, das hat mich motiviert, wählen zu gehen.

Das Ansinnen der Schülerinnen und Schüler ist, dass möglichst viele Menschen ihre Stimmen am 26. Mai sowohl bei der Wahl zum Europaparlament in Straßburg (Bild) als auch für die Gremien vor Ort bei der Kommunalwahl abgeben.

Das Ansinnen der Schülerinnen und Schüler ist, dass möglichst viele Menschen ihre Stimmen am 26. Mai sowohl bei der Wahl zum Europaparlament in Straßburg (Bild) als auch für die Gremien vor Ort bei der Kommunalwahl abgeben.

Foto: dpa/Jean-Francois Badias

CHRISTIAN Ich war bei der Bundestagswahl wählen und habe für die SPD gestimmt, wegen Martin Schulz. Ich werde auf jeden Fall wieder wählen gehen.

SARAH Viel mehr junge Menschen sollten wählen gehen, so können sie sich für ihre Gesellschaft einsetzen, speziell bei der Kommunalwahl. Ich gehe wählen!

LINA Demokratie ist die Herrschaft des Volkes, das Volk soll sich beteiligen, damit es weiter in einer Demokratie leben kann.

Junge Eifeler erklären, warum sie wählen gehen
Foto: TV/Ilse Rosenschild

ROBIN BURGER Man sollte bei allen Wahlen seine Stimme abgeben. Die Europawahl ist momentan in den Medien präsenter, wegen der Brexit-Diskussion und dem Nationalismus in vielen Ländern. Aber die Kommunalwahl ist genauso relevant, schließlich geht es da um die Entscheidung für die Region, in der wir leben.

ANNE Die ganze Brexit-Diskussion zeigt doch jetzt, wie viele Vorteile es hat, in Europa und der EU zu leben. Und dafür muss man sich einsetzen, dass es so bleibt.

SUSANNE Und wegen des gesamten Rechtsrucks in Europa ist es wichtig, zur Wahl zu gehen und für Europa zu stimmen.

CHIARA Und genau deswegen sind die Wahlen gerade in diesem Jahr so bedeutsam.

LENA Aber die Kommunalwahl betrifft uns hier direkt, unsere Stimme hat hier vor Ort Wirkung.

MARIELENA Man muss sich ja einfach vor Augen führen, dass in Brüssel oder Berlin anders Politik gemacht wird als in Rittersdorf. Da stehen ganz andere Themen auf der Agenda, und da entscheiden Parteien im Bund anders als vor Ort, zum Beispiel beim Thema Landwirtschaft.

ROBIN HÄNSLI Ich denke auch, dass die Kommunalpolitik die wichtigere Politik ist, weil es eben um meine Heimat geht. Und die Kommunalpolitiker treffe ich immer wieder. Die Entscheidung bei der Kommunalwahl geht doch über Bekanntheit. Wenn ich seit 20 Jahren mit Michael Billen in die Kneipe ein Bier trinken gehe, dann wähle ich ihn auch. Wenn ich Nico Steinbach in der Stadt treffe und ihn sympathisch finde, wähle ich ihn. Das ist bei Europapolitikern eben anders. Die trifft man nie.

ELENA Unsere Eltern kennen die Leute, wir nicht! Die Politiker müssen sich auch mehr an uns wenden!

Eine Projektgruppe aus dem Geschichte- und Sozialkunde-Leistungskurs des Willibrord-Gymnasiums Bitburg samt Teilnehmern des Exzellenzkurses hat mit einem Stand in Trier zum Thema Demokratie informiert.

Eine Projektgruppe aus dem Geschichte- und Sozialkunde-Leistungskurs des Willibrord-Gymnasiums Bitburg samt Teilnehmern des Exzellenzkurses hat mit einem Stand in Trier zum Thema Demokratie informiert.

Foto: TV/Robin Burger

SANDRA Aber Politiker haben zumindest gelernt, auf welchen Kanälen sie uns erreichen könnten, siehe den Podcast von Angela Merkel.

ROBIN B. Die Parteien verschaffen sich durch Instagram oder zum Beispiel Chats mit Wählern eine Nähe durch das Internet.

JANA Die Politik muss aber mehr Anreize für junge Menschen schaffen und das Interesse erhöhen, damit mehr von uns wählen gehen. Wenn man bedenkt, dass 70 Prozent aller Gesetze in Deutschland von der EU kommen, sieht man, wie wichtig die Europawahl ist, aber genauso wichtig ist die Region. Interessant ist, wie die Parteien über soziale Netzwerke versuchen, junge Menschen zu erreichen.

ROBIN B.: In diesem Zusammenhang, speziell bei der Entscheidung über Artikel 13 und das europäische Urheberrecht im Internet, fühlen sich viele Jugendliche von der Politik nicht repräsentiert. Sie fühlen sich von den Politikern nicht verstanden – und so etwas führt dann eben auch dazu, dass viele junge Leute nicht wählen gehen. Und der genannte Zusammenhang spiegelt die Distanz der Politiker zu den Menschen wider.

SANDRA Die Parteien müssen mehr Nachwuchsarbeit betreiben und mehr Werbung, um junge Menschen zu erreichen. Die Nachwuchsorganisationen der Parteien müssen da mehr machen.

SAMANTHA Viel Druck bei der Wahlentscheidung kommt auch von den Eltern, die Einfluss ausüben wollen mit Sprüchen wie: „Du kennst dich doch nicht aus, also sage ich dir, was du wählen sollst.“ Wenn Jugendliche dann eine eigene Meinung haben, kommt es oft zu Konflikten.

LENA Ich glaube nicht, dass Eltern Druck ausüben, viel mehr machen die Medien Druck, dass immer weniger Leute wählen gehen. Das Thema wird aufgebauscht.

MILENA Viele junge Menschen gehen nicht wählen, weil sie Angst haben, die falsche Wahl zu treffen. Aber ich denke, das ist eine Ausrede, weil sie sich einfach nicht mit Politik befassen wollen, obwohl es durch Familie, Freunde, Internet und Unterricht doch genügend Möglichkeiten gäbe, sich zu informieren. Sie fühlen sich eben keiner Partei verbunden, haben sich aber vielleicht auch nicht mit den Programmen befasst.

MARIELENA Aber es ist doch bei den Programmen immer so: Es wird viel versprochen vor der Wahl, und dann läuft doch alles anders. Das führt zu Enttäuschungen und Frust.

CELINA Das Problem ist aber auch, dass Volksparteien ein so breitgefächertes Programm haben, weil sie es jedem rechtmachen wollen. Deswegen wählen junge Leute eher kleine Parteien mit einem sehr spezifischen Programm.

SANDRA Viele Jugendliche sagen, dass sie sich von keiner Partei vertreten fühlen und gehen deswegen nicht wählen. Und: Politiker sind altmodisch und gehen nicht auf junge Leute zu.

CAROLINE Ich finde die Politiker auf kommunaler Ebene ehrlicher, denn sie sind keine lebenslangen Berufspolitiker, sondern gehen immer noch einem Job nach. Sie sind auch ganz normale Bürger und haben die Nähe zu den Wählern nicht verloren. Das ist in Brüssel anders.

SANDRA Ich denke, auf kommunaler Ebene hat man mehr Verständnis für die Politiker, es gibt häufiger Lob, wenn etwas gut läuft. Und auf dieser Ebene akzeptieren die Leute auch eher eine Entscheidung, weil es keine andere Möglichkeit gab, als so zu entscheiden.

ULLA Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum sich junge Menschen nicht in der Politik engagieren: Weil sie generell viel weniger Interesse an Ehrenamt haben und weil ihnen neben dem Beruf eben andere Dinge wichtiger sind.

STEFAN Man darf nicht denken, dass man Veränderung bekommt, wenn man nicht wählen geht. Man muss gerade dann wählen gehen, wenn man unsere Standards halten will, denn uns geht es vergleichsweise gut – und das soll so bleiben.

MARIELENA Und daher sollten sich Leute bewusstmachen, dass sie als Nichtwähler nur den extremen Rand stärken. Jugendliche sollten nicht nur an Protest denken, sondern sich für eine Partei aus der Mitte entscheiden, denn Extreme bringen nichts für die Zukunft.

ULLA Genau durch diese Unzufriedenen und die These „Ich kann doch sowieso nichts verändern“ kommt zum Beispiel die AfD zu ihren Stimmen.

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