Untreue-Affäre im Jugendamt Kreistag fordert neutralen Aufklärer

Bitburg · Affäre um Veruntreuung im Jugendamt der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm: Sechs Augen und ein Staatsanwalt reichen dem Gremium nicht aus.

 Infos erwünscht: Der Kreistag fordert eine lückenlose Aufklärung des Betrugsfalls in der Kreisverwaltung.

Infos erwünscht: Der Kreistag fordert eine lückenlose Aufklärung des Betrugsfalls in der Kreisverwaltung.

Foto: Uwe Hentschel

Glaubt man dem Anwalt des ehemaligen Mitarbeiters der Kreisverwaltung, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt, so wurde dem Verwaltungsbeamten die ihm vorgeworfene Unterschlagung von mehr als 1,5 Millionen Euro recht einfach gemacht. Nach Aussage seines Mandanten seien lediglich drei Mausklicks notwendig gewesen, um das Geld abzuzweigen, erklärte der Anwalt kürzlich im TV-Interview.

Nur drei Mausklicks und schon verschwindet das Geld in dunkle Kanäle - ist das wirklich so einfach? Diese Frage beschäftigt viele. Unter anderem auch Horst Büttner, der sie in der Sitzung des Kreistags entsprechend formuliert und darauf dann auch eine Antwort bekommt. „Wir können das mit den drei Mausklicks widerlegen“, sagt Landrat Joachim Streit. Näheres dazu werde er aber erst im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung sagen, fügt Streit hinzu. Gewissermaßen gehe es ja hierbei „um die Anleitung zum Bombenbauen.“

Die genauen Details zum Vorgang werden der Öffentlichkeit also aufgrund der hohen Sprengkraft vorerst voenthalten. Dabei jedoch soll es nicht bleiben. Denn alle Fraktionen des Kreistags sind sich einig, dass dieser Vorgang, der sich über einen Zeitraum von 13 Jahren erstreckte, lückenlos aufgeklärt werden muss. Und dass dafür gesorgt werden muss, dass sich so etwas in der Zukunft nicht wiederholen kann.

Daran interessiert ist auch die Behörde selbst, die deshalb in der Kreistagssitzung nicht nur die Anfragen zu dem Vorfall beantwortet, sondern auch einen entsprechenden Beschlussvorschlag vorlegt. Demnach soll der Landrat damit beauftragt werden, Vorschläge zur Vorbeugung von Betrugsfällen zu erarbeiten und dem Kreistag darüber berichten. Außerdem soll die im Haus verwendete Finanzsoftware so optimiert werden, dass sie nicht nur den Anforderungen der Gemeindehaushaltsverordnung gerecht wird, sondern auch darüberhinaus gehenden Sicherheitsanforderungen erfüllt. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, mit Hilfe einer Unternehmensberatung ein internes Kontrollsystem für das Jugendamt zu erarbeiten.

Dieser Beschlussvorschlag der Verwaltung stößt grundsätzlich auf Zustimmung, geht einigen Mitgliedern des Kreistags aber nicht weit genug. So fordert Michael Billen, Fraktionsvorsitzender der CDU, dass sich die Verbesserung der Kontrolle nicht auf das Jugendamt, sondern auf die gesamte Behörde beziehen müsse. „Die CDU-Fraktion unterstützt diesen Beschlussvorschlag mit der klaren Zusage, dass, falls nötig, der Kreistag auch Geld zur Verfügung stellt, um den Blick von außen zu gewährleisten und um sinnvolle Maßnahmen umzusetzen“, so Billen.

Bernd Spindler, Fraktionssprecher der SPD, stellt den Antrag, zur Aufarbeitung des Vorgangs einen neutralen Sachverständigen zu beauftragen. „Sonst bleibt immer das Geschmäckle in der Luft, die Verwaltung habe sich selbst untersucht“, sagt Spindler. Womit sich die Behörde angreifbar mache.

Dem schließt sich auch Hans-Jürgen Götte von der FDP an. Es gehe schließlich um „Transparenz und um vertrauensbemühende Maßnahmen“, weshalb die Beauftragung eines neutralen Gutachters durchaus sinnvoll sei. Dem vom FWG-Sprecher Dirk Kleis geäußerten Vorschlag, zunächst die Arbeit der in diesem Fall ohnehin ermittelnden Staatsanwaltschaft abzuwarten, kann Götte nichts abgewinnen. „Die Staatsanwälte sind ja keine Wirtschaftsprüfer“, meint der FDP-Mann. Ihnen gehe es in erster Linie nur um die Aufklärung der Straftat.

Büroleiter Carl Diederich ist da anderer Auffassung.

„Die Staatsanwaltschaft wird das schon hinterleuchten“, meint Diederich, bevor er dann erklärt, was es mit dem im Verlauf der Diskussion des öfteren angesprochenen Vier-Augen-Prinzips auf sich hat. Im konkreten Betrugsfall wurde das praktiziert, was aber offensichtlich nicht gereicht hat, um die Straftat zu verhindern. „Das erste Augenpaar gehört demjenigen, der jetzt in Untersuchungshaft sitzt“, sagt der Büroleiter, und das zweite Paar dem Leiter des Jugendamts. Dessen Aufgabe bestehe aber lediglich darin, durch seine Unterschrift, die ihm vorgelegte Zahlungsanweisung zu genehmigen. Aufgabe des Abteilungsleiters sei es nicht, die Berechtigung ein zweites Mal zu prüfen, betont Diederichs.

„Das, was wir gemacht haben, entspricht den gesetzlichen Vorgaben“, sagt der Landrat. „Wir haben den Anspruch, nicht nochmal Opfer zu werden und wir werden uns an die Spitze der Aufklärung und der Verhinderung solcher Straftaten stellen“, so Streit. Um das zu gewährleisten, wird das Vier-Augen-Prinzip im Jugendamt nun durch eins mit sechs Sehorganen ersetzt. Das sei sehr personalaufwendig, erklärt der Behördenchef, und werde deshalb auch nur so lange praktiziert, bis es andere Sicherheitsmaßnahmen gebe.

Was den von der Verwaltung vorgelegten Beschlussvorschlag betrifft, so wird dieser um die entsprechenden Anregungen erweitert und vom Kreistag schließlich einstimmig akzeptiert.

Zusätzlich zu den internen Untersuchungen und den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wird also auch noch ein neutraler Gutachter den gesamten Vorgang analysieren. Es kommt demnach noch mindestens ein weiteres Augenpaar hinzu.

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