Wissenschaft Sogar die Berliner Charite klopft an
Bernkastel-Kues · Die Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte gewinnt an Bedeutung.
Es gibt sicher noch Leute, die nichts mit der Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte anfangen können, ja vielleicht noch nie von ihr gehört haben. Die Zahl der Unkundigen dürfte aber schon deshalb sinken, weil unter ihrem Dach seit einigen Jahren auch die Volkshochschule (VHS) Bernkastel-Kues firmiert.
Die hat ein sehr großes Angebot, etwa 130 Kurse. Und es wird Leute geben, die über diesen Kontakt auch zur Akademie finden, die im Mosel-Gäste-Zentrum im Stadtteil Bernkastel ihren Sitz hat.
Wer nicht weiß, was die Akademie genau tut: Geschäftsführer Matthias Vollet, der seit etwa drei Jahren auch die VHS leitet, sagt es mit einem Satz: „Sie eröffnet Wissenschaftlern, Studierenden, Schülern, Senioren und überhaupt allen interessierten Bürgern und Gästen der Region eine Möglichkeit, sich in zugleich intensiver und freundlicher Atmosphäre mit wichtigen philosophischen und geisteshistorischen Themen zu befassen.“ Das passt natürlich zu der Stadt, in der 1401 Nikolaus Cusanus, Kardinal und Philosoph, geboren wurde, dessen Werke auch im 21. Jahrhundert noch ihre Bedeutung haben. Verbandsgemeinde und Stadt fördern die Ende Oktober 2009 offiziell eingeweihte Akademie mit aktuell 86 500 Euro pro Jahr. Die Stadt stellt auch die Räumlichkeiten zur Verfügung.
Was viele Menschen vielleicht nicht wissen: Die Akademie verfügt über eine große Bibliothek. „Sie ist öffentlich und wächst weiter“, sagt Vollet. „Wir bringen auch Bücher“, fügt er an. Das ist vor allem ein Angebot für die Menschen, die die Räume im oberen Bereich des Mosel-Gäste-Zentrums am Gestade nicht erreichen können. Denn es gibt keinen Aufzug.
Mit den Geldern von VG und Stadt verfügte die Akademie im Jahr 2017 über Einnahmen von 195 000 Euro. Finanzquellen sind neben besagten Geldern unter anderem Spenden und Drittmittel für Forschungsprojekte. „So läuft derzeit ein eigenes medizinhistorisches Projekt mit der Charité in Berlin“, berichtet Matthias Vollet.
Die Charité zählt zu den größten Universitätskliniken Europas. Dort forschen, heilen, lehren und lehren Ärzte und Wissenschaftler auf hohem Niveau. Über die Hälfte der deutschen Nobelpreisträger für Medizin und Psychologie, unter anderem Robert Koch und Paul Ehrlich, stammen von dort. „Wir sind eine kleines, aber feines Wissenschaftszentrum“, sagt Vollet nicht ohne Stolz.
Knapp 139 000 Euro hat die Akademie im vergangenen Jahr van Personalkosten aufgewendet. Insgesamt lagen die Ausgaben, so Vollet in der gemeinsamen Sitzung von Verbandsgemeinderat und Stadtrat, bei 162 000 Euro. Da bleibt so gar noch etwas für die Rücklagen über. Die Akademie hat natürlich auch starken Kontakt zur Cusanus Hochschule. „Wir hatten schon fünf Praktikanten von dort“, berichtet Vollet.
Ein weiterer Schwerpunkt der Akademie ist die Bildungsarbeit mit der Volkshochschule. So gibt es Deutschkurse, in erster Linie für Migranten. Sie werden 2018 mit kulturellen Angeboten, zum Beispiel der Vortragsreihe „Geschichte der Herkunftsländer der Flüchtlinge“ verbunden.
Außerdem gibt es ab dem 21. Februar in dem Zusammenhang eine Vortragsreihe, in der Berufe (Schreiner, Bäcker, Dachdecker, Koch etc.) vorgestellt werden. Angeboten wird auch ein Lesekreis (Deutsche Literatur) für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. Und wer Kino mag, ist bei der Akademie auch richtig. Das kleine Kinofestival dreht sich in diesem Jahr um den schwedischen Kult-Filmemacher Ingmar Bergmann.
Die Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte hat ihren Platz offenbar gefunden. „Sie ist nicht mehr wegzudenken“, sagt Ulf Hangert, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues.