Brauchtum Wasser für den Kopf, Hörner für den Waschbär

Bitburg · Oldtimer, Nachwuchsmusiker und begossene Täuflinge – Gäßestrepper, Autohäuser und Vereine versorgen Bitburg mit buntem Festprogramm.

 Mit großen Geleitzug werden die Täuflinge in der Kutsche zum Gäßestrepperbrunnen gefahren.

Mit großen Geleitzug werden die Täuflinge in der Kutsche zum Gäßestrepperbrunnen gefahren.

Foto: Martin Recktenwald

Die bewährte Kombination aus Gäßestrepperfest in der Innenstadt und Autofestival im Gewerbegebiet ist an diesem Wochenende um eine dritte Komponente erweitert worden: ein Fest der Bitburger Vereine. Insbesondere für die Kinder gab es so noch mehr Abwechslung im Programm.

Heiß begehrt waren bei den Jüngeren die Instrumente am Stand des Städtischen Musikvereins Bitburg. Beim Testen zeigte sich rasch: Aller Anfang ist schwer. Feste pusten alleine reicht nicht, um der Trompete einen Ton zu entlocken. Aber mit ein klein wenig Übung klappt’s bei vielen mit der Lippenstellung. Doch plötzlich zerreißt ein Knall die Luft: Ein Schlagzeuger hat dem Nachwuchs einen Trick gezeigt, wie’s richtig laut wird.

 Die Patres der Gäßestrepper genießen die Taufen sichtlich -der Scherz geht auf Kosten der Getauften am Pranger, wie hier Patricia Hoffmann.

Die Patres der Gäßestrepper genießen die Taufen sichtlich -der Scherz geht auf Kosten der Getauften am Pranger, wie hier Patricia Hoffmann.

Foto: Martin Recktenwald

Von Seiten des Vereins hoffte man, durch diese Präsentation neue Orchestermitglieder zu gewinnen. „Schade! Die beiden, bisher musikalischsten Kinder kamen heute Morgen aus Saarbrücken“, tauschte sich die Stand-Mannschaft aus. Aber im Laufe des Tages finden sich dann auch etliche Talente aus dem Bitburger Raum.

 Französische Klassiker sind beim Autofestival reichlich vertreten.

Französische Klassiker sind beim Autofestival reichlich vertreten.

Foto: Martin Recktenwald

Insgesamt 40 der rund 60 Bitburger Vereine haben sich an der neuen Veranstaltung der Initiative „Bitburg engagiert sich!“ beteiligt. Auf der Bühne „Am Spittel“ zeigten Musik-und Tanzgruppen ihr Können. Die Eröffnung übernahmen die „Jagdhornbläser Kyltall Echo“.

 Am Spittel haben die Vereine eine Bühne aufgestellt. Hier zeigen vor allem Chöre ihr Können.

Am Spittel haben die Vereine eine Bühne aufgestellt. Hier zeigen vor allem Chöre ihr Können.

Foto: Martin Recktenwald

Am benachbarten Stand des Landesjagdverbands Rheinland-Pfalz  wurden die Tiere des Waldes vorgestellt. Hier konnte man – zumindest in ausgestopfter Form – sogar der scheuen Wildkatze begegnen. Ein anderer Neuzugang hat hingegen keine Berührungsängste mit dem Menschen. Der aus Nordamerika eingewanderte Waschbär sorgt für Unruhe im heimischen Ökosystem. Und wird deshalb schon bejagt - 380 000 Exemplare wurden deutschlandweit im vergangenen Jahr erschossen. „Inzwischen gibt es ein eigenes Jagdhornsignal für einen erlegten Waschbären“, erzählte Karl-Heinz Neumann vom Landesjagdverband. Wie bei jedem Jagdwild sei dies auch eine Art Respektbezeugung vor dem getöteten Tier.

Im Gewerbegebiet „Auf Merlick“ tummelte sich derweil die Fraktion der Sammler. Genauer gesagt: Die Sammler alter Auto-Schönheiten. Im Laufe des Wochenendes fanden sich rund 1000 Besitzer von Oldtimern und Youngtimern mit ihren Schmuckstücken beim Autofestival ein. Die „Bitburg Classic“ ist längst überregional bekannt, aus Luxemburg, Belgien und sogar Ostfriesland reisten Teilnehmer an. Auf eine Anmeldung verzichten die Organisatoren von der „Werbegemeinschaft Autohäuser der Stadt Bitburg“ seit vergangenem Jahr, denn auch spontan entsteht eine riesige Schau. Vom überlangen US-Straßenkreuzer über PS-starke Renn-Flundern bis zu französischen Klassikern wie „Citröen 2 CV“ war alles vertreten.

Doch selbst das schönste Automobil wäre für das Ritual der Gäßestrepper nicht angemessen gewesen. Hier musste eine Kutsche her, begründet man doch seine Tradition auf ein legendäres Ereignis im Dreißigjährigen Krieg. Verkleidet als Ziegen narrten seinerzeit die Bitburger ihre schwedischen Belagerer und gaukelten ihnen vor, Nahrung im Überfluss zu haben. Solcherlei Schlitzohrigkeit gehört aus Sicht der Gäßestrepper dazu für echte Bitburger Buben und Mädchen. Doch ein einfaches Bekenntnis reicht nicht aus, um diesen Ehrentitel führen zu dürfen: Erst muss ordentlich getauft werden. Und das bedeutet für die Kandidatinnen und Kandidaten stets einige Unannehmlichkeiten.

Großzügig spendierten die Zeremonienmeister, die Patres, auch diesmal das Taufwasser. Über Haare und Rücken der Täuflinge wurde die Mischung aus Kyll- und Nimswasser, Bier, Bohnenkraut und allerlei anderen geruchsintensiven Ingredienzien gegossen. „Geadelt“ wurden diesmal: Reinhard Egner von den Freunden der Gäßestrepper aus St. Goar, der langjährige Kutscher der Täuflinge, Friedel Hülpes, und die frühere Karnevalsprinzessin Patricia Hoffmann.

Mit Sangesstärke, Gelassenheit und schlagfertigen Kommentaren stellten sich die drei am Pranger-Holz auf die Zeremonie ein – begossen wurden sie letztlich alle. Als Lohn für die Mühen winkte die Urkunde für echte Bitburger Buben und Mädchen.

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