Open Air mit Midnight Oil Perfekter Auftakt: So war’s bei Midnight Oil vor der Porta Nigra

Trier · Ein Sänger mit jeder Menge Charisma, große Rockhits aus den 80ern: Das begeisterte Publikum vor der Porta Nigra erlebte eine Zwei-Stunden-Show mit reichlich Energie und Botschaft – und trocken blieb es auch noch, wider Erwarten. Die australische Rockband Midnight Oil lieferte den perfekten Auftakt zum Porta3-Festival.

Was haben die Römer je für uns getan? Wer bei dieser rhetorischen Frage an die „Volksfront von Judäa“ denken muss, im Monty-Python-Filmklassiker „Das Leben des Brian“, mag aus der Erinnerung die Antwort rauskramen: Nichts haben sie je für uns getan! Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, dem Wein, der Straßen, der Krankenkassen. Peter Garrett, markanter Glatzkopf der australischen Rockgrößen Midnight Oil, muss in Trier spontan an Brian denken. Er greift das Filmzitat vor der Porta Nigra auf – und ergänzt es: „Und die Römer haben ermöglicht, dass wir heute hier spielen können.“ Vor dem illuminierten Welterbe, vor 1500 Zuschauern. Darunter sind viele, die die Australier seit Jahrzehnten verehren: Das zeigt sich nicht nur an der teilweise ekstatischen Reaktion in den ersten Reihen, sondern schon nachmittags in der Innenstadt: Da sind viele Oils-Fans extra angereist, sie tragen ihre 80er, 90er oder auch neuen Band­shirts stolz spazieren. In Vorfreude auf einen, wie sich dann zeigen wird, richtig gelungenen Abend, an dem auch das Wetter mitspielt. Unwetterwarnung hin oder her.

Als „Das Leben des Brian“ 1979 in die Kinos kam, gab es Midnight Oil schon. 1976 stieß Garrett zur Band – und 43 Jahre später steht Midnight Oil noch in gleicher Besetzung auf der Bühne, mit Ausnahme des damaligen Bassisten. Das könnte sich in Kombination mit dem Zwei-Stunden-Programm – nur ein einziger Song, „Luritja Way“, erschien im aktuellen Jahrtausend (2002) – nach Nostalgie-Veranstaltung oder zumindest nach all-you-can-eat-satter Rock-Routine anhören. Das trifft es aber überhaupt nicht. Im Gegenteil: Midnight Oil wirkt nach den 15 Jahren Pause zwischen 2002 und der Reunion 2017 regelrecht frisch verliebt. Garrett hat nach seiner Polit-Karriere als australischer Umwelt- und später Bildungsminister wieder ungebremst Lust auf die Bühne. Dort ist der inzwischen 66-jährige ohnehin einer der ganz Großen. Sein Tanzstil ist unkopierbar, halb Mensch, halb Roboter. Seine Stimme: nicht klassisch schön, eher knarzig, kantig, aber unverkennbar. Nach Belcanto verlangen seine Texte auch wahrlich nicht: Da geht’s um globale Erwärmung, Ausbeutung der Aborigines, Anti-Kriegs-Songs.

Porta hoch drei – Flogging Molly
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Porta hoch drei – Flogging Molly

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Vor über drei Jahrzehnten gelang den Australiern mit der musikalischen Umsetzung solcher Themen der internationale Durchbruch: Die Oils hatten sich schon immer als politische Band verstanden. Sie hatten Stellung bezogen bei der Olympia-Eröffnungsfeier 2000 in Sydney und eine Entschuldigung von der Regierung an die Aborigines gefordert (die Jahre später folgte), zehn Jahre vorher gab es einen legendären Guerilla-Gig vor dem Hauptquartier des Öl-Multis Exxon in New York – nach der durch die Exxon Valdez verursachten Ölpest vor Alaska. Und ihr Video zum Anti-Kriegs-Song „Forgotten Years“, den sie in Trier nach „Beds Are Burning“ als letzten Song vor den Zugaben spielen (was für ein Finale!), nahmen sie in der Gedenkstätte in Verdun auf. Es ist ernüchternd, dass viele der Texte noch so aktuell sind wie bei der Entstehung in den späten 80ern – es beschert der Band aber eben auch ungebrochene Aktualität.

Flogging Molly und 13Crowes bei Porta hoch drei in Trier
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Die irische Tanzstunde ist eröffnet

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Foto: Julia Nemesheimer

Auch musikalisch überstehen die Oils den Test der Zeit gut. Garrett, Gitarrist Martin Rotsey, Keyboarder Jim Moginie, Schlagzeuger Rob Hirst und Bassist „Bones“ Hillman sind bestens drauf: Im Gegensatz zum ersten Deutschland-Konzert am Montagabend in Hamburg gab’s in Trier deutlich mehr vom „Blue Sky Mining“-Album zu hören – so etwa das selten gespielte, atmosphärische „Mountains of Burma“, „Antarctica“ und – als erste Zugabe – „One Country“. Mit „King of the Mountain“ beendeten die Oils ein Konzert, das kaum einen Wunsch offenließ. Eine gute Einstimmung gab es zuvor von Wolf Maahn, der mit Matthias Keul den Abend eröffnete.

Für die Konzerte von Flogging Molly (Donnerstag), Tom Odell (Freitag) und Samy Deluxe (Samstag) gibt es noch Karten.

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