Soziales Schweicher Schüler schlüpfen in Rolle von Straßenkindern

Trier/Schweich · Schüler des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums Schweich sind in Trier für einige Stunden in die Rolle von mexikanischen Straßenkindern geschlüpft. Das Wetter heiterte schnell auf, die Menschen aber begegneten ihnen teilweise mit  Kälte und Ignoranz.

 Lehramtsstudentin Julia Bechtel freut sich über die freundliche Spenderin.

Lehramtsstudentin Julia Bechtel freut sich über die freundliche Spenderin.

Foto: Nicolaj Meyer

Jakob Lang (12) ist Straßenkind für einen Tag. Der braunhaarige Junge mit dem Fassonschnitt und seine Mitschüler wuseln an diesem nasskalten Tag durch die Trierer Fleischstraße und bitten um Spenden: „Entschuldigen Sie, darf ich Sie ansprechen?“ „Keine Zeit“, sagt eine Frau in Schwarz, und ihre Stöckelschuhe tocken ein paar Takte schneller davon. Jakob schaut nicht lange hinterher, er visiert den nächsten Passanten an.

Die Schüler des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums Schweich schlüpfen im Rahmen der Aktion „Sichtwechsel“ für einige Stunden in die Rolle von Straßenkindern in der Trierer Innenstadt – mit Schuhputz-Angeboten oder etwa Kuchenausgabe. Damit wollen sie auf die Situation von Straßenkindern in Mexiko aufmerksam machen und Spenden sammeln. Der Aktionstag soll auch an den Jahrestag der Verabschiedung der Kinderrechtskonvention durch die Uno erinnern.

Ein Mädchen trägt ein selbst gebasteltes Schild vor sich her, fast so groß wie ihr Körper. Darauf steht in großen Lettern „Straßenkinder“ und „Ihre Spende rettet Leben“. Das hervorstehende Dach des Kaufhofs auf der Fleischstraße bietet ihr ein wenig Schutz vor dem prasselnden Regen. Während der schon bald nachlässt, nehmen die Spender zu. Das Kinderlächeln der überwiegend 12 bis 13-Jährigen entlockt vor allem den älteren Städtern den einen oder anderen Euro.

„Mhh, Zitronenkuchen, das ist der Beste“, sagt eine kleine Dame im Rentenalter, als sie sich über die vielen Stücke wie Schoko und Marmor beugt. Kling macht es, und ihre zwei Euro landen in der metallenen Spendendose.

Maria Kessler (64) knabbert an einem Keks, den sie gerade zum Dank für ihre Spende erhalten hat: „Ich unterstütze, dass die Kinder sich so engagieren und den Mut haben“, sagt sie zur Lehramtsstudentin Lisa Winkel (28), die das Projekt mitorganisiert hat (siehe Info). Die entgegnet, der Sichtwechsel solle den Kindern bewusst machen, dass es anderen nicht so gut geht.

So warmherzig die einen, so kühl reagieren die anderen Passanten auf die vielen Anfragen der Kinder – teils mit Spott und Häme: „Werft lieber Atombomben auf Mexiko“, sagt ein vollbärtiger Mittvierziger, ohne Schüler Leo Mai (12) eines Blickes zu würdigen. Der geht nach der Abfuhr kopfschüttelnd zum Infostand zurück: „Generell macht es Spaß, aber bei so blöden Antworten hört der Spaß auf.“ Nach jedem enttäuschtem Schüler-Blick folgt der nächste entschlossene Versuch für den guten Zweck, so wie es andernorts Kinder für das tägliche Brot machen. Nur in Mexiko nicht mit Bierbänken voller Kuchen, Luftballons und Betreuern. Jakob versucht immer noch jemanden zu finden, der seine Füße zu ihm auf den Schemel platziert und sich die Treter polieren lässt. „Putzen lassen will sich die kaum einer. Die meisten spenden lieber einfach so. Deshalb bieten wir auch Kuchen an“, erklärt Julia Bechtel (23), auch Lehramtsstudentin und Organisatorin hier.

Doch da, ein Ungenierter! Nach vielfacher Vergewisserung, dass die Fußbekleidung nur für den guten Zweck sauber werden soll, opfert sich ein älterer Herr mit braunen Lederschuhen. Jakob poliert kräftig mit Schuhcreme und einem Lappen. Es klingelt wieder in der Spendenbox, und Jakob verabschiedet den Herrn mit einem zufriedenen Grinsen. „Wenn man ein echtes Straßenkind ist, ist das kein Spaß. Aber hier einmal die Schuhe zu putzen, ist schon ein tolles Erlebnis“, sagt er. Für sich selbst, etwa für eine ­Playstation 4, würde er diese Arbeit nicht auf sich nehmen. Für Kinder in Not, versichert der Schüler, mache er das gerne.

 Jakob Lang hält gerade die Info-Tafel, um Passanten auf die Aktion „Sichtwechsel“ aufmerksam zu machen. Zwischendurch putzt er Schuhe oder verkauft Kuchen – alles für den guten Zweck.

Jakob Lang hält gerade die Info-Tafel, um Passanten auf die Aktion „Sichtwechsel“ aufmerksam zu machen. Zwischendurch putzt er Schuhe oder verkauft Kuchen – alles für den guten Zweck.

Foto: Nicolaj Meyer
 Schüler als Straßenkinder in der Fleischstraße.

Schüler als Straßenkinder in der Fleischstraße.

Foto: Nicolaj Meyer
 Die Schüler putzen den Passanten für Spenden die Schuhe.

Die Schüler putzen den Passanten für Spenden die Schuhe.

Foto: Nicolaj Meyer
 Luftballon vom Kinderhilfswerk Terre des Hommes.

Luftballon vom Kinderhilfswerk Terre des Hommes.

Foto: Nicolaj Meyer
 Gut vorbereitet: Mit Bierbänken voller Kuchen, Luftballons und jede Menge Informationsmaterial bewaffnet sammeln die Schüler des Dietrich Bonhoeffer-Gymnasiums einen hohen dreistelligen Betrag für mexikanische Kinder.  Die Schüler putzen dafür auch Schuhe von Passanten.

Gut vorbereitet: Mit Bierbänken voller Kuchen, Luftballons und jede Menge Informationsmaterial bewaffnet sammeln die Schüler des Dietrich Bonhoeffer-Gymnasiums einen hohen dreistelligen Betrag für mexikanische Kinder. Die Schüler putzen dafür auch Schuhe von Passanten.

Foto: Nicolaj Meyer
 Schüler als Straßenkinder in der Fleischstraße.

Schüler als Straßenkinder in der Fleischstraße.

Foto: Nicolaj Meyer

Mehr Bilder und ein Video zur Aktion finden Sie auf volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort