Zwischen Brutalität und Tragik Urteil im Prozess um Vergewaltigung und Körperverletzung in Wittlich - Angeklagter muss ins Gefängnis

Trier/Wittlich · Wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung hat das Landgericht Trier einen 31-Jährigen aus dem Landkreis zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt.

Zwischen Brutalität und Tragik: Urteil im Prozess um Vergewaltigung und Körperverletzung in Wittlich - Angeklagter muss ins Gefängnis
Foto: TV/Friedemann Vetter

Der kränklich wirkende Angeklagte wird in roter Anstaltskleidung in den Saal der Ersten großen Strafkammer am Landgericht Trier geführt. Er sitzt derzeit in der Justizvollzugsanstalt Wittlich in Untersuchungshaft, wo er allerdings in der Psychiatrie des Anstaltskrankenhauses untergebracht ist.

Seine Frau ist mit einem etwa zwei Jahre alten Kind als Zeugin zum Gerichtstermin erschienen. Der kleine Junge ist kein Wunschkind, sondern – wie Oberstaatsanwalt Stephane Parent später erklärt – die Folge der Vergewaltigungstat, bei der der Mann die Frau auch mit Schlägen traktiert hatte und wegen der er an diesem Tag vor Gericht steht. Die Tat ereignete sich laut Anklageschrift am 27. Mai 2017 in der ehemals gemeinsamen Wohnung des Paares in einem Ort innerhalb der VG Wittlich-Land. Auf Anraten des Arztes hatte er zu dem Zeitpunkt schon eine eigene Wohnung im selben Ort.

Am 6. Juli 2018 drang er aber nochmals in die ehemals gemeinsame Wohnung ein, wollte die Frau wieder vergewaltigen. Doch sie wehrte sich, der Angeklagte schlug sie und schnitt ihr mit einer Porzellanscherbe in den Oberarm. Die Folge: Prellungen, Hämatome und eine Schnittverletzung. Da zeigte sie ihn an, wobei auch Vergewaltigung mit auf die Rechnung kam.

Zur Person will er vor Gericht aussagen, weiteres lässt er noch offen. Der Aserbaidschaner wurde 1988 in Baku geboren, hat die Schule nicht zu Ende besucht, keinen Beruf erlernt. „Zahntechniker wollte ich gerne werden, aber dazu hat es bei mir wohl nicht gereicht“, erklärt er. Sein großes Handicap: ein angeborenes schmerzhaftes Hüftleiden, das ihn seit der Kindheit zu Operationen und dauerhaftem starken Medikamentenkonsum zwingt. Auch Cannabis habe er schon deshalb genommen. Seine Eltern waren Gemüsehändler – beide starben 2006 bei einem Halleneinsturz auf dem Moskauer Fruchtmarkt. Seine Frau hat er vor zehn Jahren geheiratet: „Ich war von ihr hin und weg!“ Sie selbst soll später gesagt haben, dass es eine „Protestheirat“ war, weil ihre Eltern sie mit einem anderen Mann verheiraten wollten. Unklar bleibt, warum das Paar mit zwei neun und acht Jahre alten Kindern vor drei Jahren nach Deutschland kam. Es liegt eine Ausreiseverfügung vor – er will ohnehin zurück nach Baku.

Soviel zur Person – nun wäre die Erörterung der Tatbestände angesagt, und damit der schwere Zeugenauftritt der Frau.

Doch die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz macht einen Schnitt und bietet eine „verfahrensverkürzende Vereinbarung“ an. Voraussetzung ist ein volles Geständnis. Der Angeklagte lenkt ein und sagt, dass er die Tat bedauere. So einigen sich Kammer, Staatsanwalt und Verteidigerin Olga Sommer auf ein Strafmaß nicht unter zwei Jahren und sechs Monaten und nicht über drei Jahren und sechs Monaten. Doch wie sieht es mit der Schuldfähigkeit des Mannes zur Tatzeit aus? Sein täglicher Medikamentenbedarf klingt wie eine halbe Apotheke. Er hört bisweilen Stimmen, hatte Suizidversuche, Selbstverletzungen und mehr. Daher auch die Trennung des Paares. Die psychiatrische Sachverständige Dr. Sylvia Leupold schließt eine verminderte Schuldfähigkeit durch starke „psychische Anpassungsstörungen“ nicht aus. Diesen Aspekt lässt Oberstaatsanwalt Parent in sein Schlusswort einfließen. Auch nennt er die Vergewaltigung eine Beziehungstat, die aber durch das daraus hervorgegangene Kind einen „schweren Eingriff in die Lebensplanung der Betroffenen darstellt“. Sein Antrag: drei Jahre Freiheitsstrafe. Verteidigerin Sommer verweist auf den schweren, von der Krankheit bestimmten Lebenslauf ihres Mandanten, und „daran wird sich leider auch in Zukunft nicht viel ändern“. Sie bittet um ein mildes Urteil nicht über drei Jahren. Dem entspricht die Kammer mit einer Strafe von zwei Jahren und vier Monaten Haft. Erklärungen werden unmittelbar nach dem Urteil keine abgegeben – die ist laut Prozessordnung nach einer verfahrensverkürzenden Vereinbarung auch nicht möglich. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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